Rn 3

Über die vorbezeichneten Gruppen hinaus, erstrecken sich die Planwirkungen auch auf unbekannte Insolvenzgläubiger, die erst nach Abschluss des Planverfahrens ihre Forderung geltend machen. Denn die Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzplanverfahren nicht beteiligt haben, können ihre Forderungen nach Verfahrensaufhebung noch geltend machen.[4] Man spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten Nachzüglern. Da auch sie die positiven Planwirkungen angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der Regelung zu beanspruchen berechtigt sind, besteht die Gefahr, dass die mit dem Insolvenzplan verfolgten Ziele torpediert werden.[5] Problematisch ist ein hieraus resultierender erhöhter Liquiditätsbedarf vor allem dann, wenn der Insolvenzplan die Sanierung des Unternehmens vorsieht. Denn der Schuldner hat, um ein Wiederaufleben der erlassenen Forderung zu verhindern, grundsätzlich die im Insolvenzplan festgesetzte Quote zu zahlen.[6]

 

Rn 4

In der Praxis wurde versucht, dieses Problem zu umgehen. Häufig wurden dabei sogenannte Ausschluss- und Präklusionsklauseln befürwortet, nach denen Gläubiger, die ihre Forderungen nicht rechtzeitig anmelden, vollständig von den positiven Wirkungen des Insolvenzplans ausgeschlossen werden.[7]

 

Rn 5

Rechtlich ist ein Ausschluss dieser Gläubiger indes stark umstritten und höchst zweifelhaft.[8] Insoweit wird man einer notwendig aus einer Präklusionsklausel resultierenden Ungleichbehandlung den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung entgegenhalten müssen. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung besteht nämlich nicht.[9] Einziger Unterschied ist der Zeitpunkt der Forderungsanmeldung. Materiell-rechtliche Verschiedenheiten, die erst eine differenzierende Betrachtung rechtfertigen können, bestehen damit aber gerade nicht.

Insoweit sprechen gute Gründe dafür, Präklusionsklauseln auch als Verstoß gegen die in § 226 enthaltene Regelung zu werten. Diese lässt eine unterschiedliche Behandlung zwar zu. Dem hat jedoch eine entsprechende Gruppenbildung vorauszugehen, die indes wiederum an der zuvor beschriebenen fehlenden materiellen Ungleichheit der Gläubiger scheitert, vgl. § 222 Abs. 1. Schließlich folgen aus der zeitlich versetzten Geltendmachung auch keine wirtschaftlich verschiedenen Interessenrichtungen, vgl. § 222 Abs. 2.

Gegen die Zulässigkeit von Präklusionsklauseln lässt sich schließlich der mit der Einführung von § 259a (Vollstreckungsschutz) und 259b (Verjährungsfrist) zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers anführen.[10] Insoweit wird klargestellt, dass Gläubiger von den Wirkungen des Plans nur in den durch das Gesetz selbst geregelten Fällen ausgeschlossen werden können. Dabei darf nicht außer Acht bleiben, dass diese Bestimmungen leer laufen würden, wenn man der gegenteiligen Auffassung folgt. Der Regelungszweck erschöpfte sich gewissermaßen in einer Auffanglösung für diejenigen Situationen, in denen die im Insolvenzplan enthaltene Ausschlussklausel unwirksam ist. Hierfür lassen sich den Gesetzesmaterialien jedoch keine Anhaltspunkte entnehmen. Die Vorschrift des § 259b Abs. 1 beschränkt somit den nach § 217 zulässigen Planinhalt dahingehend, dass eine zeitliche Beschränkung der Forderungsdurchsetzung auf einen kürzeren als den, in § 259b geregelten Jahreszeitraum, nicht möglich ist.

Nachdem die Streitfrage höchstrichterlich lange Zeit nicht abschließend geklärt war, hat sich nunmehr auch der BGH dieser Auffassung angeschlossen.[11] Über die vorbezeichneten Gesichtspunkte hinaus, werden auch verfassungsrechtliche Zweifel mit Blick auf das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG erhoben, da eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff fehle.[12]

Zuvor hatte schon das BAG Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Präklusionsklauseln geäußert.[13] Diese wurden durch die BGH-Entscheidung bestätigt.

 

Rn 6

Von den vorbezeichneten Fallkonstellationen zu unterscheiden sind solche Ausschlussklauseln des Insolvenzplans, wonach bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird und dabei lediglich die Verteilung der Masse geregelt, nicht aber der materiell-rechtliche Anspruch berührt wird. Insoweit hat das BAG in seiner Entscheidung vom 19.11.2015[14] hervorgehoben, dass entsprechend betroffene Forderungen nicht dauerhaft entwertet werden. Insbesondere werde die Durchsetzung der Planquote nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der Leistungsklage nicht gehindert. Entsprechende Klauseln seien nach Auffassung des BAG damit jedenfalls grundsätzlich zulässig.

[5] MünchKomm-Madaus, § 254b Rn. 5.
[7] MünchKomm-Eidenmüller, § 221 Rn. 56; Uhlenbruck-Lüer/Streit, InsO, § 254b Rn. 33; Otte/ Wiester, NZI 2005, 70, 76.
[8] Für Unzulässigkeit: BAG 12.9.2013, 6 AZR 907/11, NZI 2013, 1076 ff., Rn. 32; Küpper/Heinze, ZInsO 2013, 471; K. Schmidt-S...

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