Steuerbefreiung von Bildungsleistungen
Die rechtliche Problematik
Steuerfrei waren bis 31.12.2024 die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen oder anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (§ 4 Nr. 21 Buchst. a UStG in der bis 31.12.2024 geltenden Fassung).
Hinweis: Voraussetzung war, dass ein feststehendes Lehrprogramm und Lehrpläne zur Vermittlung eines Unterrichtsstoffs für die Erreichung eines bestimmten Lehrgangsziels sowie geeignete Unterrichtsräume oder -vorrichtungen vorhanden sind.
Bei der Einordnung der Steuerbefreiungstatbestände im Schulungsbereich waren aber auch die sich aus der europäischen und der nationalen Rechtsprechung ergebenden Grundsätze zu beachten. So ist in Schul- und Hochschulunterricht auf der einen Seite und Aus- und Fortbildung sowie Umschulung auf der anderen Seite zu unterscheiden:
- Schul- und Hochschulunterricht: Schul- und Hochschulunterricht setzt ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen und die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen voraus (EuGH, Urteil v. 14.3.2019, C-449/17, BFH/NV 2019 S. 511 zur Fahrschule; EuGH, Urteil v. 21.10.2021, C-373/19, BFH/NV 2021 S. 1629 zur Schwimmschule). Die Vermittlung singulärer Kenntnisse (z. B. in einer Fahrschule, Schwimmschule oder Tanzschule) kann unabhängig von der Bezeichnung der Einrichtung als "Schule" nicht zu Schul- oder Hochschulunterricht in diesem Sinne führen. Wichtig: Die Vermittlung von singulären Kenntnissen und Fertigkeiten kann aber ggf. als Aus- oder Fortbildung bzw. Umschulung steuerbefreit sein.
- Ausbildung und Umschulung: Ausbildung und Umschulung kann auch bei Vermittlung von nur eingeschränkten (singulären) Kenntnissen und Fähigkeiten steuerbefreit sein (BFH, Beschluss v. 22.6.2022, XI R 32/21, BFH/NV 2023 S. 243 zur Supervision; BFH, Urteil v. 17.11.2022, V R 33/21, BFH/NV 2023 S. 477 zum Fahrsicherheitstraining; BFH, Urteil v. 22.1.2025, XI R 9/22, BFH/NV 2025 S. 1118 zum Reitunterricht). In diesen Fällen gelten die Anforderungen, die der EuGH an den Schulunterricht stellt, nicht. Dies umfasst Schulungsmaßnahmen mit einem direkten Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie Maßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen (Art. 44 MwStSystRL-DVO).
Zum 1.1.2025 sollte durch das Jahressteuergesetz 2024 § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG unionsrechtskonform (Anpassung an Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und Buchst. j MwStSystRL) ausgestaltet werden.
Hinweis: Ursprünglich war durch den Regierungsentwurf geplant gewesen, eine umfassende Anpassung vorzunehmen und auch eine Unterscheidung in die Ausbildungs- und die Fortbildungsleistungen vorzunehmen. Fortbildungen sollten danach nur dann steuerfrei sein, wenn sie von Einrichtungen durchgeführt werden, die keine systematische Gewinnerzielungsabsicht haben. Darüber hinaus sollte das bisherige Bescheinigungsverfahren der "zuständigen Behörde" (i. d. R. die Schulbehörde) grundsätzlich entfallen.
Nach den Beratungen des Finanzausschusses ist es entgegen dem Regierungsentwurf nur zu einer "minimalinvasiven" Änderung gekommen, die nur dazu dienen soll, ein gegen die Bundesrepublik Deutschland initiiertes Vertragsverletzungsverfahren zu entkräften.
Nach der Gesetzesbegründung soll durch die Änderung § 4 Nr. 21 UStG an die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL – die nach der Rechtsprechung des EuGH kein gemeinsames System bilden – im nationalen Umsatzsteuerrecht angepasst werden. Grundsätzlich sollten sich dadurch keine inhaltlichen Änderungen ergeben, da die Rechtsnorm sowieso schon unionsrechtskonform zu interpretieren gewesen sei. Diese sehr einfache Sichtweise verkannte aber relevante Änderungen im Bereich der beruflichen Fortbildung und wird im Ergebnis zu einer politisch nicht gewollten Verteuerung der Fortbildung führen.
Wichtig: Anders als Schul- und Hochschulunterricht und (langfristige) Ausbildungsmaßnahmen werden berufliche Fortbildungsmaßnahmen häufig an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt und betreffen regelmäßig auch kürzere Maßnahmen (z. B. Halbtags- oder Tagesseminare). Soweit diese Bildungsmaßnahmen unter den weiteren Bedingungen als steuerfreie Leistungen ausgeführt werden, verlieren die Anbieter den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen, sodass Umsatzsteuerbeträge aus den Vorstufen in die Bildungspreise einfließen. Darüber hinaus können sich weitere Probleme für Bildungsanbieter ergeben, die bisher steuerpflichtige, vorsteuerabzugsberechtigende Leistungen ausführen: Für Investitionen der Vorjahre könnte sich eine Vorsteuerberichtigung ergeben und – soweit die unternehmerische Betätigung in angemieteten Räumlichkeiten betreiben wird – könnte ggf. der Vermieter das Recht auf Option für die Vermietungsleistung verlieren. Für Mietobjekte, bei denen mit dem Bau ab dem 11.11.1993 begonnen wurde, setzt die Option (Verzicht auf die Steuerbefreiung für den Vermietungsumsatz) voraus, dass der Mieter die Räumlichkeiten für vorsteuerabzugsberechtigende Ausgangsleistungen verwendet, § 9 Abs. 2 i. V. m. § 27 Abs. 2 UStG.
Den Vorgaben des Unionsrechts folgend fallen auch steuerbare Bildungsleistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, erbracht werden, unter die Steuerbefreiung. Zu den Einrichtungen des öffentlichen Rechts i. S. d: § 4 Nr. 21 Satz 1 UStG, die mit den vorgenannten Bildungsaufgaben betraut sind, gehören insbesondere in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betriebene allgemeinbildende oder berufsbildende Schulen und staatliche Hochschulen i. S. d. § 1 Hochschulrahmengesetz.
Des Weiteren ist der Umfang der begünstigten Leistungen von bisher "Leistungen, die auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten" auf "Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen" ausgedehnt worden.
Wichtig: Die Änderungen haben insbesondere Auswirkungen auf den Bereich der Fortbildung (die häufig an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt wird), die bisher regelmäßig nicht steuerfrei ausgeführt wurde. Jetzt wird dies – seit dem 1.1.2025 – zwingend steuerfrei sein, wenn die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorliegt, wobei teilweise unklar ist, welche dies bei beruflicher Fortbildung z. B. im medizinischen Bereich oder im steuerrechtlichen Bereich ist. Dabei ist zu beachten, dass – auch schon nach der bisherigen Rechtsauffassung – die Bescheinigung nicht nur durch den Unternehmer beantragt werden kann (dann würde dies ein mittelbares Wahlrecht darstellen, das unionsrechtlich in diesem Bereich nicht zulässig wäre), sondern auch durch die Finanzverwaltung oder auch durch Konkurrenten. Auch könnte eine solche Bescheinigung rückwirkend (z. B. von der Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung) beantragt werden.
Ferner erfolgte ergänzend in § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. c UStG die Umsetzung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL in nationales Recht. Danach befreien die Mitgliedstaaten den "von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht" von der Umsatzsteuer. Da nach der Rechtsprechung des EuGH die Befreiungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL kein gemeinsames System von Befreiungen bilden, ist die Befreiungsnorm nach Art. 132 Abs. Buchst. j in einer eigenständigen nationalen Rechtsvorschrift umgesetzt worden.
Tipp: Der Begriff des Privatlehrers nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL und somit auch nach § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. b UStG erfasst nur natürliche Personen (vgl. auch EuGH, Urteil v. 14.6.2007, C-445/05, BFH/NV Beilage 2007 S. 394).
Abschließend ist ein Anwendungsvorrang in § 4 Nr. 21 Satz 2 UStG geregelt worden. Danach sind Bildungsleistungen im Rahmen von Eingliederungsleistungen nach dem SGB II, Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach SGB IX nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 15b und Nr. 15c UStG umsatzsteuerfrei.
Das neue BMF-Schreiben
Die Finanzverwaltung ändert mit dem neuen BMF-Schreiben v. 24.10.2025 umfassend die Abschn. 4.21.1 – 4.21.8 UStAE und führt dabei neue Regelungen ein.
Die Verwaltungsanweisung des BMF ist in 3 Teile untergliedert. In einem ersten – kurzen – Teil verweist das BMF auf die Gesetzesänderung zum 1.1.2025 durch das Jahressteuergesetz 2024. In einem zweiten Teil werden Hinweise auf die Rechtsprechung aufgenommen, die teilweise mehr als 17 Jahre zurückliegt. Diese Urteile sollen gleichzeitig zum BMF-Schreiben im BStBl Teil II veröffentlicht werden. Insgesamt handelt es sich um mehr als 10 Urteile, deren Anwendung dann auch teilweise für die Zukunft (nach Ablauf der Nichtbeanstandungsregelungen) wieder eingeschränkt wird. Im dritten – umfangreichen – Teil ändert die Finanzverwaltung den UStAE, insbesondere die Abschn. 4.21.1 ff. UStAE, gewährt aber eine umfassende Nichtbeanstandungsregelung.
Tipp: Grundsätzlich sind die neuen Regelungen für Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 ausgeführt worden sind. Da es sich bei Bildungsmaßnahmen aber zum Teil um langfristige Maßnahmen handelt, die oftmals auch einen nicht unerheblichen planerischen Vorlauf haben, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, dass für Leistungen, die vor dem 1.1.2028 ausgeführt werden, noch die bisherigen Regelungen angewendet werden.
Anwendung der Rechtsprechung
Im ersten Teil des Schreibens werden diverse Urteile von EuGH und BFH zur Veröffentlichung im BStBl und damit zur allgemeinen Anwendung freigegeben. Dies sind zum Teil Grundlagenurteile, die den Rahmen der Abgrenzung zwischen Schul- und Hochschulunterricht auf der einen Seite und der Ausbildung, Fortbildung und Umschulung auf der anderen Seite vorgeben.
Wichtig: Die vom BMF nunmehr amtlich veröffentlichten Urteile sind aber aufgrund zwischenzeitlich eingetretener gesetzlicher Änderungen nur noch teilweise nach den heutigen Grundsätzen anzuwenden. So sind ältere Urteile nur auf Umsätze anzuwenden, die bis zum 31.3.1999 (!) erbracht wurden. Ob es Sinn macht, diese Urteile im Jahr 2025 amtlich zu veröffentlichen, wenn sie nur bis 1999 angewendet werden konnten, kann bezweifelt werden.
Zum Teil handelt es sich auch um in der Vergangenheit entschiedene Einzelfälle, deren Anwendungsbereich dann über die Anwendungsregelungen wieder eingeschränkt wird. So können sich als steuerfreie Bildungsleistungen ergeben:
- Umsätze einer GmbH aus der Durchführung von Kursen mit dem Gegenstand "Sofortmaßnahmen am Unfallort" (BFH, Urteil v. 10.1.2008, V R 52/06, BFH/NV 2008 S. 725).
- Supervisionsleistungen (BFH, Urteil v. 20.3.2014, V R 3/13, BFH/NV 2014 S. 1175 zu Supervisionsleistungen als Privatlehrer; BFH, Urteil v. 22.6.2022, XI R 32/21, BFH/NV 2023 S. 243 zu Supervisionsleistungen als Fort- und Ausbildung).
- Von Privatlehrern erteilter Schwimmunterricht (BFH, Urteil v. 5.6.2014, V R 19/13, BFH/NV 2014 S. 1687). Die Steuerbefreiung kann aber im Rahmen der Nichtbeanstandungsregelung des BMF nur bis 31.12.2027 angewendet werden, soweit die ausgeführten Leistungen gegen die vom BFH aktualisierte Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 16.12.2021, V R 31/21, BFH/NV 2022 S. 572) verstoßen. Steuerfrei kann damit nach Ablauf der Nichtbeanstandungsregelung nur Schwimmunterricht erteilt werden, der einen engen Bezug zu einem Beruf oder Gewerbe hat (im Rahmen von Aus- oder Fortbildung).
- Vorträge und Führungen eines Dozenten für den Besucherdienst des Deutschen Bundestags (BFH, Urteil v. 10.8.2016, V R 38/15, BFH/NV 2016 S. 1864). Die Steuerbefreiung kann aber im Rahmen der Nichtbeanstandungsregelung des BMF nur bis 31.12.2027 angewendet werden, soweit die ausgeführten Leistungen gegen die vom BFH aktualisierte Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 15.2.2022, XI R 30/21, BFH/NV 2022 S. 892 zum Gästeführer in einem Museum. Eine Steuerbefreiung kann sich nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG ergeben) verstoßen. Es wird aber – bis 31.12.2027 – auch nicht beanstandet, dass diese Leistung bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung steuerpflichtig ausgeführt wird.
- Ortskundeprüfung für angehende Taxifahrer (BFH, Urteil v. 30.6.2022, V R 32/21, BFH/NV 2023 S. 108).
Nicht als steuerfreie Bildungsleistungen wurden von der Rechtsprechung bisher die folgenden Sachverhalte beurteilt:
- Leistungen eines Rechtsanwalts im Rahmen des Lotsendienstes für Gründungswillige (BFH, Urteil v. 29.3.2017, XI R 6/16, BFH/NV 2017 S. 1145).
- Die Tätigkeit eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers stellt keinen Schul- oder Hochschulunterricht dar (BFH, Urteil v. 15.12.2021, XI R 3/20, BFH/NV 2022 S. 1010), kann aber unter den weiteren Voraussetzungen als Erziehung von Kindern und Jugendlichen steuerfrei sein (BFH, Urteil v. 30.4.2025, XI R 5/24, BFH/NV 2025 S. 1429).
- Unterricht im Pferdesport ist kein Schul- oder Hochschulunterricht, kann aber unter bestimmten Voraussetzungen als Ausbildung steuerfrei sein (BFH, Urteil v. 22.1.2025, XI R 9/22, BFH/NV 2025 S. 1118).
Hinweis: Nicht von der Finanzverwaltung in die Aufzählung der Urteile mit aufgenommen, aber ebenfalls vom BFH nicht als steuerfreier Unterricht eingeordnet, wurde die Erteilung von Flugunterricht zur Erlangung einer Privatpilotenlizenz (BFH, Urteil v. 13.11.2024, XI R 31/22, BFH/NV 2025 S. 494).
Änderungen des UStAE
Die Finanzverwaltung strukturiert die Anweisungen im UStAE umfassend neu und fügt neue Abschnitte hinzu:
Unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
Das BMF nimmt ausführlich zu den Leistungen, die dem Schul- und Bildungszweck dienen, in Abschn. 4.21.1 UStAE Stellung. Dies wird unterteilt in die Leistungen des Schul- und Hochschulunterrichts (Abschn. 4.21.1 Abs. 3 - Abs. 7 UStAE), Aus- und Fortbildung und Umschulung (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 - Abs. 14 UStAE) sowie die mit diesen Leistungen eng verbundenen Leistungen (Abschn. 4.21.1 Abs. 15 - Abs. 18 UStAE).
Wichtig: Im Zusammenhang mit Bildungsleistungen, die neben einer Präsenzveranstaltung oder einem Live-Streaming noch zusätzlich ohne gesondertes Entgelt als Aufzeichnung bereitgestellt werden, stellt das BMF fest, dass es sich um eine Nebenleistung zur Bildungsleistung handelt. Dies ist eine erfreulich klare Aussage im Vergleich zu den in einem vor kurzem ergangenen Schreiben (BMF, Schreiben v. 8.8.2025, BStBl 2025 II S. 1637) zu den Online-Veranstaltungen sehr unpräzisen Aussagen. Lehrgänge und Streaming-Angebote, die nach dem Fernunterrichtsgesetz zugelassen sind, sind danach Bildungsleistungen.
Zum Schul- und Hochschulunterricht nimmt die Finanzverwaltung die Abgrenzungsgrundsätze aus der Rechtsprechung auf (s. o.). Zu den Leistungen der Ausbildung, Fortbildung und der beruflichen Umschulung wird unter Bezug auf Art. 44 Satz 1 MwStSystRL-DVO hervorgehoben, dass entweder ein direkter Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf vorliegen muss oder es sich um eine Schulungsmaßnahme handeln muss, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient (Abschn. 4.21.1 Abs. 8 UStAE). Daher fallen auch Schulungsmaßnahmen unter die Steuerbefreiung, die lediglich einen mittelbaren Bezug zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit aufweisen (z. B. Leistungen der allgemeinen Qualifikation wie IT-Schulungen, Computer-, Sprach- und Kommunikationskurse, Abschn. 4.21.1 Abs. 12 Satz 2 UStAE).
Tipp: Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder der beruflichen Umschulung ist für eine eventuelle Steuerbefreiung unerheblich. Eine steuerfreie berufsbildende Leistung kann somit auch im Rahmen von Tagesveranstaltungen oder Vortragsreihen erfolgen (Abschn. 4.21.1 Abs. 13 Satz 2 UStAE).
Auch Leistungen, die die Aufnahme an einer (Hoch-)Schule oder Fach(hoch-)schule ermöglichen, sind als Ausbildungsleistungen anzusehen. Das BMF nennt hier exemplarisch Musikunterricht (Instrumental- und Vokalunterricht), Unterricht im künstlerischen Bühnentanz oder Unterricht in darstellender und bildender Kunst. Dies gilt für Musikunterricht als auch für Kurse der tänzerischen Früherziehung, Kindertanzen und klassischen Ballettunterricht für Kinder ab 3 Jahren.
Auch eng mit den begünstigten Bildungsleistungen verbundene eigenständige Leistungen unterliegen der Steuerbefreiung. Sie müssen wie die Bildungsleistung von einer in § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a UStG genannten Einrichtung erbracht werden und für die Ausübung der Bildungsleistung unerlässlich sein. Zu solchen eng verbundenen Umsätzen gehören (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 16 UStAE):
- Inhaltlich den Unterricht ergänzendes Lehr-, Lern- oder Verbrauchsmaterial, soweit es sich nicht um eine Nebenleistung handelt,
- entgeltliche Gestellung eines Lehrers an eine andere Lehreinrichtung (vgl. EuGH, Urteil v. 14.6.2007, C-434/05, BFH/NV Beilage 2007 S. 389),
- Restaurations- und Unterhaltungsleistungen, die der Ausbildung von Studenten dienen und die für einen eingeschränkten Nutzerkreis und zu nicht kostendeckenden Preisen erbracht werden (vgl. EuGH, Urteil v. 4.5.2017, C-699/15, BFH/NV 2017 S. 1005),
- Leistungen von Schülerfirmen und Schülergenossenschaften bei Integration in Schulen.
Keine eng verbundenen Umsätze sind danach (vgl. Abschn. 4.21.1 Abs. 17 UStAE):
- Entgeltliche Forschungstätigkeit von Hochschulen (vgl. EuGH, Urteil v. 20.6.2002, C-287/00, BFH/NV Beilage 2002 S. 135).
- entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Teilnehmende sowie Unterbringung der Teilnehmenden (BFH, Urteil v. 17.3.1981, VIII R 149/76, BStBl 1981 II S. 746).
Tipp: Die Verpflegung mit kalten oder kleinen Gerichten im Seminarraum, wie z. B. bei Kaffeepausen, kann hingegen als eng verbundener Umsatz angesehen werden (BFH, Urteil v. 7.10.2010, V R 12/10, BStBl 2011 II S. 303). Soweit es sich um Leistungen im Zusammenhang mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen handelt, kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 Satz 1 Buchst. c UStG vorliegen.
Nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen
Abschn. 4.21.2 UStAE stellt Hinweise zu den nicht dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen dar. Insbesondere werden Veranstaltungen aufgeführt, die von ihrer Zielsetzung auf reine Freizeitgestaltung ausgerichtet sind (z. B. animierte Tanzabende, "Töpferkurse", Fertigstellung von Adventskränzen). Ob die erbrachte Unterrichtsleistung den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung hat, kann nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.
Tipp: Keine Freizeitaktivität liegt vor, wenn sich Schulungsangebote an Personen richten, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, z. B. Kurse zur Ausbildung von Schöffen oder Übungsleitern. Leistungen, die darauf ausgerichtet sind, gemeinsam mit anderen Sport zu treiben, sind aber kein begünstigter Unterricht (BFH, Beschluss v. 25.10.2018, XI B 57/18, BFH/NV 2019 S. 130).
Ergänzungsschulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen
Zu den anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen gehören u. a. Fernlehrinstitute, Fahrlehrerausbildungsstätten, Heilpraktikerschulen sowie Einrichtungen, die Nachhilfeunterricht für Schüler oder Repetitorien für Studenten erteilen. Es ist nicht erforderlich, dass die Bildungseinrichtung ausschließlich Bildungsleistungen erbringt.
Wichtig: Keine Bildungseinrichtung sind z. B. Hersteller- oder Vertriebsunternehmen, die lediglich den Absatz ihrer Produkte durch entsprechende (Produkt-)Schulungen beim Kunden fördern (u. a. Einweisungen zu Software und Maschinen); dahingegen können Unternehmer, die Schulungen z. B. von herstellerübergreifender Software anbieten, insoweit zu den begünstigten Bildungseinrichtungen gehören (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 UStAE).
Hinweis: Branchenspezifische Hinweise und Abgrenzungen nimmt die Finanzverwaltung zu Integrations- und Berufssprachkursen, Integrationsfachdiensten sowie sehr ausführlich zu Fahrschulen vor. Musikschulen, künstlerische Bühnentanzschulen und Schulen für darstellende oder bildende Künste, deren Leistungen eine Aufnahme an einer (Hoch-)Schule oder Fach(hoch-)schule ermöglichen, werden als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt, ebenso Einrichtungen der Unterrichtslehre, Pädagogik und Lernpsychologie.
Erteilung von Unterricht durch selbstständige Lehrer an Schulen und Hochschulen
In Abschn. 4.21.6 UStAE fasst die Finanzverwaltung die Hinweise für die selbstständigen Lehrer zusammen.
Hinweis: § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. b UStG gilt für Personen, die als freie Mitarbeiter an Schulen, Hochschulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen (z. B. Volkshochschulen, Industrie- und Handwerkskammern oder Handelskammern) Unterricht erteilen. Auf die Rechtsform des Unternehmers kommt es in diesem Fall nicht an. Davon abzugrenzen sind die "Privatlehrer" nach § 4 Nr. 21Satz 1 Buchst. c UStG (s. o.).
Die selbstständigen Lehrer i. S. der Vorschrift benötigen keine eigenständige Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, sie müssen nur nachweisen, dass sie gegenüber einer begünstigten Einrichtung nach § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a UStG ihre Leistung erbringen. Dieser Nachweis ist durch eine Bestätigung der Bildungseinrichtung (zum Inhalt der Bestätigung vgl. Abschn. 4.21.6 Abs. 4 UStAE) zu führen, aus der sich ergibt, dass diese die Begünstigungsvoraussetzungen erfüllt und die Unterrichtsleistung im begünstigten Bereich der Einrichtung erfolgt. Bei Leistungen gegenüber Hochschulen, Einrichtungen des öffentlichen Rechts sowie genehmigten Ersatzschulen wird auf die Bestätigung verzichtet (Abschn. 4.21.6 Abs. 3 Satz 4 UStAE).
Bescheinigungsverfahren
In Abschn. 4.21.7 UStAE werden die Hinweise zum Bescheinigungsverfahren zusammengestellt. Aus der Bescheinigung muss sich ergeben, dass der Unternehmer mit der bescheinigten Leistung Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringt. Die zuständige Landesbehörde befindet darüber, ob, mit welchen Leistungen und für welchen Zeitraum die Bildungseinrichtung Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringt. Hierfür prüft die zuständige Landesbehörde z. B. die objektive Eignung der eingesetzten Lehrkräfte, des Lehrplans, der Lehrmethode oder des Lehrmaterials. Die Feststellung zur Art der bescheinigten Leistung bindet die Finanzverwaltung. Die Bescheinigung ist ein Grundlagenbescheid, § 171 Abs. 10 i. V. m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Übrigen vorliegen, entscheidet das Finanzamt in eigener Zuständigkeit.
Hinweis: Keine Hinweise enthält der UStAE, welches im Einzelfall die zuständige Landesbehörde ist. Dies muss nicht immer die für Schulwesen zuständige Behörde sein, es kann auch z. B. die für die Arbeitsverwaltung zuständige Landesbehörde sein.
Werden Leistungen erbracht, die verschiedenartigen Bildungszwecken dienen, ist es ausreichend, wenn die verschiedenen Bildungsmaßnahmen in einer Bescheinigung einzeln benannt werden. Neu mit aufgenommen in die Verwaltungsanweisungen sind ausführliche Hinweise zur Bescheinigung bei Kooperationsverträgen nach dem Pflegeberufegesetz, der Hebammenausbildung und bei Helfer- und Assistenzausbildung. Hier ist es regelmäßig ausreichend, wenn der Träger der Ausbildung eine Bescheinigung besitzt (Abschn. 4.21.7 Abs. 7 UStAE).
Wichtig: Keine unmittelbaren Hinweise sind im UStAE (mehr) aufgenommen, wer die Bescheinigung beantragen kann. Während noch in der bis 31.12.2024 geltenden Fassung (Abschn. 4.21.5 Abs. 2 UStAE in der bis 31.12.2024 geltenden Fassung) enthalten war, dass die Landesbehörde auch von Amts wegen einzuschalten war und dass die Bescheinigung bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend zu erteilen ist, sind bei den Bildungsleistungen im UStAE keine entsprechenden Hinweise mehr enthalten. Allerdings ist in den Anwendungsregelungen des BMF-Schreibens – die nicht in den UStAE aufgenommen werden – angegeben, dass die Finanzbehörde bei Nichtvorlage der Bescheinigung durch den Unternehmer bei der zuständigen Landesbehörde eine Prüfung der Voraussetzungen zur Erteilung der Bescheinigung anregen und um Erteilung einer solchen Bescheinigung bitten kann; vgl. dazu auch unten die "Konsequenzen für die Praxis".
Privatlehrer
In Abschn. 4.21.8 UStAE nimmt die Finanzverwaltung Hinweise zu der zum 1.1.2025 neu gesetzlich geregelten Steuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht auf, der von Privatlehrern erteilt wird (§ 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. c UStG).
Hinweis: Der Privatlehrer muss die Unterrichtsleistungen in eigener Person, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erbringen (vgl. BFH, Urteil v. 27.9.2007, V R 75/03, BStBl 2008 II S. 323). Der Begriff des Privatlehrers umfasst nur natürliche Personen.
Ein Privatlehrer gestaltet und organisiert selbst die Unterrichtseinheiten, z. B. als Nachhilfelehrer oder als Musiklehrer. Der Unterricht muss auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Schülers oder Studenten ausgerichtet sein, kann aber auch gleichzeitig gegenüber mehreren Teilnehmenden erbracht werden. Dass der Unterricht privat erteilt wird, setzt keine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen den Schülern oder Studenten und dem Privatlehrer voraus. Eine Vertragsbeziehung des Privatlehrers kann auch mit anderen Personen, etwa mit den Eltern der Schüler und Studenten oder mit anderen Auftraggebern, bestehen.
Tipp: Kein Privatlehrer ist ein Unternehmer, der als selbständiger Lehrer Bildungsleistungen im Rahmen von Verträgen mit Bildungseinrichtungen an diese Einrichtungen erbringt. Diese Leistungen können nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfrei sein.
Ein Privatlehrer ist objektiv geeignet, Schul- und Hochschulunterricht zu erbringen, wenn dieser über fachliche und pädagogische Qualifikationen verfügt. Diese können durch ein Studium, eine Ausbildung, einen Berufsabschluss sowie durch nachweisbar langjährige Erfahrung, persönliches Engagement oder spezifische Lebenserfahrungen erworben worden sein. Ein Privatlehrer braucht keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde für die Steuerfreiheit seiner Leistungen.
Hinweis: Keine Eigenschaft als Privatlehrer liegt vor, wenn das Unternehmen organisatorische Strukturen aufweist, die denen eines Schulbetriebs ähnlich sind (Personal und Sachmittel, Unterrichtsräume, fortlaufende Lehrveranstaltungen). In diesem Fall müssen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a UStG erfüllt sein (s. o.).
Anwendungsregelungen
Die Grundsätze sind auf alle Leistungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 ausgeführt sind. Im Rahmen einer Nichtbeanstandungsregelung wird es für Leistungen, die vor dem 1.1.2028 ausgeführt werden, nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Umsätze noch nach den bis 31.12.2024 geltenden Regelungen steuerfrei bzw. steuerpflichtig behandelt. Dies bedeutet insbesondere, dass Fortbildungsleistungen bis zum 31.12.2027 steuerpflichtig ausgeführt werden können, wenn der Unternehmer dies möchte. Damit besteht auch bei langfristigen Verträgen eine ausreichende Anpassungszeit.
Vor dem 1.1.2025 ausgestellte Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde werden bis zum Ablauf des jeweiligen Gültigkeitszeitraums weiterhin anerkannt, auch Bescheinigungen, die bis 31.12.2025 noch mit dem Wortlaut der Altfassung des Gesetzes ausgestellt werden, werden als Nachweis anerkannt.
Darüber hinaus werden die unter zur Veröffentlichung im BStBl genannten Urteile in allen offenen Fällen angewendet. Für Leistungen, die bis zum 31.12.2027 erbracht werden, wird es aber nicht beanstandet, wenn die Leistungen dem entgegen steuerpflichtig bzw. steuerfrei ausgeführt werden. Teilweise wird aber die Anwendung der Rechtsprechung zeitlich beschränkt (s. o.).
Konsequenzen für die Praxis
Bei dem Schreiben des BMF handelt es sich um die endgültige Fassung eines Entwurfs, den die Finanzverwaltung schon im Januar 2025 u. a. Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet hatte. Positiv ist hervorzuheben, dass die Finanzverwaltung die Nichtbeanstandungsregelung aufgrund der auch vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) eingereichten umfangreichen Stellungnahme und erhobenen Forderung nach einer deutlich ausgeweiteten Übergangsregelung bis Ende 2027 festgelegt hat.
Auswirkungen in der Fortbildungsbranche
Diese Frist ist – insbesondere in der Fortbildungsbranche – auch notwendig, um die Prozesse anzupassen. Das Entgegenkommen der Finanzverwaltung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der durch das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedeten Gesetzesänderung um eine denkbar schlechte und den (wahrscheinlichen) Zielen des Gesetzgebers zuwiderlaufende Regelung handelt. Diesen grundsätzlichen Mangel kann auch die Finanzverwaltung nicht heilen.
In Zeiten des stetigen Wandels ist berufliche Fortbildung notwendiger denn je. Es kann deshalb kaum Ziel der Politik sein, die berufliche Fortbildung im Ergebnis zu verteuern und erhebliche bürokratische Hürden aufzubauen. Leider hatte sich schon bei der Beratung des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag, bei der die jetzt verabschiedete Gesetzesfassung gegen den einheitlichen Rat aller beteiligter Experten angenommen wurde, abgezeichnet, dass es an einem Grundverständnis für die Zusammenhänge im Umsatzsteuerrecht mangelt: Eine Steuerbefreiung im Umsatzsteuerrecht ist per se keine "Begünstigung", sondern kann im Zusammenspiel mit Vorsteuerabzug und vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfängern im Ergebnis zu einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil führen.
Berufliche Fortbildung unterliegt in der Praxis völlig anderen Kriterien als Ausbildung und Umschulung. Während Ausbildungs- und Umschulungsleistungen häufig gegenüber Nichtunternehmern ausgeführt werden und meist längere Maßnahmen betreffen, die auch regelmäßig in gleicher Art ausgeführt werden, ist berufliche Fortbildung durch oftmals kleine Einheiten (z. B. ein Halbtagesseminar) gekennzeichnet, die an die individuellen Bedürfnisse eines Leistungsempfängers angepasst sind und erfahrungsgemäß gegenüber den Unternehmern/Arbeitgebern ausgeführt werden. Da in der überwiegenden Zahl der Leistungsempfänger Vorsteuerabzugsberechtigung vorliegen wird (Ausnahmen bestehen hier allerdings insbesondere im Gesundheitswesen, dem Finanzdienstleistungsbereich sowie der Immobilienwirtschaft), ist eine bei der Fortbildung entstehende Umsatzsteuer beim Leistungsempfänger kostenneutral. Eine Verteuerung ergibt sich dann aufgrund der bei dem Bildungsanbieter nicht mehr vorhandenen Vorsteuerabzugsberechtigung für seine Eingangsleistungen.
Es kann vielleicht die (schwache) Hoffnung bestehen, dass die lange Nichtbeanstandungsregelung von der neuen Bundesregierung genutzt wird, die Regelung nochmals zu überdenken. Die ursprünglich im Jahressteuergesetz 2024 geplante Regelung, dass Fortbildung dann zu einem steuerfreien Umsatz führt, wenn der Bildungsträger kein Gewinnstreben hat, hätte zu einem deutlich besseren Ergebnis geführt.
Auch der Bundesrat steht der derzeitigen Regelung offensichtlich kritisch gegenüber. In der Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung (BR Drs. 361/1/25 (neu)) hat er auf die durch die Neuregelung teilweise eintretende Verteuerung der Berufsfortbildung und die dadurch der Intention auch des Unionsrechtsgebers widersprechenden Konsequenzen hingewiesen. Er regt deshalb an, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine Änderung der MwStSystRL einsetzen solle, um für diese Fälle ein Optionsrecht zur Steuerpflicht für den Unternehmer vorzusehen, was nach dem derzeitigen Stand gegen die unionsrechtlichen Vorgaben verstoßen würde. Die Idee mag zwar gut sein, innerhalb der Nichtbeanstandungsfrist bis Ende 2027 wird dies aber kaum realisierbar sein.
Anpassung an geänderte Rechtsprechung
Inhaltlich überarbeitet die Finanzverwaltung die Anweisungen und passt sie an die geänderte Rechtsprechung – insbesondere des EuGH zu den Anforderungen an "Schul- und Hochschulunterricht" – an. Ob dies allerdings durchgehend gelungen ist und hier nicht auch gesellschaftspolitische Wunschbilder mit in die Abgrenzungen eingeflossen sind, kann diskutiert werden.
Die Finanzverwaltung möchte hier offensichtlich – wohl auch vor dem Hintergrund politischer Willensbekundungen und eines ggf. vorhandenen medialen Drucks – in Einzelbereichen eine von den rein rechtlichen Vorgaben des Umsatzsteuerrechts nicht gedeckte Differenzierung in "gewünschte" und "weniger gewünschte" Bildungsleistungen vornehmen. Die mehrfache Hervorhebung des Musikunterrichts, des künstlerischen Bühnentanzes und des Unterrichts in darstellender und bildender Kunst (z. B. Abschn. 4.21.1 Abs. 11 UStAE; Abschn. 4.21.5 Abs. 7 UStAE) mag gesellschaftspolitisch gewollt und auch allgemein zu begrüßen sein. Es stellt sich aber doch die Frage, ob ein Musikschulunterricht an Kinder ab 3 Jahren grds. als ein begünstigter Unterricht im Rahmen der Vorbereitung auf eine Aufnahmeprüfung an einer Hochschule bzw. Fachhochschule angesehen werden kann. Dies wird dadurch noch verstärkt, dass in diesem Zusammenhang jegliche persönliche Intention unbeachtlich sein soll (Abschn. 4.21.1 Abs. 11 Satz 5 UStAE).
Bescheinigungsverfahren
Derzeit wird in der politischen und wirtschaftspolitischen Diskussion der Bürokratieabbau als eine der notwendigsten Maßnahmen beschworen. Es ist deshalb befremdlich, dass politisch kaum widersprochen in diesem Zusammenhang geradezu ein "Bürokratiemonster" in der Fortbildung – die eben auch kleinste Fortbildungseinheiten betreffen kann – etabliert wird. Neben dem sowohl bei der zuständigen Landesbehörde entstehenden erheblichen Arbeitsaufwand, entsteht auch bei der Bildungseinrichtung erheblicher Mehraufwand.
Dazu kommt, dass Ausbildungsmaßnahmen in aller Regel in der Praxis langfristig geplant werden, berufliche Fortbildung häufig auch kurzfristig angefordert und umgesetzt wird, sodass innerhalb dieser Zeit kaum eine entsprechende Bescheinigung eingeholt werden kann.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Bescheinigungen gebührenpflichtig sind – es stellt sich dann schon die Frage, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, eine Verwaltungsgebühr im dreistelligen Euro-Bereich für ein Halbtagesseminar zu entrichten.
Unklar bleibt die Finanzverwaltung in der Frage der Beantragung der Bescheinigung. Während in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung des UStAE klar dargestellt wurde, dass die Bescheinigung auch von der Finanzverwaltung beantragt werden kann – dies würde auch rückwirkend möglich sein –, ist jetzt zu den Bildungsleistungen im UStAE keine Aussage mehr enthalten. In den "Anwendungsregelungen" ( Rz. 7 des BMF-Schreibens v. 24.10.2025)– die aber nicht in den UStAE aufgenommen werden – wird festgestellt, dass es der Finanzverwaltung obliegt, bei begründeter Annahme des Vorliegens einer begünstigten Bildungsleistung eine Prüfung der Erteilung einer Bescheinigung "anzuregen und um Erteilung einer solchen zu bitten".
An dieser Stelle offenbart sich das vom Gesetzgeber verursachte Dilemma: Die Steuerbefreiung ist eben teilweise nachteilig – diesen Nachteil von einer durch den Unternehmer zu beantragenden Bescheinigung abhängig zu machen, ist widersinnig. Um ein – auch unionsrechtswidriges – mittelbares Wahlrecht für den Unternehmer zu vermeiden, muss es dem Grunde nach auch für die Finanzverwaltung möglich sein, gegen den Willen des Unternehmers diese Bescheinigung (auch mit Wirkung für die Vergangenheit) zu beantragen. Offensichtlich muss sich die Praxis nun aber auch mit rechtlich kaum deutbaren Begriffen "Anregung" und "Bitte" im Verwaltungshandeln auseinandersetzen.
Sollte die Finanzverwaltung tatsächlich im Einzelfall die Ausstellung einer solchen Bescheinigung "anregen", stellen sich Folgefragen: Die Finanzverwaltung wird kaum über die notwendigen Detailinformationen verfügen, die regelmäßig für die Bearbeitung eines entsprechenden Antrags notwendig sind. In dem Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung werden neben inhaltlichen Fragen zur Fortbildungsveranstaltung regelmäßig auch Fragen zur persönlichen Qualifikation des leistenden Unternehmers gestellt. Eine Mitwirkung des Unternehmers kann aber wohl nicht erzwungen werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer in diesen Fällen die Verwaltungsgebühr für eine vom Unternehmer weder gewollte noch beantragte Bescheinigung tragen soll.
Regelungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes
Kaum Hinweise sind in den Verwaltungsanweisungen zu einem weiteren Problem enthalten, das derzeit im Bildungsbereich diskutiert wird: Der BGH hat entschieden, dass die Regelungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes nicht nur für Leistungen gegenüber Endverbrauchern anzuwenden sind, sondern auch bei Leistungen gegenüber Unternehmern (BGH, Urteil v. 12.6.2025, III Z R 109/24).
Da die Regelungen zur "Lernkontrolle" vom BGB weit ausgelegt werden, kann auch schon bei Online-Angeboten eine zulassungspflichtige Leistung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz vorliegen. Es soll schon genügen, dass der Lernende dem Lehrenden Fragen stellen kann, sodass dieser Rückschlüsse auf den Lernstand ziehen kann. Bei einem Verstoß gegen diese Regelungen ist der zugrunde liegende Vertrag nichtig, es kann darüber hinaus auch ein Bußgeld verhängt werden. Da die Regelungen des Fernunterrichtschutzgesetzes nicht auf die derzeitigen Bedingungen auch der modernen Wissensvermittlung ausgerichtet sind, wird hier eine gesetzliche Anpassung gefordert.
Im Ergebnis ist die Anpassung des § 4 Nr. 21 UStG eine schlechte gesetzliche Regelung, für die die Finanzverwaltung der Praxis ein wenig Zeit zur Anpassung verschafft hat. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten – insbesondere ob der politische Wille vorhanden ist, hier zu einer Verbesserung zu kommen.
BMF, Schreiben v. 24.10.2025, III C 3 - S 7179/00054/001/094
-
Geänderte Nutzungsdauer von Computerhardware und Software
8.6445
-
0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte
4.930
-
Steuerbonus für energetische Baumaßnahmen
2.3166
-
Umsatzsteuerliche Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen ab 2023
2.141
-
Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung
1.524
-
2. Voraussetzungen der Sonderabschreibung
1.201
-
1. Neuregelungen ab 2023 und BMF-Schreiben
1.094
-
Steuerbefreiung von Bildungsleistungen
919
-
Bis 1.4.2025 keine Sanktionen für verspätete Offenlegung
870
-
Anhebung der Betriebsausgabenpauschale
8672
-
Anwendungsfragen zum Investmentsteuergesetz
11.12.2025
-
Auslandsreisepauschalen ab dem 1.1.2026
10.12.2025
-
Fragen und Antworten zum Datenaustausch im Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2026
10.12.2025
-
Umsatzsteuer bei der Verwaltung unselbstständiger Stiftungen
10.12.2025
-
Bewertung von Tieren in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
09.12.2025
-
Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der vom Ukraine-Krieg Geschädigten
09.12.2025
-
Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine
09.12.2025
-
Grundsteuer in den verschiedenen Bundesländern
08.12.2025
-
AfA von Gebäuden nach der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
03.12.2025
-
Umsatzsteuersatz für Umsätze mit Sammlermünzen
03.12.2025