Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzung der Zuständigkeit des Familiengerichts für die Bestimmung des Kindergeldberechtigten und einer Unbilligkeit des Festwertes für ein solches Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Familiengericht ist für die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nicht zuständig, wenn zwischen zwei Familienangehörigen ausschließlich streitig ist, wer in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich allein die Obhut für ein Kind ausgeübt hat (Anschluss an OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.2.2011 - 7 WF 161/11, FamRZ 2011, 1243; OLG Jena, Beschl. v. 5.5.2011 - 1 WF 87/11 - OLG München, Beschl. v. 7.6.2011 - 33 UF 21/11, NJW-RR 2011, 1082).

2. Eine Unbilligkeit i.S.v. § 51 Abs. 3 Satz 2 FamGKG, die die Abweichung vom gesetzlich vorgesehenen Festwert von 300 EUR für das Verfahren auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten rechtfertigt, kann regelmäßig nicht allein unter Berufung auf die (vermeintliche) Summe des in der Zeit der Bestimmung anfallenden Kindergeldes begründet werden. Insofern ist vielmehr auf sämtliche konkreten Umstände des Verfahrens, insbesondere aber dessen Umfang und Intensität abzustellen.

3. Eine Festsetzung über dem Festwert kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn das Familiengericht im Streitfall für die Bestimmung des Kindergeldberechtigten von vornherein erkennbar nicht zuständig war.

 

Normenkette

FamFG § 231 Abs. 2; EStG § 64 Abs. 2 S. 3; BKGG § 3 Abs. 2 S. 3; FamGKG § 51 Abs. 2 S. 1, § 51 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 10.04.2013; Aktenzeichen 601 F 6878/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes im Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 10.4.2013 wird der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren auf 300 EUR festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Mutter bzw. die Großmutter des am ... 1994 geborenen D. H., für den das Kindergeld bislang an die Kindesmutter (Antragstellerin) ausgezahlt wurde. Aufgrund einer Angabe der Großmutter (Antragsgegnerin) gegenüber der Familienkasse, D. habe seit seinem achten Lebensmonat im Haushalt der Großeltern gelebt, hat diese mit Bescheid vom 1.7.2012 die Kindergeldfestsetzung für die Zeit seit Januar 2002 aufgehoben und von der Antragstellerin eine entsprechende Rückzahlung i.H.v. 20.156 EUR gefordert. Für die Entscheidung über den gegen diesen Aufhebungs- und Abrechnungsbescheid eingelegten Widerspruch der Antragstellerin hat die Familienkasse eine familiengerichtliche Bestimmung des Kindergeldberechtigten für vorgreiflich erachtet und die Antragstellerin zu deren Herbeiführung aufgefordert.

Daraufhin hat die Antragstellerin im Dezember 2012 das vorliegende Verfahren eingeleitet und dabei geltend gemacht, D. habe bislang tatsächlich durchgehend allein in ihrem Haushalt gelebt. Im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens hat die Antragsgegnerin ihre Angabe gegenüber der Familienkasse als übersetzungsbedingtes Missverständnis dargelegt und die Angaben der Antragstellerin zu dem bisherigen tatsächlichen Obhutsverhältnis bezüglich Daniel bestätigt.

Das AG hat mit Beschluss vom 21.3.2013 die Antragstellerin antragsgemäß für die Zeit ab Januar 2002 zur Kindergeldberechtigten bestimmt. Zugleich hat es den Verfahrenswert gem. § 51 Abs. 3 FamGKG auf 300 EUR festgesetzt.

Gegen diese Wertfestsetzung haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie haben geltend gemacht, eine derartige Wertfestsetzung sei angesichts der durch die Familienkasse von der Antragstellerin geforderten Rückzahlung von über 20.000 EUR unbillig.

Das AG hat auf diese Wertbeschwerde hin mit Beschluss vom 10.4.2013 den Verfahrenswert geändert und - wie von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin begehrt - auf 20.156 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss wiederum richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die eine Wiederherstellung der ursprünglichen Wertfestsetzung erstrebt.

II.1. Die zulässige, insbesondere in der Differenz der Kostenbelastung aufgrund den beiden in Rede stehenden Verfahrenswerten einen Beschwerdegegenstand mit einem Wert von (weit) mehr als 200 EUR aufweisende Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die geänderte Wertfestsetzung ist gem. § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zulässig.

2. Sie ist auch in der Sache begründet und führt zur Wiederherstellung der ursprünglichen Wertfestsetzung durch das AG.

a. Für - wie vorliegend verfahrensgegenständlich - Unterhaltssachen, die nicht Familienstreitsachen sind (vgl. dazu bereits OLG Celle vom 31.5.2011 - 10 UF 297/10, FamRZ 2011, 1616 f. = MDR 2011, 1180 f. = JurBüro 2011, 494 = Rpfleger 2011, 604 f. = BeckRS 2011, 14904 = juris), beträgt der Verfahrenswert gem. § 51 Abs. 3 Satz 1 FamGKG 300 EUR. Eine Abweichung von diesem (relativen) Festwert kommt nach Satz 2 der Norm nur dann in Betracht, wenn der mit 300 EUR vorgegebene Wert "nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig" ist.

b. Entgegen der Auffassung des Verfahrens...

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