Rz. 4

§ 90a Abs. 1 FGO räumt dem Gericht Ermessen ein, in geeigneten Fällen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Schwierigkeiten tatsächlicher Art lassen einen Fall regelmäßig nicht als geeignet zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid erscheinen, weil eine weitere Tatsachenfeststellung jedenfalls im Rahmen einer mündlichen Verhandlung möglich ist. Allerdings kann nach einem Erörterungstermin[1] ein Gerichtsbescheid erlassen werden. Sind schwierige Rechtsfragen zu entscheiden, kann dies gleichfalls durch einen Gerichtsbescheid erfolgen, wobei die Revision zugelassen werden kann, um den Beteiligten zu ermöglichen, die Rechtsfrage schnell vom BFH entscheiden zu lassen[2]. Bei Verfahren mit einem Streitwert bis einschließlich 500 EUR kann auch ein Verfahren nach § 94a FGO sinnvoll sein.

 

Rz. 5

Die Beteiligten können den Erlass eines Gerichtsbescheids beantragen, haben aber keinen Anspruch darauf. Ein entsprechender Antrag ist als Anregung an das Gericht zu verstehen. Eines ablehnenden Beschlusses bedarf es nicht. Auch der ausdrückliche Hinweis eines Beteiligten, er verzichte nicht auf die mündliche Verhandlung, oder der ausdrückliche Antrag auf mündliche Verhandlung hindert das Gericht nicht am Erlass eines Gerichtsbescheids[3]. Nur ist dann eher mit dem nachträglichen Antrag auf mündliche Verhandlung[4] und damit der Wirkungslosigkeit des Gerichtsbescheids zu rechnen. Vor Erlass eines Gerichtsbescheids kann den Beteiligten hierzu rechtliches Gehör gewährt werden, wobei deren Stellungnahmen in die Ermessensentscheidung, ob durch Gerichtsbescheid entschieden wird, einfließen sollten. Zwingend ist der vorherige Hinweis auf den Erlass eines Gerichtsbescheids jedoch nicht[5]. Soweit nach der früheren Rechtsprechung vor Erlass eines Gerichtsbescheids rechtliches Gehör zu gewähren ist[6], ist dies durch die Fassung des § 90a Abs. 2 FGO ab 2001 überholt. Seitdem haben die Beteiligten immer die Möglichkeit, mündliche Verhandlung zu beantragen, womit dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs Genüge getan ist[7].

[3] FG Düsseldorf v. 11.8.1997, 14 K 3453/95 G, EFG 1997, 1447, Rev. vom BFH abgelehnt: I R 111/97.
[4] S. Rz. 10ff.
[5] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 4.
[7] Mai, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 90a FGO Rz. 20; Gräber/Herbert, FGO, 8. Aufl. 2015, § 90a Rz. 6; BFH v. 2.4.2014 V R 62/10, BFH/NV 2014, 1210 m. w. N.

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