OLG: Testament auf Brauerei-Bestellzettel ist wirksam

Das Schreibpapier ist nicht entscheidend. Der letzte Wille einer Person ist auch dann zu beachten, wenn er auf einer ungewöhnlichen Unterlage wie dem Bestellzettel einer Brauerei zum Ausdruck gebracht wurde.

Der letzte Wille eines Menschen ist grundsätzlich ernstzunehmen, auch wenn dieser auf einer ungewöhnlichen Schreibunterlage zum Ausdruck gebracht wird. Sofern die Umstände dafür sprechen, dass es sich um eine ernsthafte Äußerung des letzten Willens handelt, ist vieles erlaubt.

Erbscheinantrag auf der Grundlage eines Brauerei-Bestellzettels

Das zuständige Nachlassgericht hatte über den Antrag der Lebensgefährtin eines Erblassers auf Erteilung eines Erbscheins zu entscheiden, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte. Die Antragstellerin hatte gemeinsam mit dem Erblasser eine Gaststätte betrieben. Nach dem Tod des Erblassers hatte sie hinter der Bar einen vom Erblasser mit Hand beschriebenen Bestellzettel der Hausbrauerei gefunden, den die Antragstellerin als Testament wertete. Der Erblasser hatte dort mit Hand notiert, dass seine Partnerin „einmal alles erben“ solle. Zusätzlich hatte der Erblasser den Zettel mit Datum und seiner Unterschrift versehen.

Nachlassgericht bezweifelte ernsthaften Testierwillen

Die Erteilung des darauf von der Lebenspartnerin des Erblassers beantragten Erbscheins lehnte das Nachlassgericht mit der Begründung ab, aus den handschriftlichen Notizen auf dem Bestellzettel der Brauerei lasse sich keine ernsthafte Äußerung eines letzten Willens des Erblassers entnehmen. Auch die Aufbewahrung des Zettels zwischen diversen, nicht bezahlten Rechnungen hinter dem Tresen der Gaststätte lasse nicht darauf schließen, dass der Erblasser mit seinen handschriftlichen Notizen ernsthaft ein rechtsgültiges Testament habe errichten wollen. Daher seien die gesetzlichen Erben und nicht die Antragstellerin zur Rechtsnachfolge des Erblassers berufen.

Weitgehende Freiheit bei der Wahl der Schreibunterlage

Mit ihrer Rechtsbeschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Nachlassgerichts hatte die Lebenspartnerin des Erblassers beim OLG Erfolg. Zum einen seien die von dem Erblasser gewählten und auf dem Brauerei-Bestellzettel zum Ausdruck gebrachten Formulierungen eindeutig als letzter Wille zu identifizieren, zum anderen sei die vom Erblasser gewählte Unterlage für die Niederschrift seines letzten Willens für die rechtliche Gültigkeit nicht maßgeblich. Maßgeblich sei lediglich ein praxisnaher, brauchbarer Grad an Gewissheit, dass der letzte Wille eigenhändig vom Erblasser verfasst und ernst gemeint sei (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 8.5.2013, 3 Wx 47/12).

Keine vernünftigen Zweifel an ernsthaftem Testierwillen

Die auf dem Bestellzettel angebrachte Niederschrift erfüllte nach den Feststellungen des OLG in vollem Umfange die an ein Testament zu stellenden Anforderungen. Der Erblasser habe seinen letzten Willen vollständig selbst handschriftlich niedergelegt, er habe diesen mit einem Datum und einer Unterschrift versehen. Zwar fehle eine Ortsangabe, jedoch bestehe kein vernünftiger Zweifel, dass der Erblasser seinen letzten Willen vor Ort in der Gaststätte niedergeschrieben habe. Damit seien die gesetzlichen Voraussetzungen des § 2247 BGB für eine Anerkennung als Testament erfüllt.

Gesamtumstände sprechen ebenfalls für gültiges Testament

Anders, als das Nachlassgericht meinte, sprechen nach Auffassung des Senats auch die übrigen Umstände nicht gegen die ernsthafte Absicht des Erblassers, auf dem Brauerei-Bestellzettel seinen letzten Willen rechtswirksam zum Ausdruck zu bringen. Allerdings könnten, wenn die Form des Schriftstücks den üblichen Gepflogenheiten nicht entspricht, die Anforderungen an den Nachweis eines ernsthaften Testierwillens erhöht sein (OLG Hamm, Beschluss v. 15.6.2021, 10 W 18/21). Aber auch dies führe hier zu keinem anderen Ergebnis.

Brauereizettel spricht nicht gegen Testierwillen

Nach Auffassung des OLG ist es bei einem Gastwirt nicht völlig fernliegend, dass er zur Abfassung seines letzten Willens einen Zettel nutzt, der ihm in seiner Gastwirtschaft zur Verfügung steht. Auch die Tatsache, dass er den Zettel hinter dem Tresen zwischen nicht gezahlten Rechnungen verwahrt hatte, spricht nach Auffassung des Senats nicht gegen die Annahme eines ernsten Willens, des Erblassers, hiermit seinen letzten Willen rechtsverbindlich zum Ausdruck zu bringen. Der Erblasser habe hinter dem Tresen die für ihn wichtigen Schriftstücke abgelegt und verwahrt, sodass dieser Verwahrungsort nicht gegen, sondern für die Ernsthaftigkeit der niedergelegten Verfügung spreche.

Nachlassgericht muss Erbschein bewilligen

Damit war die Rechtsbeschwerde gegen die Verweigerung des beantragten Erbscheins erfolgreich. Das Nachlassgericht muss der Beschwerdeführerin die Erteilung des Erbscheins bewilligen.

(OLG Oldenburg, Beschluss v. 20.12.2023, 3 W 96/23)

Hintergrund:

Testamente auf ungewöhnlichen Unterlagen sind häufiger Gegenstand von gerichtlichen Verfahren. In der Regel werden Testamente auf ungewöhnlichen Unterlagen von den Gerichten anerkannt. Entscheidend ist, dass sich aus der Wahl der Unterlage und den Gesamtumständen nicht der Rückschluss ziehen lässt, dass die Äußerung des letzten Willens vom Erblasser lediglich scherzhaft oder aus sonstigen Gründen nicht ernsthaft gemeint war.

Testament auf der Rückseite einer Speisekarte ebenfalls gültig

Im Fall eines auf der Rückseite einer Speisekarte eines Cafés verfassten eigenhändigen Testaments eines Erblassers zugunsten seines Nachbarn entschied das KG Berlin zugunsten des Nachbarn. Das Gericht hatte keine durchgreifenden Zweifel an der Ernsthaftigkeit des auf der Rückseite der Speisekarte dokumentierten Willens des Erblassers. Dieser trug die Überschrift „Mein Testament“, war mit Ort und Datum versehen sowie mit dem vollen Namen des Erblassers unterzeichnet (KG Berlin, Beschluss v. 9.5.2023, 6 W 48/22).

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