Wird eine Pflichtteilsklausel von den testierenden Ehegatten nicht nur an das Verlangen des Pflichtteils, sondern auch an den Erhalt desselben geknüpft ("Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat"), setzt die Klausel einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus.

OLG Frankfurt v. 21.2.2023 – 21 W 104/22

BGB § 2269, § 2314

Beraterhinweis Mit einer Pflichtteilsklausel wollen gemeinschaftlich testierende Ehegatten sicherstellen, dass dem überlebenden Ehegatten nach dem ersten Erbfall der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Kindes gestört wird. Durch die Pflichtteilsklausel wird die Schlusserbeinsetzung der gemeinsamen Kinder unter die auflösende Bedingung gestellt, dass sie der Klausel nicht zuwiderhandeln (OLG München v. 7.4.2011 – 31 Wx 227/10, NJW-RR 2011, 1164; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2269 Rz. 15).

Welches Verhalten die Sanktion auslösen soll, können die Ehegatten frei bestimmen (zu den Gestaltungsmöglichkeiten s. Radke, ZEV 2001, 136). Wird anders als im vorliegenden Fall nicht auf das Erhalten, sondern auf das bloße Geltendmachen des Pflichtteils abgestellt, setzt dies nur ein ernsthaftes außergerichtliches Verlangen des Pflichtteils in Kenntnis der Pflichtteilsklausel voraus, nicht dessen gerichtliche Durchsetzung oder gar Auszahlung (OLG München v. 29.1.2008 – 31 Wx 68/07, NJW-RR 2008, 1034; OLG Düsseldorf v. 18.7.2011 – 3 Wx 124/11, FamRZ 2012, 331; OLG Rostock v. 11.12.2014 – 3 W 138/13, NJW-RR 2015, 776; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2269 Rz. 14). Weitere subjektive Voraussetzungen wie etwa ein bewusstes oder böswilliges Auflehnen gegen den Erblasserwillen sind nicht erforderlich (OLG Hamm v. 13.2.2013 – 15 W 421/12, FamRZ 2014, 420).

In der Geltendmachung des Auskunfts- oder Wertermittlungsanspruchs aus § 2314 BGB liegt hingegen noch kein Geltendmachen des Pflichtteils selbst, weil es sich um vorbereitende Nebenansprüche des Pflichtteilsanspruchs handelt (BayObLG v. 23.10.1990 – BReg. 1a Z 50/90, NJW-RR 1991, 394; OLG Frankfurt v. 1.2.2022 – 21 W 182/21, NJW-RR 2022, 729; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2269 Rz. 14). Soll dem überlebenden Ehegatten die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses oder die Einholung eines Verkehrswertgutachtens auf Kosten des Nachlasses erspart bleiben, muss sich die Pflichtteilsklausel deshalb ausdrücklich auch hierauf erstrecken.

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