Eine deliktische Haftung des Steuerberaters kann sich unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung ergeben. Z. B. eine Bilanz oder ein Vermögensstatus, von dem der Steuerberater weiß, dass diese Unterlagen zur Vorlage bei einem Kreditgeber erforderlich sind, wird schuldhaft falsch erstellt, um (im falsch verstandenen Interesse des Mandanten) bestimmte Kredite zu erhalten. Führt dies zu einer Schädigung des Kreditgebers, kann durchaus eine unerlaubte Handlung gem. § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommen.

Eine unerlaubte Handlung liegt auch vor, wenn der Steuerberater gegen ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB verstößt. Ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB ist z. B. das Rechtsdienstleistungsgesetz. Letzteres schützt die Rechtsanwälte und die Rechtssuchenden.

 
Wichtig

Vorsicht vor Mittäterschaft in Insolvenzsituationen

§ 15a Abs. 1 InsO[1] ist ein für den Steuerberater in der Praxis relevantes Schutzgesetz. Leicht kann der Steuerberater zum Mittäter werden, wenn er den GmbH-Geschäftsführer trotz der Insolvenzsituation bei Unterlassen des Antrags nach § 15a Abs. 1 InsO weiter berät, ohne den Geschäftsführer über dessen Pflicht belehrt zu haben.[2] Jeder aufgrund der verschleppten Insolvenz geschädigte Gläubiger kann sich dann auch an den Berater wenden. Nur wenige Gläubiger kommen nach Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse auf die Idee, sich die Insolvenzakte, auf deren Einsichtnahme der Gläubiger ein Recht hat, näher anzusehen.[3] Ein guter Insolvenzverwalter wird im Interesse aller Gläubiger bei Vorlage der Bilanzen leicht erkennen können, ob eine Insolvenzverschleppung vorliegt und wer an dieser beteiligt war.[4]

Zu beachten ist § 15b InsO[5]: Ist der nach § 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen i. d. R. nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers vereinbar (§ 15b Abs. 3 InsO).[6]

Bei einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung eines Dritten kommt eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht. Diese Vorschrift beinhaltet, dass derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen schuldhaft Schaden zufügt, zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist. Unter diese Haftungsnorm fallen auch Vermögensschäden.

Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines Dritten liegt nach der Rechtsprechung z. B. vor, wenn der Steuerberater bei einem betrügerischen Verhalten seines Mandanten durch Aufstellen einer unrichtigen Bilanz leichtfertig und gewissenlos mitwirkt, die zu einer Täuschung eines Dritten verwendet werden soll. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn die objektive Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird. Gewissenlos ist das leichtfertige Verhalten bereits, wenn von dem Inhalt erkennbar weittragende wirtschaftliche Folgen abhängen.

Nur nebenbei soll erwähnt werden, dass die Gefahren des Strafgesetzbuchs (StGB) bei Insolvenzstraftaten und sonstigen Stratftaten auch den Steuerberater treffen können, wenn er sich nicht rechtzeitig von seinem Mandanten distanziert. Lässt sich der Steuerberater im Krisenfall noch Vermögenswerte für offene Honorarforderungen übertragen, kann das als Anstiftung zur Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) angesehen werden.[7]

Am 18.3.2021 ist das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche in Kraft getreten.[8] Steuerberater müssen sich mit § 261 StGB befassen, weil sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit und damit als Verpflichtete i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG Sondertäter des § 261 Abs. 4 StGB sein können.[9]

[1] Geändert m. W. v. 1.1.2021 durch Gesetz v. 22.12.2020, BGBl 2020 I S. 3256.
[2] OLG Schleswig, Urteil v. 29.11.2019, 17 U 80/19, ZInsO 2020 S. 1240; LG Koblenz, Urteil v. 22.7.2009, 15 O 397/08; OLG Schleswig, Urteil v. 2.9.2011, 17 U 14/11: Warnpflicht des Steuerberaters einer GmbH bei Insolvenzgefahr; Gesellschafter und Geschäftsführer können in den Schutzbereich eines zwischen einer GmbH und einem Steuerberater geschlossenen Vertrags einbezogen sein, welcher die Prüfung einer möglichen Insolvenzreife der GmbH zum Gegenstand hat; BGH, Urteil v. 14.6.2012, IX ZR 145/11; OLG Köln, Beschluss v. 3.12.2010, III-1 Ws 146/10: Ein Steuerberater macht sich nicht der Beihilfe zur vom Geschäftsführer seiner Mandantin verübten Insolvenzverschleppung schuldig, wenn er ihn zwar auf die schlechte wirtschaftliche Lage der GmbH und ihre mögliche Insolvenz bzw. die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags hinweist, das Mandat aber nicht niederlegt.
[4] OLG Koblenz, Urteil v. 30.10.2020, 2 U 47/20, rkr; OLG Stuttgart, Endurteil v. 27.10.2020, 12 U 82/20, ZInsO 2021 S. 387.
[5] Gesetz v. 22.12.2020, BGBl 2020 I S. 3256, mit Wirkung ab 1.1.2021.
[8] BGBl 2021 I S. 327.

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