Mieterhöhung mit Mietspiegel der Nachbargemeinde

Einwohnerzahl und Infrastruktur sind wesentliche Kriterien bei Beurteilung, ob zwei Gemeinden vergleichbar sind, und der Mietspiegel der einen Gemeinde zu einer Mieterhöhung in der anderen Gemeinde herangezogen werden kann.

Hintergrund: Vermieterin wendet Mietspiegel der Nachbarstadt an

Die Vermieterin eines Anwesens in der Stadt Stein, die westlich an Nürnberg angrenzt, verlangt von der Mieterin die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens nahm die Vermieterin Bezug auf den Mietspiegel der Stadt Fürth. Fürth liegt wenige Kilometer nördlich von Stein und grenzt ebenfalls westlich an Nürnberg an. Die Stadt Stein hat etwa 15.000 Einwohner, in der Stadt Fürth leben etwa 125.000 Menschen. In Stein leben 768 Personen pro Quadratkilometer, während die Bevölkerungsdichte in Fürth bei 1.960 Personen pro Quadratkilometer liegt. Fürth verfügt - anders als Stein - über U- und S-Bahnanschluss und Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kinos und Theater.

Die Mieterin meint, das Mieterhöhungsverlangen sei nicht ordnungsgemäß begründet. Der Mietspiegel der Stadt Fürth könne nicht herangezogen werden, um eine Mieterhöhung in Stein zu begründen, weil beide Städte nicht vergleichbar seien.

Entscheidung: Groß- und Kleinstadt sind nicht vergleichbar

Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung hat keinen Erfolg, weil die Vermieterin ihr Mieterhöhungsverlangen nicht formell ordnungsgemäß nach § 558a BGB begründet hat.

Grundsätzlich ist es zwar möglich, ein Mieterhöhungsverlangen mit dem Mietspiegel einer anderen Gemeinde zu begründen. Der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist gemäß § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB aber nur dann ein taugliches Begründungsmittel, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt. 

Zwei Gemeinden sind nicht schon dann vergleichbar, wenn die Auffassung des Vermieters, es handele sich um vergleichbare Gemeinden, nicht offensichtlich unbegründet ist. Vielmehr kommt es auf eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls sowie deren Gewichtung und Abwägung an. Wichtige Kriterien hierbei sind Einwohnerzahl, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot.

Wesentlich gegen eine Vergleichbarkeit der beiden Städte sprechen die sehr unterschiedliche Einwohnerzahl und die unterschiedliche Bevölkerungsdichte. Außerdem ist Fürth ein sogenanntes Oberzentrum im Sinne des bayerischen Landesentwicklungsprogramms, in dem neben Einrichtungen zur Grundversorgung vor Ort auch weitere überörtlich relevante Einrichtungen wie Theater, Kinos und Krankenhäuser zu finden sind, während dies in Stein nicht der Fall ist. Auch dass Stein nicht über einen U- und S-Bahnanschluss verfügt, spricht gegen eine Vergleichbarkeit.

Eine Vergleichbarkeit beider Städte ergibt sich auch nicht daraus, dass beide Städte direkt an Nürnberg angrenzen und Nürnberg von beiden Städten (abgesehen von der fehlenden U- und S-Bahn-Anbindung in Stein) gut zu erreichen ist.

(BGH, Urteil v. 21.8.2019, VIII ZR 255/18)

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