Rückforderung Umsatzsteuer nach § 13b UStG durch Bauträger

Die Entscheidung über die Annahme der Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gem. § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG ist eine Ermessensentscheidung des Finanzamts.

Hierbei muss das Finanzamt – ggf. wiederholend – prüfen, ob ein abtretbarer Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger besteht, insbesondere, ob der Leistungsempfänger das Bestehen der Forderung wegen Eingreifens von Mängelgewährleistungsansprüchen bestreitet. Es ist nicht zulässig, das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs erst im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens zwischen Finanzamt und Leistungsempfänger zu klären.

Umsatzsteuer auf Bauleistungen 

In 2012 und 2013 erbrachte die Baufirma A für die klagende Bauträgerin Bauleistungen. Die hierfür anfallende Umsatzsteuer entrichtete zunächst die Bauträgerin nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG an das Finanzamt. Aufgrund des BFH-Urteils v. 22.08.2013 (V R 37/10, BStBl 2014 II S. 228) forderte die Bauträgerin vom Finanzamt die gezahlte Umsatzsteuer nach § 13b UStG zurück (einschließlich Erstattungszinsen). Aufgrund des (als Reaktion auf das o.g. BFH-Urteil) ergangenen § 27 Abs. 19 UStG nahm das Finanzamt die Firma A durch geänderten Umsatzsteuerbescheid 2012 als Umsatzsteuerschuldner in Anspruch.  A hat anschließend ihren nunmehr gegen die Bauträgerin zustehenden „Anspruchs auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer” im Sinne des § 27 Abs. 19 UStG an das Finanzamt abgetreten. Das Finanzamt nahm die Abtretung an und forderte die Bauträgerin mit Bescheid vom 11.11.2015 zur Zahlung der von A geschuldeten Umsatzsteuer auf.

Im dagegen gerichteten Einspruch trug die Bauträgerin vor, der o.g. Anspruch des A bestehe nicht, weil Baumängel vorhanden seien. Somit sei die o.g. Umsatzsteuerforderung gemäß § 362 BGB erloschen und habe deswegen nicht abgetreten werden können.

Das Finanzamt ist jedoch der Auffassung, dass der Bauträgerin insoweit kein Einspruchsrecht zustehe, da die Annahme des Angebots gegen die Firma A gerichtet war. Auch könne selbst eine vom Bauträger bestrittene Forderung abgetreten werden, da das Bestehen oder Nichtbestehen des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens zwischen Finanzamt und Bauträger zu klären sei.

Die klagende Bauträgerin war zum Einspruch berechtigt

Zwar handelt es sich bei der Annahme der Abtretung der Forderung selbst um eine zivilrechtliche Willenserklärung und damit nicht um einen Verwaltungsakt. Jedoch sei die nachfolgende Annahme des Abtretungsangebots der Firma A ein Verwaltungsakt. Dieser Verwaltungsakt ergeht zwar gegenüber dem Steuerpflichtigen (Zedenten). Die Regelungswirkung betreffe aber auch die Bauträgerin als Schuldnerin der abgetretenen Forderung, da sie dadurch einen neuen Gläubiger, das Finanzamt, habe.

Die Annahme der Abtretung durch das Finanzamt war rechtswidrig 

Die Entscheidung des Finanzamts, aufgrund des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG im Wege der Ermessensreduktion auf null, das Abtretungsangebot der Firma A anzunehmen, obwohl die Forderung wegen Bauleistungen infolge der Geltendmachung von Mängelgewährleistungsansprüche bestritten wird, war ermessensfehlerhaft.

Auch bei unionskonformer Auslegung des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG muss das Finanzamt im Rahmen der von ihm zu treffenden Ermessensentscheidung über die Zulassung und Annahme der Abtretung – ggf. wiederholend – prüfen, ob ein abtretbarer Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger besteht. Dabei ist es auch nicht unerheblich, ob der Leistungsempfänger das Bestehen der Forderung wegen Eingreifens von Mängelgewährleistungsansprüchen bestreitet. Auch sei es nicht zulässig, das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs erst im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens zwischen Finanzamt und Bauträger zu klären. Das Finanzgericht beruft sich insoweit auf das BFH-Urteil v. 23.2.2017 (V R 16, 24/16, BStBl 2017 II S. 760) und vertritt die Auffassung, dass die vom Finanzamt zitierten Urteile des FG Münster v. 15.3.2016 15, K 3669/15 U und v. 15.3.2016, 15 K 1553/15 U auf den Urteilsfall nicht übertragbar seien.

Vom Bauträger vorgebrachte Baumängel 

Unzutreffend sei die Auffassung des Finanzamts, die Annahme der Abtretung sei ermessensgerecht erfolgt, weil bei Annahme der Abtretung der leistende Unternehmer A schutzwürdig gewesen sei, da A seinerseits Vorwürfe in Bezug auf die Vertragserfüllung seitens des Bauträgers vorgetragen habe und keine Unterlagen des Bauträgers zu Baumängeln vorgelegen hätten. Da dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Annahme des Abtretungsangebots ein Schreiben der Bauträgerin vorlag, in welchem durch die Nutzer der Wohnungen in konkreter und ausführlicher Weise vorhandene Baumängel aufgeführt waren, hatte das Finanzamt sehr wohl einen Anlass zu einer entsprechenden Prüfung, auch ohne dass Unterlagen des Bauträgers vorlagen. Deshalb durfte sich das Finanzamt im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch nicht ohne weiteres auf die Versicherung des Leistenden A verlassen, wonach die abgetretenen Forderungen nicht streitbefangen seien.

Eine Vermutung, dass ein zivilrechtlicher Anspruch besteht oder bestanden hat, gilt auch bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den leistenden Unternehmers zumindest dann nicht, wenn das Finanzamt sowohl zum Zeitpunkt der Annahme der Abtretung als auch bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erlassenen Änderungsbescheides Kenntnis davon hatte, wegen welcher konkreten Baumängel der Leistungsempfänger (Bauträger) Gewährleistungsansprüche geltend macht.

Revision beim BFH 

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH V R 21/18). Sollte der Bundesfinanzhof wie das Finanzgericht entscheiden, muss der Bauleistende A die Umsatzsteuer für seine Bauleistungen an die Bauträgerin an das Finanzamt abführen und diese selbst zivilrechtlich gegen die Bauträgerin einklagen.  

Im Hinblick auf die Bauträgerfälle hat der Bundesfinanzhof bereits geklärt,  dass das Finanzamt

  • bei Rückforderung der Umsatzsteuer nach § 13b UStG durch den Bauträger gegen den Leistenden nachträglich Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 9 UStG festsetzen kann (Urteil v. 23.2.2017, V R 16, 24/16),
  • die Rückerstattung der Umsatzsteuer nach § 13b UStG an den Bauträger nicht davon abhängig machen darf, dass der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für das Finanzamt eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (Urteil v. 27.9.2018, V R 49/17).

Thüringer FG, Urteil v. 21.2.2018, 3 K 282/17, Haufe Index 12126293

Schlagworte zum Thema:  Bauträger, Bauleistung, Umsatzsteuer