Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes

Mit Schreiben vom 22.12.2023 veröffentlichte das BMF die Neufassung des AStG-Erlasses, nachdem es am 20.7.2023 bereits eine erste Entwurfsfassung vorgelegt hatte. Auf ca. 250 Seiten und in 1.024 Randnummern stellt die Finanzverwaltung ihre Auslegung des Außensteuergesetzes dar.

Nicht im Anwendungserlass enthalten sind Ausführungen zu § 1 AStG. Damit umfasst der Anwendungserlass Ausführungen zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht (§§ 2, 4 und 5 AStG) zur Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) und zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG). Der aktualisierte AStG-Erlass ist für die Anwendung des AStG in der ab dem 1.7.2021 geltenden Fassung anwendbar.

Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte des umfangreichen Schreibens zusammengefasst.

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Die §§ 2, 4 und 5 AStG sollen die beschränkte Steuerpflicht von Personen (deutschen Staatsbürgern) erweitern, die in Deutschland über einen gewissen Zeitraum unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sind und deren steuerliche Ansässigkeit in ein niedrig besteuertes Gebiet oder überhaupt kein Gebiet wechselt, deren wesentliche wirtschaftliche Interessen jedoch weiterhin in Deutschland verbleiben. Rechtsfolge der erweiterten beschränkten Steuerpflicht i. S. d. §§ 2 und 5 AStG ist, dass auch Einkünfte, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG darstellen, der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Da nicht ausländische Einkünfte in der Regel bereits als inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG qualifizieren und der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, ist der Anwendungsbereich der Normen in der Praxis begrenzt.

Insgesamt sollten die Anpassungen des BMF-Schreibens im Bereich der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu keinen wesentlichen neuen materiellen Erkenntnissen führen. An einigen Stellen wurden sprachliche Verbesserungen und Konkretisierungen vorgenommen. Einzelne Abschnitte wurden neu geordnet und sind nun an anderen Stellen zu finden.

Erstmals aufgenommen wurde eine Aussage zum Verhältnis der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zu Quellensteuern i. S. d. § 10 StAbwG. § 10 StAbwG soll neben der erweiterten beschränkten Steuerpflicht zur Anwendung kommen. Daher sind auch bei der Anwendung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht betroffene Quellensteuern zunächst einzubehalten. Der Quellensteuereinbehalt hat jedoch keine abgeltende Wirkung und die Einkünfte sind im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen. Auch für Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterlegen haben, können allgemeine Ausnahmen von der Abgeltungswirkung des Quellensteuereinbehalts anwendbar sein.

Darüber hinaus enthält das aktualisierte Schreiben teilweise neue Ausführungen zur Anwendung des Progressionsvorbehalts und Ermittlung des relevanten Steuersatzes im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Die Ausführungen übertragen allgemein geltende Grundsätze auch auf die erweiterte beschränkte Steuerpflicht.

Auch die Änderungen im Bereich der erweiterten beschränkten Erbschaft- und Schenkungssteuerpflicht und zu zwischengeschalteten Gesellschaften i. S. d. § 5 AStG sind insgesamt eher redaktioneller Natur.

Wegzugsbesteuerung

Von wesentlicherer materieller Bedeutung sind die Änderungen im Abschnitt zur Wegzugsbesteuerung i. S. d. § 6 AStG.  Zuletzt wurde mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz die Wegzugsbesteuerung mit Wirkung ab dem 1.1.2022 umfangreich geändert. Unter anderem entfiel in diesem Zuge die unbeschränkte Stundungsmöglichkeit bei Wegzügen innerhalb der EU/EWR-Staaten. Seitdem wird die Europarechtskonformität der deutschen Wegzugsbesteuerung in Fachkreisen stark angezweifelt. Auch der BFH ist wohl in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil v. 6.9.2023, I R 35/20, so zu verstehen, dass die Möglichkeit einer zinslosen Stundung zwingende Voraussetzung für die Europarechtskonformität von § 6 AStG ist. Der Gesetzgeber wird die Norm daher wohl erneut anpassen müssen.

Zeitlicher Anwendungsbereich der neuen Fassung der Wegzugsbesteuerung

Im Abschnitt zu § 6 AStG trifft das BMF zunächst Aussagen zur zeitlichen Anwendung. § 6 AStG in der Fassung vor dem ATAD-Umsetzungsgesetz findet noch auf alle Sachverhalte Anwendung, die vor dem 1.1.2022 verwirklicht wurden. Damit kann es für die Frage einer Stundungsmöglichkeit bei Altfällen nicht auf das Datum eines Steuerbescheids ankommen, wie vereinzelt vertreten wurde.

Auch für laufende Stundungen und Fristen nach „altem“ Recht kommt weiterhin § 6 AStG in der vorherigen Fassung zur Anwendung. Damit wird die alte Gesetzesfassung Praktiker noch längere Zeit beschäftigen. Inhaltlich setzt sich das Schreiben jedoch nicht mehr mit der "alten“"Fassung auseinander.

Ausführungen zum Verhältnis zu anderen Vorschriften

Rechtsfolge der Wegzugsbesteuerung ist eine fingierte Veräußerung. Nach Auffassung des BMF soll § 6 AStG keine Anwendung finden, soweit derselbe Sachverhalt einen Veräußerungstatbestand eines anderen Steuergesetzes (z. B. EStG, KStG oder UmwStG) erfüllt.

Umgekehrt wird im BMF-Schreiben nicht konkretisiert, welche Auswirkungen die Auslösung der Wegzugsbesteuerung und Fiktion einer Veräußerung für andere Vorschriften hat, deren Tatbestandsmerkmal eine Veräußerung ist. Beispiele hierfür sind § 8c KStG oder § 22 UmwStG.

Äußerungen des BMF zum Anwendungsbereich

Zum Anwendungsbereich der Wegzugsbesteuerung enthält das Schreiben insbesondere folgende praxisrelevante Aussagen:

Bekanntermaßen sind von der Wegzugsbesteuerung Anteile i. S. d. § 17 EStG betroffen. Das sind insbesondere Anteile im Privatvermögen an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften bei einer Beteiligungsquote – von in der Regel – mindestens einem Prozent. Auch Anteile an optierenden Personengesellschaften fallen in den Anwendungsbereich. Ab dem Zeitpunkt der Rückkehr zur transparenten Besteuerung ist § 6 AStG für diese Gesellschaften jedoch nicht mehr anwendbar.

§ 6 AStG soll nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht zur Realisierung von Verlusten führen und nur in "Gewinnfällen" anwendbar sein. Bei mehreren Anteilen soll eine anteilsbezogene Betrachtung vorgenommen werden.

§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AStG enthält eine abschließende Aufzählung der Sachverhalte, die die Wegzugsbesteuerung auslösen:

  • Nr. 1: Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG (die Beendigung der beschränkten Steuerpflicht ist danach kein Tatbestand der Wegzugsbesteuerung)
  • Nr. 2: Unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person
  • Nr. 3 (subsidiär zu Nummer 1 und 2): Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile (z. B. bei Ansässigkeitswechsel im Fall einer Doppelansässigkeit)

Den Tatbestand der Nr. 3 soll nach Auffassung des BMF auch eine „passive Entstrickung“ auslösen können (Entstrickung ohne aktive Handlung des Steuerpflichtigen, z. B. bei Änderung eines DBA). Dies hat das FG Köln zuletzt kritisch gesehen (s. Urteil v. 17.6.2021, 15 K 888/18). Die Revision ist beim BFH anhängig (Az. I R 32/21).

Abkommensrechtliche Bestimmungen, wie die der Formulierung von Artikel 13 Abs. 6 Satz 1 der deutschen DBA-Verhandlungsgrundlage, werden als rein deklaratorisch qualifiziert.

Ausführungen des Schreibens zur Rückkehrregelung

- Vorübergehende Abwesenheit

In bestimmten Fällen kann eine Wegzugssteuer trotz Wegzug wieder entfallen. Betroffen sind Fälle, in denen nur eine vorübergehende Abwesenheit vorliegt, und "Wegzügler" wieder nach Deutschland zurückkehren oder ein verlorenes oder beschränktes deutsches Besteuerungsrecht innerhalb eines begrenzten Zeitraums wieder begründet wird.

Beruht die Beendigung einer unbeschränkten Steuerpflicht auf einer nur vorübergehenden Absicht und wird der Steuerpflichtige innerhalb von sieben Jahren wieder in Deutschland steuerpflichtig, entfällt die Wegzugsteuer. Seit dem BFH-Urteil vom 21.12.2022 (I R 55/19) ist geklärt, dass eine tatsächliche Rückkehr für den Wegfall der Steuer ausreicht und darüber hinaus keine von Beginn an vorgelegene Rückkehrabsicht nachgewiesen werden muss. Diese Auffassung übernimmt das BMF erfreulicherweise in Rz. 129.

Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann der siebenjährige Zeitraum um weitere fünf Jahre verlängert werden. Für den Verlängerungszeitraum vertritt das BMF hingegen die Auffassung, dass eine tatsächliche Rückkehr innerhalb von 12 Jahren nicht ausreichen soll. Denn eine Rückkehrabsicht soll spätestens mit dem Antrag auf Fristverlängerung auch dokumentiert werden.

Schädliche Statusänderungen

Der Steueranspruch bei Rückkehr entfällt nur, soweit die Anteile in der Zeit des Wegzugs nicht veräußert, übertragen oder in ein Betriebsvermögen eingelegt werden. Nach Auffassung des BMF scheinen Schenkungen unter Lebenden generell schädlich zu sein, wodurch auch die Schenkung an Inländer ein schädliches Ereignis wäre. Nach Rz. 137 des BMF-Schreibens werden weiterhin die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, ein Anteilstausch, die Übertragung auf eine Stiftung, die Einlage der Anteile in eine in- oder ausländische Betriebsstätte des Steuerpflichtigen und die Auflösung der betroffenen Kapitalgesellschaft als schädlich angesehen.

Unentgeltliche Übertragungen von Todes wegen stellen keine schädliche Statusänderungen dar. Allerdings muss auch der jeweilige Rechtsnachfolger unbeschränkt steuerpflichtig sein oder innerhalb der siebenjährigen Frist zurückkehren. Wurde die Rückkehrfrist des Rechtsvorgängers vor Ableben verlängert, fordert das BMF, dass der Rechtsnachfolger eine eigene Rückkehrabsicht ohne schuldhaftes Verzögern mitteilt. In der Praxis ist eine solche zeitnahe Mitteilung wohl realitätsfern.

Substanzielle Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähr

Schädlich für den Entfall einer Wegzugsteuer bei vorübergehender Abwesenheit können außerdem substanzielle Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewährungen sein. Solche Auskehrungen sind substanziell, wenn ihr gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des Werts der Anteile im Wegzugszeitpunkt beträgt. Das BMF qualifiziert sämtliche Gewinnausschüttungen und somit auch verdeckte Gewinnausschüttungen als schädlich.

Übersteigen die schädlichen Auskehrungen die 25 %-Grenze, entfällt die Steuer insoweit, wie die Grenze überschritten wird. In Rz. 153 zeigt das BMF dies an einem Beispiel, bei dem während der Abwesenheit schädliche Auskehrungen von 30 % erfolgen, wodurch die Wegzugsteuer bei Rückkehr lediglich zu 95 % entfallen kann.

Begrenzung auf Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts

Der Steueranspruch kann nur insoweit entfallen, als ein Besteuerungsrecht Deutschlands bei Rückkehr wieder begründet wird. Diese Voraussetzung konkretisiert die Verwaltung in einem Beispiel in Rz. 150.

Wird das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht mindestens wie im Zeitpunkt des Wegzugs begründet, kann der Steueranspruch nach Verwaltungsauffassung in vollem Umfang nicht entfallen. Dies kann z. B. bei Doppelansässigkeiten zu unsachgerechten Ergebnissen führen.

Zeitpunkt der Anwendung der Rückkehrregelung

Für die Anwendung der Rückkehrregelung sollen die Umstände zum Zeitpunkt der Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht maßgeblich sein. Die drei potenziellen schädlichen Ereignisse sind dann kumulativ zu betrachten.

Damit muss auch die Wiederbegründung des deutschen Besteuerungsrechts im Mindestumfang wieder erfolgt sein, wodurch in der Regel auch eine deutsche DBA-Ansässigkeit erforderlich sein wird. Im Einzelfall möchte das BMF allerdings auch akzeptieren, wenn die DBA-Ansässigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten eintritt. Für die Praxis bedeutet dies, dass neben dem Wegzug auch die Rückkehr sorgfältig geplant werden sollte.

Möglichkeit der Ratenzahlung

Wie bereits erwähnt, wurde die Möglichkeit einer zinslosen Stundung der Wegzugsbesteuerung für EU/EWR-Fälle - vermutlich europarechtswidrig - abgeschafft. In der aktuellen Fassung der Wegzugsbesteuerung bleibt als Abmilderung der Belastung die Möglichkeit einer Zahlung der Wegzugssteuer in sieben gleichen Jahresraten. Die Ratenzahlung muss beantragt werden und soll in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden, was in der Praxis regelmäßig zu großen Schwierigkeiten führt.

Das BMF konkretisiert in Rz. 171 des BMF-Schreibens, welche Umstände durch Finanzbeamte zu berücksichtigen sind, wenn sie darüber entscheiden, ob eine Sicherheitsleistung zu gewähren ist. Insbesondere sind danach das Gesamtvermögen des Steuerpflichtigen, eine Rückkehrwahrscheinlichkeit, Familienverhältnisse und Bindung zum Inland sowie Vollstreckungsmöglichkeiten in das Vermögen des Steuerpflichtigen im In- und Ausland zu berücksichtigen. Außerdem ist von Bedeutung, ob der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Verpflichtungen in der Vergangenheit stets vollständig und fristgerecht nachgekommen ist und glaubhaft darlegen kann, dass er die Steuerschuld im Zeitpunkt der Fälligkeit fristgerecht begleichen kann.

Lediglich mit Hinweis auf die Rückkehrregelung können die Raten auf Antrag des Steuerpflichtigen vollständig entfallen. Bei bestimmen Ereignissen entfällt eine gewährte Stundung in diesen Fällen jedoch wieder (vgl. Rz. 183).

Hinzurechnungsbesteuerung

Die Ausführungen des BMF zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) umfassen über 800 Randziffern und bilden den Schwerpunkt des BMF-Schreibens. Die Hinzurechnungsbesteuerung soll die Verlagerung von passiven Einkünften in ausländische Kapitalgesellschaften verhindern, die in niedrig besteuerten Gebieten ansässig sind. Betroffene Einkünfte werden bei deutschen beherrschenden Anteilseignern fiktiv als Hinzurechnungsbetrag angesetzt.

Aufgrund des Umfangs der Ausführungen zur Hinzurechnungsbesteuerung werden im Folgenden einzelne wesentliche Aussagen mit Praxisrelevanz des BMF-Schreibens stichpunktartig zusammengefasst. Auf die Ausführungen zu den speziellen Teilen zu Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften (§ 13 AStG), ausländischen Familienstiftungen (§ 15 AStG) und Betriebsstätten (§ 20 Abs. 2 AStG) soll hier nicht eingegangen werden.

Verhältnis zur verschärften Hinzurechnungsbesteuerung des StAbwG

Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung des § 9 StAbwG wird als spezielles Recht im Verhältnis zur allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung beurteilt. Die verschärften Regelungen dürfen allerdings zu keinen niedrigeren Einkünften führen. Bei betroffenen Beteiligungen an Gesellschaften in Steueroasen sind somit stets beide Vorschriften zu prüfen.

Persönlicher Anwendungsbereich

Für die Prüfung, ob eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. Hinzurechnungsbesteuerung vorliegt, ist ein zweistufiger Rechtstypenvergleich durchzuführen, bei dem ausländische Optionsmodelle unbeachtlich sind.

Nach Auffassung des BMF bleiben Personengesellschaften von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt und die Rechtsfolgen treten auf Ebene ihrer Gesellschafter auf.

Die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung gilt auch für beschränkt Steuerpflichtige, wenn die Beteiligung einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Das BMF ordnet als Zuordnungsgrundsätze nationale Grundsätze und somit insbesondere § 12 AO und die BsGaV an.

Beherrschungskriterium

Die Beherrschungskriterien (mehr als die Hälfte der Stimmrechte, mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital, Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses) stehen gleichwertig nebeneinander und müssen somit stets allesamt geprüft werden.

Eine Beherrschung kann auch durch abgestimmtes Verhalten mehrere Personen vorliegen. In Rz. 291 nennt das BMF konkrete Kriterien, bei denen ein Zusammenwirken insbesondere vorliegen soll. Gesellschaften einer Personengesellschaft wird ein abgestimmtes Verhalten grundsätzlich unterstellt. Diese Unterstellung kann aber widerlegt werden.

Aktivkatalog des § 8 AStG und Motivtest

Für die Frage, welche Art von Einkünften eine Zwischengesellschaft für die Prüfung des Aktivkatalogs i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG erzielt, ist grundsätzlich jede Tätigkeit isoliert zu betrachten (segmentierte Betrachtung). Liegen jedoch Haupttätigkeiten einerseits und Nebentätigkeiten andererseits vor, die aus der gleichen Funktion resultieren, sind die Tätigkeiten im Rahmen einer funktionalen Betrachtung zusammenfassen. Diese Grundsätze werden anhand eines Beispiels in Rz. 322 verdeutlicht, das auf einem jüngeren BFH-Urteil basiert (BFH, Urteil v. 18.12.2019, I R 59/17). Verschiedene Tätigkeiten von Holdinggesellschaften beurteilt das BMF tendenziell als separate Tätigkeiten für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung.

Ausführliche Ausführungen zu den einzelnen Einkünften des Aktivkatalogs enthält das BMF-Schreiben in den Rz. 329 bis 431.

In den Rz. 432 bis 490 äußert das BMF seine Sichtweise zu einzelnen Fragen des Motivtests, die teilweise deutlich über EuGH-Grundsätze hinausgehen und daher europarechtlich fragwürdig sind. Ein Outsourcing von Tätigkeiten soll nur auf nahestehende Personen im gleichen Staat unschädlich sein (siehe hierzu FG Köln, Urteil v. 22.9.2022, 6 K 2661/18).

Niedrigbesteuerung

Bis vor kurzem betrugt der maßgebliche Niedrigsteuersatz 25 % und konnte somit über effektiven Steuerbelastungen deutscher Kapitalgesellschaften liegen. Der Gesetzgeber reagierte im letzten Jahr auf seit langer Zeit bestehende Kritik an diesem Steuersatz und senkte den Steuersatz auf 15 %, der zu den Vorstellungen eines Niedrigsteuersatzes der Mindeststeuer passt. Im Erlass wurde die Absenkung noch nicht verarbeitet.

Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags

Bei der Gewinnermittlung der Zwischengesellschaft sind nach Auffassung des BMF auch Sondervorschriften wie §§ 2a, 4h, 4i, 4j und 4k EStG sowie § 8b KStG anwendbar. Diese Vorschriften können teilweise zu einer sehr komplexen Ermittlung von Zwischeneinkünften führen.

Ein Verlustausgleich innerhalb einer Zwischengesellschaft soll zulässig sein. Gewinne und Verluste verschiedener Zwischengesellschaften sollen hingegen nicht verrechenbar sein (Rz. 575).

Kürzungsbetrag

Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ist ein Kürzungsbetrag zu ermitteln, der bei tatsächlichem Dividendenbezug das Einkommen des beherrschenden Gesellschafters mindert.

Wie herausfordernd die Handhabung des Kürzungsbetrags in der Praxis sein kann, zeigen diverse Beispiele des Erlasses zu mehrstöckigen Strukturen.

Das sog. Hinzurechnungskorrekturvolumen ist nicht übertragbar und geht bei Umwandlungen und Veräußerungen der Zwischengesellschaft unter.

BMF, Schreiben v. 22.12.2023, IV B 5 - S 1340/23/10001 :001

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