OLG-Celle: Keine kurzfristige Absage des Kindesumgangs

Eine kurzfristige Absage des Umgangsrechts wegen eines spontan angesetzten Urlaubs bedeutet einen Verstoß gegen eine gerichtliche Umgangsregelung und kann mit einem Ordnungsgeld geahndet werden. 

Eine zu laxe Handhabung des Umgangsrechts wird von den Familiengerichten ungern gesehen. Aktuelle Gerichtsentscheidungen zeigen, dass die Familiengerichte auf eine exakte Umsetzung getroffener gerichtlicher Umgangsregelungen bestehen und das Umgangsrecht zugunsten der Umgangsberechtigten eher weit auslegen. Elternteile, die dagegen verstoßen, werden von den Gerichten daher häufig mit der Verhängung von Ordnungsgeld zu einer regelgerechten Durchführung des Umgangsrechts angehalten. 

Kurzfristige Umgangsabsage wegen Urlaubs 

Diese Tendenz zeigt sich auch an einer aktuellen Entscheidung des OLG Celle. Die Kindeseltern hatten im Februar 2023 eine Umgangsvereinbarung zu ihrem 2-jährigen Kind getroffen, die vom zuständigen Familiengericht gebilligt wurde. Bereits im Mai 2023 entschloss die Kindesmutter sich zu einem kurzfristigen Urlaub mit ihrem Kind. Sie sagte deshalb den gerichtlich vereinbarten Umgang gegenüber dem Kindesvater für die geplante Urlaubszeit kurzfristig ab. 

Familiengericht lehnte Verhängung eines Ordnungsgeldes ab 

Der Kindesvater stellte Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes beim zuständigen Familiengericht. Dieses lehnte die Verhängung des beantragten Ordnungsgeldes ab, mit der Begründung, die Kindesmutter habe ein Recht auf gemeinsamen Urlaub mit dem Kind. Dabei müsse der Kindesmutter auch die Möglichkeit einer spontanen, kurzfristigen Urlaubsplanung eingeräumt werden. 

Verbindliche Umgangsregelung durch kurzfristige Urlaubsplanung unterlaufen 

In dem vom Kindesvater eingeleiteten Beschwerdeverfahren zeigte das OLG weniger Verständnis für die kurzfristige Urlaubsplanung der Mutter. Der sorgeberechtigte Elternteil sei grundsätzlich nicht berechtigt, eine verbindlich vereinbarte Umgangsregelung einseitig zulasten des anderen Elternteils zu unterlaufen. 

Umgangsrecht als Teil des natürlichen Elternrechts 

Das OLG betonte, dass das Umgangsrecht und die Umgangspflicht der Eltern nach § 1684 Abs. 1 BGB Ausdruck des durch Art. 6 GG geschützten Rechts eines jeden Elternteils auf Umgang mit seinem Kind sei. Das Umgangsrecht sei damit Ausdruck des natürlichen Elternrechts. Es ermögliche dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Ansprache fortlaufend zu überzeugen, die persönliche Elternbeziehung zu dem Kind aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen. Eine gewissenhafte Ausübung des Umgangsrechts sei nach gefestigter Rechtsprechung ein maßgeblicher Faktor für die Förderung des Kindeswohls (Saarländisches OLG, Beschluss v. 5.3. 2018, 6 UF 116/17). 

Keine einseitige Umgangsabsage zulasten des Umgangsberechtigten 

Vor diesem Hintergrund können kurzfristige Absagen von vereinbarten Umgangszeiten nach Auffassung des Senats nicht hingenommen werden. Zwar habe eine Kindesmutter das Recht, mit ihrem Kind gemeinsame Urlaubszeit zu verbringen. Hierbei habe sie jedoch vereinbarte Umgangsregelungen zu beachten und müssen gegebenenfalls so langfristig planen, dass vor Urlaubsantritt eine einvernehmliche Vereinbarung bzw. Umverlegung von Umgangskontakten zwischen Kind und Kindesvater möglich sei. Die Schaffung von vollendeten Tatsachen ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils sei nicht hinnehmbar. 

Sinnvoll ist eine Urlaubsregelung bereits im Umgangsvergleich 

Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des OLG in besonderem Maße für Elternteile, deren Kommunikation untereinander gestört ist und die nicht in der Lage sind, bestehende Streitigkeiten vom Kind fernzuhalten. Dem sorgeberechtigten Elternteil könne gerade auch in diesen Fällen nicht das Recht eingeräumt wird werden, eine getroffene Umgangsregelung – gegebenenfalls wiederholt – einseitig zulasten des anderen Elternteils unterlaufen. Empfehlenswert sei es daher, Unterbrechungen des Umgangsrechts durch Urlaubszeiten in einer Umgangsregelung von vornherein zu berücksichtigen und zu regeln. Eine Ergänzung der Umgangsvereinbarung um eine Urlaubsregelung könnten die Verfahrensbeteiligten im konkreten Fall auch jetzt noch nachholen. 

Kindesmutter muss Ordnungsgeld zahlen 

Im Ergebnis hatte die Beschwerde des Kindesvaters gegen die Zurückweisung des Antrags auf Verhängung eines Ordnungsmittels damit Erfolg. Sorgeberechtigten Elternteilen ist daher anzuraten, bereits bei Abschluss einer Umgangsregelung auch eine Urlaubsregelung einzubeziehen. 

(OLG Celle, Beschluss v. 2.10.2023,10 WF 162/22) 

Hintergrund: 

Aktuelle Entscheidungen der Familiengerichte zeigen die grundsätzliche Tendenz, die Rechte des Umgangsberechtigten gegenüber dem sorgeberechtigten Elternteil eher weit auszulegen. Nach Auffassung der meisten Oberlandesgerichte gewähren gerichtlich gebilligte Umgangsvergleiche und gerichtlich verfügte Umgangsregelungen dem Umgangsberechtigten einerseits ein Recht – und auch die Pflicht – zum Umgang mit dem Kind zu den festgelegten Umgangszeiten. Sie beinhalten aber andererseits kein Verbot für den Umgangsberechtigten, auch außerhalb der festgelegten Umgangszeiten Kontakt zu seinem Kind aufzunehmen, es sei denn, ein solches Verbot wurde ausdrücklich vereinbart (OLG Frankfurt, Beschluss v. 13.9.2017, 5 WF 63/16). Die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen einer über die gerichtliche Umgangsregelung hinausgehenden telefonischen Kontaktaufnahme des Kindesvaters mit dem Kind hat das KG Berlin erst kürzlich abgelehnt (KG Berlin, Beschluss v. 15.8.2023, 17 WF 51/23). 

Schlagworte zum Thema:  Kindeswohl, Urteil, Umgangsrecht