Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, in welchen Fällen ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt (Verzögerungen bei Erstellung des Nachlassverzeichnisses, der Erbschaftssteuerklärung und der Ausschüttung von Nachlasserträgnissen; Differenzen mit Miterben bei der Auslegung des Testaments).

 

Normenkette

BGB § 2227 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 04.11.2002; Aktenzeichen 16 T 5586/01)

AG München (Aktenzeichen 62 VI 1351/99)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG München I vom 4.11.2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) bis 9) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 275.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der verwitwete Erblasser E. ist 1999 im Alter von 72 Jahren ohne Abkömmlinge verstorben. Die Beteiligten zu 1) sowie zu 3) bis 8) sind Neffen und Nichten des Erblassers bzw. dessen vorverstorbener Ehefrau. Der Beteiligte zu 2), ein Rechtsanwalt, ist der Sohn eines mit dem Erblasser befreundeten Ehepaares; der Erblasser war für ihn ein sog. „Nennonkel”. Die Beteiligte zu 9) war die Lebensgefährtin des Erblassers.

Am 4.6.1992 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament, in dem er die Beteiligte zu 1) als Erbin zu 42/70 und die Beteiligten zu 2) bis 8) als Erben zu je 4/70 einsetzte. Der Beteiligten zu 1) wandte der Erblasser zusätzlich in Ziff. 5.2 des Testaments 50.000 DM als Vorausvermächtnis zu mit der Auflage, sein Grab auf die Dauer von 30 Jahren sorgfältig zu pflegen und den vermachten Betrag nur für die Grabpflege zu verwenden.

In dem Testament vom 4.6.1992 ordnete der Erblasser Testamentsvollstreckung an und ernannte den Beteiligten zu 2) zum Testamentsvollstrecker. Hierzu ist in Ziff. 6 des Testaments Folgendes bestimmt:

„Verwaltung des Nachlasses

6.1 Der Testamentsvollstrecker hat den gesamten Nachlass, ausgenommen den in Ziff. 5.2 vermachten Geldbetrag, auf eine Dauer von zehn Jahren (Zehn-Jahres-Zeitraum) ab meinem Todestag zu verwalten und während dieses Zeitraums alles zu tun, was zu einer ordnungsmäßigen Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses erforderlich ist.

6.2 Während dieses Zehn-Jahres-Zeitraums ist die Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft ausgeschlossen.

6.3 Die Reinerträgnisse aus der Verwaltung des Nachlasses, abzgl. der in Ziff. 6.4 angeordneten Zahlungen an den Testamentsvollstrecker, stehen während des Zehn-Jahres-Zeitraums den Miterben nach dem Verhältnis ihrer Erbanteile zu.

Der Testamentsvollstrecker hat die auszuschüttenden Beträge an die Erben zu verteilen, sobald sie ihm zur Verteilung zur Verfügung stehen.

6.4 Der Testamentsvollstrecker erhält als Vergütung während des Zehn-Jahres-Zeitraums einen Betrag von jährlich 2 % der jährlich an die Erben zur Verteilung zur Verfügung stehenden Reinerträgnisse zzgl. seiner Auslagen und zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

6.5 Soweit dem Testamentsvollstrecker in diesem Testament selbst Zuwendungen gemacht sind, ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.”

In Ziff. 7 des Testaments verfügte der Erblasser, dass die Beteiligte zu 9) als Vermächtnis bis an ihr Lebensende eine mit einer Wertsicherungsklausel versehene Leibrente i.H.v. monatlich 2.000 DM erhalten solle.

In Ziff. 8 des Testaments ist unter der Überschrift „Teilung des Nachlasses” bestimmt, dass die Beteiligte zu 1) nach Ablauf des Zehn-Jahres-Zeitraums das Anwesen in München in Anrechnung auf ihr Erbteil zum Alleineigentum übertragen erhalten solle.

Am 14.10.1997 ordnete der Erblasser mit einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen als „letztwillige Verfügung” bezeichneten Schriftstück Folgendes an:

„Ich … ordne für den Fall meines Todes in Ergänzung meines notariellen Testaments zu Gunsten meiner Lebensgefährtin … (Beteiligte zu 9)) vorsorglich das folgende Vermächtnis an:

Sie erhält in meiner Eigentumswohnung in Harlaching, ein dingliches Wohnungsrecht auf Lebzeiten, das jedoch mit der Eingehung einer Ehe oder einer eheänlichen Lebensgemeinschaft endet. Für die Verwaltungskosten der Wohnung hat die Erbengemeinschaft aufzukommen.

Zusätzlich erhält sie aus meinem Nachlass eine monatliche Rente von 3.000 DM, die aus den Mieteinnahmen meiner beiden Mietshäuser durch den Testamentsvollstrecker aufzubringen ist. Die Rente endet in gleicher Weise wie das Wohnungsrecht.”

Am 29.12.1998 errichtete der Erblasser während des seinem Tode vorausgehenden stationären Krankenhausaufenthalts in Anwesenheit des Beteiligten zu 2) und der Beteiligten zu 9) vor drei zusätzlichen Zeugen ein Nottestament. Die von den drei Zeugen unterschriebene Niederschrift lautet auszugsweise wie folgt:

„E. äußerte den Wunsch, ein Testament errichten zu wollen, er fühle den Tod nahen und sei zum Schreiben körperlich zu schwach, im Krankenzimmer anwesend sind seine Lebensgefährtin u. Rechtsanwalt R., alle Anwesenden sind von der Testierfähigkeit überzeugt, E. spricht in zusammenhäng...

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