Schrifttum

Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 43 FGO betrifft die objektive Klagenhäufung, im Unterschied zur subjektiven Klagenhäufung des § 59 FGO (Streitgenossenschaft). Zwar muss jeder Verwaltungsakt gesondert angefochten werden, gleichwohl dürfen mehrere Klagebegehren in einer Klage zusammen verfolgt werden. Klagebegehren (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) ist das vom Kläger mit der Anrufung des FG verfolgte Prozessziel, das je nach der Klageart auf die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsaktes (Anfechtungsklage, §§ 40 Abs. 1 Alt., 100 FGO), die Verurteilung der beklagten Behörde (Verpflichtungsklage, §§ 40 Abs. 1 2. Alt., 101 FGO) oder die Feststellung eines Rechtsverhältnisses u. a. (Feststellungsklage, § 41 FGO) geht.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Von der kumulativen ist die alternative Klagehäufung zu unterscheiden, die dem Gericht die Wahl zwischen zwei gleichrangigen Anträgen überlässt. Betreffen die alternativ gestellten Anträge unterschiedliche Anfechtungsgegenstände, sind die Klagen mangels Bestimmtheit unzulässig (BFH v. 17.11.1987, VII R 68/85, BFH/NV 1988, 457). Stellt der Kläger einen Hauptantrag und für den Fall, dass diese abgewiesen wird, einen Hilfsantrag (der den Hauptantrag ausschließt), so liegt keine objektive Klagehäufung vor, sondern nur eine sog. Eventualhäufung. Sie kann stets nur denselben Anfechtungsgegenstand betreffen, weil eine bedingte Anfechtung unzulässig ist. Indessen sind innerprozessuale Bedingungen zulässig, wenn keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird (s. Vor § 40 FGO Rz. 5). Es entspricht daher der st. Rspr. des BFH, dass ein Begehren auch hilfsweise, d. h. nur für den Fall des Misserfolgs des Hauptantrags gestellt werden kann. Zwar wird auch bei dieser eventuellen Klagehäufung der Hilfsanspruch mit Einreichung der Klage rechtshängig, sodass sofort über ihn verhandelt werden darf und in der Regel auch verhandelt wird (Rosenberg/Schwab/Gottwald, S. 408 f. und S. 649). Hat jedoch der Hauptantrag Erfolg und tritt somit die innerprozessuale Bedingung, an die das Hilfsbegehren gebunden ist, nicht ein, so entfällt hiermit zugleich auch rückwirkend dessen Rechtshängigkeit mit der Folge, dass über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden ist (BFH v. 23.01.2001, VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621; BFH v. 23.06.2004, VI B 107/04, BFH/NV 2004, 1421; von Beckerath in Gosch, § 43 FGO Rz. 59; Levedag in Gräber, § 43 FGO Rz. 16). Dabei müssen sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsanträge wirtschaftlich auf ein gleichartiges Ziel gerichtet sein, z. B. darauf, eine aus einer Zuschätzung resultierende Steuerforderung rückgängig zu machen (BFH v. 23.06.2004, VI B 107/04, BFH/NV 2004, 1421; Seer in Tipke/Kruse, § 43 FGO Rz. 8, m. w. N.). Lässt das Gericht den Hauptantrag und den einen anderen Anfechtungsgegenstand betreffenden "Hilfsantrag" zu (so BFH v. 24.08.1972, VIII R 21/69, BStBl II 1973, 55), so muss es in jedem Fall über beide Anträge entscheiden.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Mehrere Klagebegehren, sei es innerhalb derselben Klageart, sei es in Gestalt verschiedener Klagearten, können in einer Klage zusammengefasst werden, wenn sie sich bei gegebener sachlicher und örtlicher Zuständigkeit des Gerichts gegen dieselbe Behörde (§ 63 FGO) richten und miteinander in sachlichem Zusammenhang stehen. Das kann auch bei verschiedenen Steuerarten zutreffen, wenn sie sich auf denselben Sachverhalt oder Tatsachenkomplex gründen (Bsp.: Geschäftsveräußerung, Umwandlung). Im Wege der objektiven Klagehäufung kann auch eine Klage auf eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 Satz 1 AO) mit einer Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid verbunden werden (BFH v. 18.03.2010, IV R 23/07, BStBl II 2011, 654; BFH v. 12.07.2012, I R 32/11, BFH/NV 2012, 1853). Zwar können die FG im Anfechtungsverfahren gegen die Steuerfestsetzung grds. nicht über einen Billigkeitsantrag (§ 163 AO) entscheiden, weil dieser Gegenstand eines besonderen Verwaltungsverfahrens ist, mag die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Satz 3 AO auch mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden können (s. § 163 AO Rz. 23, 27). Von einer Verbindung beider Verfahren im Wege einer objektiven Klagehäufung (§ 43 FGO) ist jedoch auszugehen, wenn der Kläger im Einspruchs- und im Klageverfahren ausdrücklich auch einen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen geltend gemacht und das FA darüber entschieden hat (BFH v. 12.07.2012, I R 32/11, BFH/NV 2012, 1853; auch s. § 163 AO Rz. 30).

Maßgebend sind sowohl das Interesse des Klägers an baldmöglicher und einheitlicher Entscheidung wie der Grundsatz der Verfahrensökonomie. Die Zusammenfassung mehrerer Klagebegehren in einer Klage hat dieselbe Wirkung wie die Verbindung mehrerer bereits schwebender Verfahren durch Gerichtsbeschluss nach § 73 Abs. 1 FGO (BFH v. 24.10.1973, VII B 47/72, BStBl II 1974, 137).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Für jedes Klage...

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