BGH: Schlechter Verwaltervertrag kippt Verwalterbestellung nicht

Fassen die Wohnungseigentümer getrennte Beschlüsse über die Bestellung des Verwalters und den Abschluss des Verwaltervertrages, hat die Unwirksamkeit eines Beschlusses nicht die Unwirksamkeit des anderen zur Folge. Gleichwohl besteht eine Wechselwirkung.

Hintergrund: Getrennte Beschlüsse über Verwalterbestellung und Verwaltervertrag

In einer Eigentümerversammlung im September 2015 bestellten die Wohnungseigentümer mit Beschluss zu TOP 2 für den Zeitraum bis Ende 2017 einen neuen Verwalter. Unter TOP 3 beschlossen sie, drei Wohnungseigentümer zum Abschluss eines Verwaltervertrages zu ermächtigen, den der neu bestellte Verwalter als Entwurf vorgelegt hatte.

Der vorgelegte Verwaltervertrag sah unter anderem vor, den Verwalter vom Verbot des Selbstkontrahierens aus § 181 BGB zu befreien. Außerdem enthielt der Vertrag eine Ermächtigung, bis zu einem Aufwand von 2.000 Euro Sonderfachleute zu beauftragen und Reinigungskräfte einzustellen, sowie in Teilbereichen Untervollmacht an Sonderfachkräfte zu erteilen. Schließlich sah der Vertrag Sondervergütungen vor: Für Mahnungen säumiger Hausgeldschuldner jeweils 20 Euro netto, für die Erhebung von Sonderumlagen 1 Prozent des aufzubringenden Betrages, höchstens 1.785 Euro brutto und für eine zusätzliche Eigentümerversammlung das 1,5-Fache einer Monatsvergütung.

Das Landgericht hält beide Beschlüsse für unwirksam. Der Beschluss über die Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrages widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, weil zahlreiche Klauseln der AGB-Kontrolle nicht standhielten. Die Unwirksamkeit des Ermächtigungsbeschlusses habe zur Folge, dass auch der Beschluss über die Verwalterbestellung für ungültig zu erklären sei.

Entscheidung: Getrennte Beschlüsse bleiben voneinander unabhängig

Der BGH teilt die Auffassung des Landgerichts nicht und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Die Eigentümer können in getrennten Beschlüssen über die Verwalterbestellung und den Abschluss des Verwaltervertrages befinden, wenn beide Beschlüsse in derselben Eigentümerversammlung gefasst und dabei jedenfalls die Eckpunkte des Verwaltervertrages (Laufzeit und Vergütung) festgelegt werden. Folge einer getrennten Beschlussfassung ist, dass die Frage, ob die Auswahl des Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, nur im Rahmen einer Anfechtung des Bestellungsbeschlusses zu prüfen ist, die Frage, ob das Verfahren und die beschlossenen Vorgaben für den Inhalt des abzuschließenden Verwaltervertrages den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, dagegen nur im Rahmen einer Anfechtung des Ermächtigungsbeschlusses.

Beschluss über Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrages

Das Landgericht hat den zu TOP 3 gefassten Beschluss über die Ermächtigung zum Abschluss eines Verwaltervertrages zu Unrecht wegen Verstoßes gegen AGB-Vorschriften für ungültig erklärt.

Bei der Ausgestaltung eines abzuschließenden Verwaltervertrages haben die Wohnungseigentümer ein Gestaltungsermessen. Die Ermächtigung einzelner Eigentümer zum Abschluss eines Verwaltervertrages widerspricht dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer die Grenzen dieses Ermessens überschritten haben.

Die Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, stets die niedrigste Vergütung zu vereinbaren. Einem Verwalter, mit dem sie gut zurechtkommen, können sie auch eine höhere Vergütung zahlen. Der Verwaltervertrag muss allerdings sicherstellen, dass der Verwalter vertraglich zu allen Leistungen verpflichtet ist, die seine Organstellung als Verwalter mit sich bringt. Zudem muss der Inhalt des Vertrages dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen.

Keine AGB-Kontrolle bei Ermächtigungsbeschluss

Die Ermessensgrenzen überschreiten die Wohnungseigentümer nicht dadurch, dass die einen Verwaltervertrag schließen, der Klauseln enthält, die einer AGB-Prüfung nicht standhalten. Eine AGB-Kontrolle findet nämlich entgegen einer weit verbreiteten Auffassung bei der Anfechtung eines Ermächtigungsbeschlusses nicht statt. Ob die im Verwaltervertrag enthaltenen Klauseln AGB-konform sind, ist erst bei der Anwendung des Vertrages im Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und dem Verwalter maßgeblich. Deshalb kommt es hier nicht darauf an, ob die Klauseln im Verwaltervertrag AGB-rechtlich bedenklich sind.

Zulässigkeit von Sondervergütungen

Die Wohnungseigentümer haben auch nicht ihr Ermessen bei der Festlegung und Ausgestaltung von Sondervergütungen überschritten.

Die Verwaltervergütung entspricht nach Höhe und Ausgestaltung dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt. Dieses Gebot ist nicht schon dann verletzt, wenn die Vergütung die üblichen Sätze überschreitet. Allerdings erfordert eine deutliche Überschreitung der üblichen Sätze sachliche Gründe. Diese Grundsätze gelten auch für Sondervergütungen für einzelne Verwalterleistungen.

Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung ist es keineswegs so, dass keine Sondervergütung für solche Tätigkeiten vereinbart werden kann, die zu den gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen des Verwalters gehören. Für die Frage, ob und inwieweit Sondervergütungen überhaupt zulässig sind, kommt es vielmehr zunächst darauf an, ob eine Pauschalvergütung vereinbart ist oder die Verwaltervergütung in Preisbestandteile oder Teilentgelte aufgeteilt ist.

Bei einer vereinbarten Pauschalvergütung sind in der Regel alle gesetzlichen Pflichtaufgaben des Verwalters abgedeckt, so dass im Zweifel kein Raum für Sondervergütungen bleibt.

Sind die Vergütungsteile hingegen aufgespalten, sind Sondervergütungen grundsätzlich möglich. Hier setzen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung Grenzen. Die Aufgaben, die von der Grundvergütung abgedeckt sein sollen, müssen klar und transparent von den Leistungen abgegrenzt sein, die gesondert zu vergüten sind. Zudem muss für die Aufgaben, die in jeder Gemeinschaft laufend anfallen, erkennbar sein, welchen Gesamtumfang die Vergütung hat. Daher wird in diesem Bereich eine Aufteilung der Vergütung für einzelne Tätigkeiten nicht möglich sein.

Wenn für einzelne Aufgaben oder Aufgabenbereiche Teilentgelte vereinbart sind, überschreiten die Wohnungseigentümer ihr Ermessen nicht schon dann, wenn einzelne Teilentgelte die insoweit übliche Vergütung überschreiben; dies ist erst dann der Fall, wenn das zu erwartende Gesamtentgelt ohne gewichtige Gründe deutlich über den üblichen Sätzen liegt.

Dass die hier vereinbarte Vergütung außerhalb des Gestaltungsermessens der Wohnungseigentümer liegt, ist nicht festgestellt.

Beschluss über Bestellung des Verwalters

Das Landgericht durfte auch nicht den Beschluss über die Bestellung des Verwalters deshalb für ungültig erklären, weil es den Beschluss über die Ermächtigung zum Abschluss eines Verwaltervertrages für unwirksam hielt. Wenn die Wohnungseigentümer beide Komplexe in getrennten Beschlüssen abhandeln, ist auch jeder Beschluss für sich darauf zu prüfen, ob er ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ausgeschlossen ist, einen der Beschlüsse allein deshalb für ungültig zu erklären, weil der andere für ungültig erklärt wird.

Wechselwirkung von Bestellungs- und Ermächtigungsbeschluss

Unabhängig davon bleibt die Ungültigkeit des einen Beschlusses für den jeweils anderen Beschluss nicht völlig folgenlos. Es widerspräche nämlich ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn ein wirksam bestellter Verwalter dauerhaft ohne Verwaltervertrag bliebe oder umgekehrt ein wirksamer Verwaltervertrag bestehen bliebe, obwohl der Verwalter die Organstellung als Verwalter nicht erlangt hat und deshalb den Vertrag nicht erfüllen könnte. Deshalb kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ein wirksam bestellter Verwalter abberufen wird, wenn kein Verwaltervertrag geschlossen werden kann und dass ein wirksamer Verwaltervertrag aus wichtigem Grund gekündigt wird, wenn es nicht gelingt, den Verwalter in die Organstellung zu berufen. Jeder Eigentümer kann entsprechende Anträge in der Eigentümerversammlung stellen. Werden diese abgelehnt, ist eine Beschlussersetzungsklage möglich.

Rechtsgeschäfte bleiben wirksam

In der Entscheidung stellt der BGH auch klar, dass Rechtshandlungen des Verwalters auch dann wirksam bleiben, wenn die Verwalterbestellung erfolgreich angefochten wird und die Befugnisse des Verwalters rückwirkend wegfallen. Der Fortbestand von Rechtsgeschäften des bestellten Verwalters bis zur rechtskräftigen Aufhebung seiner Bestellung entspreche einem Bedürfnis des Verkehrsschutzes. Ansonsten könne eine Wohnungseigentumsanlage nicht sachgerecht verwaltet werden, solange ein Rechtsstreit über die Verwalterbestellung laufe.

(BGH, Urteil v. 5.7.2019, V ZR 278/17)

Lesen Sie auch:

WEG-Reform: Referentenentwurf liegt vor

BGH-Rechtsprechungsübersicht zum Wohnungseigentumsrecht


Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht, WEG-Verwalter