Rz. 16

[Autor/Stand] Die Finanzbehörde ist nicht originär zuständig, sondern hat lediglich eine von der Staatsanwaltschaft abgeleitete Zuständigkeit inne und nimmt deren Rechte und Pflichten im Ermittlungsverfahren an deren Stelle wahr[2] (s. auch § 386 Rz. 23 f.). Nichtsdestotrotz übt die Finanzbehörde die ihr durch § 399 Abs. 1 AO eingeräumten Befugnisse in eigener Verantwortung und ohne Bindung an Weisungen der Staatsanwaltschaft aus; § 152 Abs. 1 GVG findet keine Anwendung[3].

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Der Staatsanwaltschaft ist es jedoch unbenommen, unter Berufung auf das ihr zustehende sog. Evokationsrecht nach § 386 Abs. 4 Satz 2 AO das Verfahren jederzeit (wieder) an sich zu ziehen (hierzu § 386 Rz. 26). Nicht zuletzt der BGH hat in der jüngeren Rspr. die aus der Kompetenzzuweisung nach § 386 AO folgende Rollenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Finanzbehörde und die – trotz der Befugnis der Finanzbehörde zur eigenständigen Ermittlungsführung – fortbestehende Gesamtverantwortung der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens betont. Flankiert wird dies durch eine entsprechende Unterrichtungspflicht der Finanzbehörde gegenüber der Staatsanwaltschaft, wenngleich es keine eindeutigen und verbindlichen Regelungen hierzu gibt, abgesehen von Fällen der Beteiligung von Finanzbeamten an der Tat (vgl. Nr. 22, 140 AStBV (St) 2022 – s. AStBV Rz. 22, 140 –, Nr. 267 RiStBV; s. § 386 Rz. 146 ff.)[5].

 

Rz. 18

[Autor/Stand] In organisatorischer Hinsicht sind für die Rechtsstellung der Finanzbehörde nicht die §§ 141151 GVG, sondern die Vorschriften des FVG maßgebend[7]. Die OFD oder die Landesfinanzministerien oder das BMF haben gegenüber den mit der Durchführung des Steuerstrafverfahrens betrauten Finanzbeamten keine strafprozessualen Eingriffsrechte i.S.d. § 145 GVG, sondern allenfalls im Rahmen der Dienstaufsicht begrenzte Weisungsrechte (s. § 386 Rz. 36 f.)[8]. In diesem Fall dürften die Grundsätze über die Grenzen der Weisungsgebundenheit des Staatsanwalts auch auf Bedienstete der Finanzbehörde entsprechend anzuwenden sein.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.2022
[2] Joecks in JJR8, § 399 AO Rz. 3.
[3] BGH v. 30.4.2009 – 1 StR 90/09, BGHSt 54, 9 = wistra 2009, 363; a.A. Hellmann, Neben-Strafverfahrensrecht, S. 160 ff.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.2022
[5] Vgl. LG Freiburg v. 4.9.2000 – VIII Qs 9/00, StV 2001, 268; Randt in JJR8, § 386 AO Rz. 47; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt65, § 160 StPO Rz. 13a.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.2022
[7] A.A. Tormöhlen in HHSp., § 399 AO Rz. 25 f.
[8] So auch Tormöhlen in HHSp., § 399 AO Rz. 24.

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