Tz. 46b

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Art 5 ATAD-RL sieht eine im Ergebnis der dt Rechtslage sehr ähnliche Entstrickungbesteuerung für KStpfl vor.

Anders als die im dt Recht vorgesehenen Entstrickungstatbestände bedient sich die ATAD-RL verschiedener in Art 5 Abs 1 Buchst a bis d ATAD-RL angeführter einzelfallbezogener Anknüpfungspunkte. So sollen bestimmte grenzüberschreitende Vermögensübertragungen (Art 5 Abs 1 Buchst a und b ATAD-RL), die Sitzverlegung (Art 5 Abs 1 Buchst c ATAD-RL) sowie die Übertragung einer Geschäftstätigkeit (Art 5 Abs 1 Buchst d ATAD-RL) zu einer Besteuerung stiller Reserven führen. Der im dt Recht allein maßgebliche Verlust oder die Beschränkung dt Besteuerungsrechte findet sich aber gleichermaßen in den angeführten Tatbeständen: Eine Besteuerung soll nur dann erfolgen, soweit der besteuernde Mitgliedsstaat sein Besteuerungsrecht verliert oder aber im Fall des Wegzugs (Art 5 Abs 1 Buchst c ATAD-RL) eine Zuordnung der fraglichen Vermögenswerte nicht bei einer im Wegzugsstaat belegenen BetrSt erfolgt. Der Anwendungsbereich der dt Regelungen dürfte in der Tendenz deshalb weiter sein, wenn zB § 12 KStG abgesehen von dem Verlust oder der Beschränkung von Besteuerungsrechten keine weiteren "Vermögenübertragungen" oder den Wegzug verlangt. Allenfalls das klarstellende (hierzu s Tz 26) Regelbsp in § 12 Abs 1 S 2 KStG bietet einen solchen Anknüpfungspunkt, stellt aber keine weitere Einschränkung des Grundtatbestands dar. Ein Unterschied besteht zB im Fall der rechtlichen Entstrickung durch Neuabschluss eines DBA (hierzu s Tz 335ff), die von Art 5 Abs 1 ATAD nicht erfasst sein dürfte. Bereits nach derzeit geltendem Recht wird damit aber der in der RL vorgesehene Mindeststandard gewährleistet. Insoweit bedürfte es uE im Grundsatz keiner weiteren ges Umsetzung durch den dt Ges-Geber. Dies gilt insbes auch deshalb, weil die in Art 5 Abs 2 ATAD-RL zwingend vorzusehende Möglichkeit von Teilzahlungen über fünf Jahre in EU- und EWR-Sachverhalten grds auch in den in §§ 4g, 36 Abs 5 EStG vorgesehenen ist. Auch der in Art 5 Abs 6 ATAD-RL vorgesehene "Marktwert" dürfte regelmäßig dem in § 12 Abs 1 KStG vorgesehenen "gW" entsprechen. Mit dem ATADUmsG wurden die Vorgaben der ATAD-RL in nationales Recht umgesetzt.

 

Tz. 46c

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Art 5 ATAD-RL kann als europäisches Sekundärrecht zwar nicht vorgeben, wann und inwieweit ein Besteuerungsrecht in einem Mitgliedsstaat verloren geht. Allerdings stützt die RL den dt Ges-Geber in seinem Bestreben – entgegen der Rspr des BFH zum alten Recht vor dem SEStEG 2006 (hierzu s Tz 226ff) – den Entstrickungstatbestand auch bei einer Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich zukünftiger stlicher Reserven an einem WG zur Anwendung zu bringen. In diesem Zusammenhang kann man noch die Frage aufwerfen, ob die unterschiedliche Formulierung "Verlust" (so ATAD-RL) statt "Ausschluss oder Beschränkung" (so § 12 KStG) des Besteuerungsrechts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Die ist uE aber nicht der Fall. Ein Besteuerungsrecht geht stets "verloren" im Vergleich zu dem bisherigen status quo. Wenn also ein Besteuerungsrecht nur tw verloren geht, wäre dies gleichfalls ein Verlust des Besteuerungsrechts, was wiederum mit der Beschränkung eines Besteuerungsrechts vergleichbar ist. Zumal die RL den Begriff "insofern" (in der englischen Übersetzung der ATAD-RL: "as far as") verwendet, was diese Sichtweise untermauert.

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