§ 259b Besondere Verjährungsfrist

 

(1) Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden ist, verjährt in einem Jahr.

(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind nur anzuwenden, wenn dadurch die Verjährung einer Forderung früher vollendet wird als bei Anwendung der ansonsten geltenden Verjährungsvorschriften.

(4) 1Die Verjährung einer Forderung eines Insolvenzgläubigers ist gehemmt, solange wegen Vollstreckungsschutzes nach § 259a nicht vollstreckt werden darf. 2Die Hemmung endet drei Monate nach Beendigung des Vollstreckungsschutzes.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Regelung wurde gemeinsam mit § 259a durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)[1] in die InsO aufgenommen. Beide Vorschriften sollen allem voran einer Gefährdung der Unternehmenssanierung entgegenwirken, die dadurch entstehen kann, dass ein Insolvenzgläubiger einen im Insolvenzplanverfahren nicht angemeldeten Anspruch erst nach Abschluss des Planverfahrens geltend macht.[2] Zwar entfalten Insolvenzpläne Wirkung für sämtliche Gläubiger, also auch für diejenigen, die ihre Forderung erst nachträglich anmelden, siehe § 254 sowie klarstellend § 254 b. Insoweit unterliegen diese Forderungen auch den Beschränkungen, die der Insolvenzplan vorsieht. Melden Gläubiger nach der Bestätigung des Insolvenzplans jedoch Forderungen an, mit denen nicht zu rechnen war, kann dies die dem Plan zugrunde liegende Finanzplanung überholen und so die hieran angelegten Sanierungsziele torpedieren.[3] Die Vorschrift des § 259a versucht dem durch eine kurze Verjährungsfrist zu begegnen. Außerdem beschränkt die Vorschrift den gemäß § 217 zulässigen Planinhalt dahingehend, dass eine weitergehende Beschränkung der Gläubigerrechte durch Erlass- oder Verzichtsgestaltungen nicht möglich ist.

[1] BGBl. I 2011, 2582.
[2] BT-Drs. 17/5712, 37 f.; vgl. hierzu auch: MünchKomm-Madaus, § 259b Rn. 1; Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, § 259b Rn. 2; Rugulli, NZI 2012, 825.
[3] BT-Drs. 17/5712, 37 f.; Braun-Braun/Frank, InsO, § 259b Rn. 1; MünchKomm-Madaus, § 259a Rn. 2.

2. Regelungsgegenstand im Einzelnen

2.1 Die Jahresfrist (Abs. 1)

 

Rn 2

Meldet ein Insolvenzgläubiger seine Forderung im Insolvenzplanverfahren nicht bis zum Abstimmungstermin an, verjährt diese Forderung innerhalb einer Frist von einem Jahr. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzesbegründung ausdrücklich klar, dass sämtliche Forderungen von der kurzen Jahresfrist des § 259b Abs. 1 erfasst werden sollen – insbesondere auch titulierte Forderungen, die nach den allgemeinen Verjährungsregeln gemäß §§ 197, 199 Abs. 2 BGB der dreißigjährigen Verjährung unterliegen.[4] Insoweit regelt § 259b als lex specialis einen Anwendungsvorrang, der die allgemeinen Verjährungsregeln überlagert.

 

Rn 3

Da dem Plangestalter im Falle einer Nichtanmeldung von Forderungen bis zum Abschluss des Abstimmungstermins die Möglichkeit entzogen wird, diese in der Finanzplanung entsprechend zu berücksichtigen, kann eine nachträgliche Geltendmachung, wie beschrieben, im Zweifel nicht unerhebliche Gefahren für die Sanierung des Unternehmens begründen. Die Verjährungsfrist vermag die Sanierungsgefährdung zwar nicht gänzlich zu beseitigen, da sie eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausschließt. Sie versetzt den Insolvenzschuldner jedoch in die Lage, sich innerhalb eines angemessenen Zeitfensters Kenntnis darüber zu verschaffen, welche Ansprüche ihm aus der Zeit vor dem Insolvenzplanverfahren entgegengehalten werden können.[5]

 

Rn 4

Der Anwendungsbereich der Regelung erstreckt sich nach seinem Wortlaut grundsätzlich auf sämtliche nicht bis zum Abschluss des Abstimmungstermins angemeldeten Forderungen. Diskutiert werden allerdings folgende Ausnahmen: Das betrifft einmal Ansprüche, die bei der Planerstellung bekannt und infolgedessen berücksichtigungspflichtig gewesen wären. Auch diese Forderungen werden nach dem Wortlaut erfasst. Ein entsprechend weitreichendes Verständnis ist jedoch vom Schutzzweck der Norm nicht gedeckt – dem Normgeber kam es insoweit gerade darauf an, denjenigen Gefahren zu entgegnen, die sich aus einer verspäteten Forderungsanmeldung für die Planziele ergeben. Sind dem Plangestalter die Ansprüche trotz unterbliebener Anmeldung bekannt, unterliegen sie der Regelung in § 229 Satz 3. Sie sind zwingend zu berücksichtigen. Damit unterscheidet sich die Interessenlage gerade von derjenigen, die die §§ 259a, 259b schützen soll. Es sprechen damit gewichtige Gründe dafür, die vorbezeichneten Fallgestaltungen im Wege teleologischer Reduktion vom Anwendungsbereich der Norm auszuschließen.[6] Überdies werden mangels entsprechender Einschränkung grundsätzlich auch die Fälle unverschuldet versäumter Forderungsanmeldung erfasst. Gedacht sei beispielsweise an Situationen, in denen die Forderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung lediglich dem Grunde nach besteht. Erfolgt der tatsächliche Schadenseintritt nach dem Abschluss des Verfahrens, kann sich ergeben, dass eine rechtzeitige Schaden...

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