a) Keine Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen verzögerter Erstellung des Nachlassverzeichnisses

1. Der Zeitraum, den der Testamentsvollstrecker für die Erstellung und Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses in Anspruch nehmen darf, ohne einen wichtigen Grund zu seiner Entlassung zu setzen, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Falles und hängt insb. vom Umfang und von der Komplexität des Sachverhalts sowie den vorhandenen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Nachlassmasse ab.

2. Selbst wenn sich im Einzelfall eine vorwerfbare zeitliche Verzögerung bei der Anfertigung und Überlassung des Nachlassverzeichnisses ergibt, führt diese nicht ohne weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Erforderlich ist vielmehr eine schuldhafte und grobe Missachtung der Pflicht zur unverzüglichen Vorlage eines Nachlassverzeichnisses.

3. Ebenso wenig führen sachliche Fehler im Nachlassverzeichnis ohne weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Nur dann, wenn die Fehler Ausdruck einer grob nachlässigen oder gar böswillig fehlerhaften Amtsführung sind, stellen sie einen wichtigen Grund zur Amtsenthebung dar. In allen anderen Fällen begründen sie nur die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, die vorhandenen Fehler alsbald zu berichtigen.

OLG Düsseldorf v. 24.1.2023 – 3 Wx 105/22

BGB § 2215, § 2227

Beraterhinweis Die unverzügliche Erstellung und Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB stellt eine ganz wesentliche Pflicht des Testamentsvollstreckers im Verhältnis zu den Erben dar (BayObLG v. 18.7.1997 – 1Z BR 83/97, FamRZ 1998, 325; OLG Schleswig v. 1.12.2015 – 3 Wx 42/15, NJW-RR 2016, 646). Nur auf Grundlage des Nachlassverzeichnisses können die Erben ihre Kontrollrechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker wirksam ausüben. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Erstellung des Nachlassverzeichnisses kann eine grobe Pflichtverletzung darstellen, die eine Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB rechtfertigt (BayObLG v. 8.6.2001 – 1Z BR 8/01, FamRZ 2002, 989; OLG Zweibrücken v. 29.1.1997 – 3 W 219/96, FGPrax 1997, 109; KG v. 28.3.2014 – 6 W 17/14; OLG Schleswig v. 1.12.2015 – 3 Wx 42/15, NJW-RR 2016, 646; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2227 Rz. 3). Dies ist jedoch nicht zwingend, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Für ein Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt kann sprechen, wenn durch die verzögerte Erstellung des Nachlassverzeichnisses die Interessen der Erben nicht ernstlich gefährdet wurden, weil der Nachlass überschaubar und ihnen im Wesentlichen bekannt war (OLG Schleswig v. 1.12.2015 – 3 Wx 42/15, NJW-RR 2016, 646), wenn der Testamentsvollstrecker zwar kein vollständiges Nachlassverzeichnis erstellt, aber den Hausrat dokumentiert und den Erben die Bankverbindungen mitteilt (KG v. 28.3.2014 – 6 W 17/14) oder wenn ein Erbe die für die vollständige Verzeichniserstellung erforderlichen Unterlagen nicht herausgibt (BayObLG v. 28.7.2003 – 1Z BR 140/02, NJW-RR 2004, 366).

b) Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Veräußerung einer Immobilie

1. Die Abwicklung des Nachlasses hat bei Abwicklungsvollstreckung mit tunlicher Beschleunigung zu erfolgen. Stellt es der Erblasser dem Testamentsvollstrecker frei, innerhalb welcher Frist eine zum Nachlass gehörende Immobilie zu veräußern ist, führt diese Anordnung nicht dazu, dass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wäre.

2. Vermietet der Testamentsvollstrecker die zum Nachlass gehörende Immobilie und trennt die Mieteinnahmen nicht von seinem persönlichen Vermögen, setzt er die Erben dem Risiko aus, dass Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in den ungeteilten Nachlass vollstrecken können und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt grundsätzlich die Entlassung des Testamentsvollstreckers.

3. Richtet der Testamentsvollstrecker, der die zum Nachlass gehörende Immobilie vermietet, für die vom Mieter entrichtete Mietkaution kein separates Konto ein, um diese getrennt von seinem Vermögen zu verwahren, handelt es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung, die seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigt.

OLG München v. 25.5.2023 – 33 Wx 36/23

BGB § 2205, § 2206, § 2227

Beraterhinweis Wenn mehrere Erben vorhanden sind, besteht die zentrale Aufgabe des Testamentsvollstreckers gem. § 2204 Abs. 1 BGB darin, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2057a BGB zu bewirken. Daraus ergibt sich eine Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, die seinem Ermessen entzogen ist. Bleibt er untätig, kann er deshalb von den Erben auf Durchführung der Auseinandersetzung verklagt werden (OLG München v. 20.7.1994 – 15 U 3348/93, OLGR 1994, 225; Dutta in Staudinger, BGB, § 2204 Rz. 16; Zimmermann in MünchKomm/BGB, § 2204 Rz. 1; Weidlich in Grüneberg, BGB, § 2204 Rz. 1). In zeitlicher Hinsicht muss der Testamentsvollstrecker die Auseinandersetzung mit tunlicher Beschleunigung durchführen; insb. darf er seine lediglich auf Abwicklung gerichtete Verwaltungsbefugnis nicht dazu benu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge