§ 254b Wirkung für alle Beteiligten

 

(0) Die §§ 254 und 254a gelten auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, und für Beteiligte, die dem Insolvenzplan widersprochen haben.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Norm, die ihrerseits durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) eingeführt wurde, entspricht im Wesentlichen der vor ihrem Inkrafttreten in § 254 Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Regelung. § 254b bestimmt, dass die Wirkungen eines Insolvenzplans, d. h. dessen Vor- ebenso wie dessen Nachteile, zugunsten und zulasten derjenigen wirken, die als Planbeteiligte (vgl. § 217 Satz 1) zu qualifizieren sind. Ziel der Regelung ist insbesondere auch der Schutz des Insolvenzplans als umfassende "Schuldenregelung".[1]

Nicht vom Regelungsbereich erfasst werden Ansprüche von Massegläubigern im Rahmen von § 258 Abs. 2.

[1] Pörschke, NZI 2013, 1081 f. [BAG 18.07.2013 - 6 AZR 420/12]; Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, § 254b Rn. 1.

2. Regelungswirkungen im Einzelnen

2.1 Desinteressierte und dissentierende Planbeteiligte

 

Rn 2

§ 254b kommt hinsichtlich der Regelung in § 254 in erster Linie eine klarstellende Funktion zu.[2] Insoweit wird betont, dass Gläubiger, die eine ihnen zustehende Forderung nicht angemeldet haben, sich den Wirkungen eines Insolvenzplans nicht entziehen können. Entsprechendes gilt für Plangegner, die im Abstimmungstermin gegen den Plan gestimmt haben, im Abstimmungsergebnis aber unterlegen sind. Die rechtliche Legitimation dieser Bindungswirkung ergibt sich dabei entweder aus dem Mehrheitsprinzip oder aber infolge des in § 245 geregelten Obstruktionsverbots.[3]

[2] MünchKomm-Madaus, § 254b Rn. 1.
[3] MünchKomm-Madaus, § 254b Rn. 3 m. w. N.

2.2 Nachzügler

 

Rn 3

Über die vorbezeichneten Gruppen hinaus, erstrecken sich die Planwirkungen auch auf unbekannte Insolvenzgläubiger, die erst nach Abschluss des Planverfahrens ihre Forderung geltend machen. Denn die Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzplanverfahren nicht beteiligt haben, können ihre Forderungen nach Verfahrensaufhebung noch geltend machen.[4] Man spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten Nachzüglern. Da auch sie die positiven Planwirkungen angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der Regelung zu beanspruchen berechtigt sind, besteht die Gefahr, dass die mit dem Insolvenzplan verfolgten Ziele torpediert werden.[5] Problematisch ist ein hieraus resultierender erhöhter Liquiditätsbedarf vor allem dann, wenn der Insolvenzplan die Sanierung des Unternehmens vorsieht. Denn der Schuldner hat, um ein Wiederaufleben der erlassenen Forderung zu verhindern, grundsätzlich die im Insolvenzplan festgesetzte Quote zu zahlen.[6]

 

Rn 4

In der Praxis wurde versucht, dieses Problem zu umgehen. Häufig wurden dabei sogenannte Ausschluss- und Präklusionsklauseln befürwortet, nach denen Gläubiger, die ihre Forderungen nicht rechtzeitig anmelden, vollständig von den positiven Wirkungen des Insolvenzplans ausgeschlossen werden.[7]

 

Rn 5

Rechtlich ist ein Ausschluss dieser Gläubiger indes stark umstritten und höchst zweifelhaft.[8] Insoweit wird man einer notwendig aus einer Präklusionsklausel resultierenden Ungleichbehandlung den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung entgegenhalten müssen. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung besteht nämlich nicht.[9] Einziger Unterschied ist der Zeitpunkt der Forderungsanmeldung. Materiell-rechtliche Verschiedenheiten, die erst eine differenzierende Betrachtung rechtfertigen können, bestehen damit aber gerade nicht.

Insoweit sprechen gute Gründe dafür, Präklusionsklauseln auch als Verstoß gegen die in § 226 enthaltene Regelung zu werten. Diese lässt eine unterschiedliche Behandlung zwar zu. Dem hat jedoch eine entsprechende Gruppenbildung vorauszugehen, die indes wiederum an der zuvor beschriebenen fehlenden materiellen Ungleichheit der Gläubiger scheitert, vgl. § 222 Abs. 1. Schließlich folgen aus der zeitlich versetzten Geltendmachung auch keine wirtschaftlich verschiedenen Interessenrichtungen, vgl. § 222 Abs. 2.

Gegen die Zulässigkeit von Präklusionsklauseln lässt sich schließlich der mit der Einführung von § 259a (Vollstreckungsschutz) und 259b (Verjährungsfrist) zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers anführen.[10] Insoweit wird klargestellt, dass Gläubiger von den Wirkungen des Plans nur in den durch das Gesetz selbst geregelten Fällen ausgeschlossen werden können. Dabei darf nicht außer Acht bleiben, dass diese Bestimmungen leer laufen würden, wenn man der gegenteiligen Auffassung folgt. Der Regelungszweck erschöpfte sich gewissermaßen in einer Auffanglösung für diejenigen Situationen, in denen die im Insolvenzplan enthaltene Ausschlussklausel unwirksam ist. Hierfür lassen sich den Gesetzesmaterialien jedoch keine Anhaltspunkte entnehmen. Die Vorschrift des § 259b Abs. 1 beschränkt somit den nach § 217 zulässigen Planinhalt dahingehend, dass eine zeitliche Beschränkung der Forderungsdurchsetzung auf einen kürzeren als den, in § 259b geregelten Jahreszeitraum, nicht möglich ist.

Nachdem die Streitfrage höchstrichterlich lange Zeit nicht abschließend geklärt war, hat sich nunmehr auch der BGH dieser Auffassung...

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