Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unmittelbar beim BFH

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung unmittelbar beim BFH ist auch dann zulässig, wenn das FG den diesbezüglich bei ihm gestellten Antrag bereits abgelehnt und die Beschwerde gegen seinen Beschluß nicht nach Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG zugelassen hat.

2. Der Antrag, den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß des FG aufzuheben und die Aussetzung der Vollziehung zu bewilligen, ist als unmittelbar beim BFH gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung anzusehen, wenn nach der hilfsweise beantragten Verweisung des Antragsverfahrens an den BFH, das FG dem BFH den Antrag auf Aufhebung des ablehnenden Aussetzungsbeschlusses vorgelegt hat.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.01.1984; Aktenzeichen 1 BvR 1354/83)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Gewinn, den der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) durch den Verkauf einer Omnibuslinie erzielt hat, ein nach § 16 Abs.1 Nr.1 und Abs.3, § 34 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigter Gewinn aus der Veräußerung eines Teilbetriebes ist.

Das Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 17.September 1982 die Klage abgewiesen und mit Beschluß vom 8.Oktober 1982 einen Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Die Beschwerde gegen diesen Beschluß hat das FG nicht zugelassen.

Mit Schriftsatz vom 21.Oktober 1982 hat der Kläger Revision gegen das klagabweisende Urteil eingelegt. Zusätzlich hat er mit Schriftsatz vom 22.Oktober 1982 beim FG beantragt, den die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluß aufzuheben und die Aussetzung der Vollziehung zu bewilligen. Vorsorglich hat der Kläger beantragt, die Beschwerde gegen den zu erwartenden ablehnenden Beschluß nach Art.1 Nr.3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) zuzulassen.

Schließlich hat der Kläger im Hinblick auf die Revisionseinlegung hilfsweise beantragt, die Sache an den Bundesfinanzhof (BFH) zu verweisen. Das FG hat daraufhin mit Beschluß vom 30.November 1982 das Antragsverfahren an den BFH verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat deutet den ihm vorgelegten Antrag auf Aufhebung des ablehnenden Aussetzungsbeschlusses als unmittelbar beim BFH nach § 69 Abs.3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diese Auslegung entspricht dem Interesse des Klägers, der ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides aus der von ihm im Hinblick auf die Revisionseinlegung behaupteten formellen und materiellen Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils herleitet.

Ein solcher Antrag ist zulässig, auch wenn das FG einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bereits abgelehnt hat (BFH-Beschluß vom 31.Oktober 1973 II S 9/73, BFHE 110, 435, BStBl II 1974, 59). Dem steht auch nicht entgegen, daß das FG die Beschwerde gegen seinen Beschluß vom 8.Oktober 1982 nicht nach Art.1 Nr.3 BFHEntlG zugelassen hat. Durch diese Vorschrift ist die Stellung eines (weiteren) Antrags auf Aussetzung der Vollziehung unmittelbar beim BFH nicht eingeschränkt worden (nicht veröffentlichter Beschluß des Senats vom 14.Juli 1977 IV S 2/76; ebenso Herden, Deutsches Steuerrecht –DStR– 1979, 129).

Für den Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung ist der BFH nach § 69 Abs.3 Satz 1 FGO zuständig, weil der Kläger inzwischen Revision eingelegt hat (vgl. Beschluß vom 21.Januar 1977 VII B 81/76, BFHE 121, 161, BStBl II 1977, 312).

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 69 Abs.2 und 3 FGO soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit und Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschlüsse vom 10.Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, und vom 24.Oktober 1967 II B 17/67, BFHE 90, 532, BStBl II 1968, 229). Dabei ist es nicht erforderlich, daß die Erfolgsaussichten überwiegen (Beschluß in BFHE 90, 532, BStBl II 1968, 229).

Im Streitfall hat der erkennende Senat am heutigen Tage in der Hauptsache einen Vorbescheid erlassen und die Revision gegen das FG-Urteil als unbegründet zurückgewiesen. Er ist zu der Auffassung gelangt, daß das angefochtene Urteil Verfahrensfehler nicht erkennen läßt und auch die rechtliche Würdigung durch das FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Auf die Gründe des Vorbescheids wird im einzelnen verwiesen. Für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus diesen Gründen, daß bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides nicht bestehen.

Gründe, die eine Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1875059

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