Rz. 86

Die sinngemäße Anwendung der §§ 450 bis 455 ZPO[1] bedeutet, dass an die Stelle der Parteien i. S. d. ZPO die Beteiligten[2] treten. Es können also neben Kläger und Beklagten auch die Beigeladenen nicht Zeugen sein.

 

Rz. 87

Von der förmlichen Vernehmung der Beteiligten, die wie im Zivilprozess wegen der Unsicherheit dieses Beweismittels nur ausnahmsweise als letztes Hilfsmittel – nach Ausschöpfen aller anderen Beweismittel – zum Zweck der Beweiserhebung in Betracht kommt[3], ist die Anhörung der Beteiligten[4] zu unterscheiden, die der Erfüllung der Mitwirkungspflicht zu vollständigem Sachvortrag[5] dient. Führt die Anhörung zu widersprüchlichem oder bestrittenem Vortrag, ist, ggf. nach § 82 FGO i. V. m. §§ 450ff. ZPO, Beweis zu erheben. Eine Beteiligtenvernehmung kann jedoch unterbleiben, wenn sich das Gericht mithilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann oder wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht[6]. Dasselbe gilt, wenn es um die Vernehmung des Organs einer verfahrensbeteiligten Kapitalgesellschaft geht[7]. Ob das Gericht der Tatsacheninstanz von dem ihm eingeräumten Recht, einen Beteiligten zu vernehmen, Gebrauch macht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen[8].

Eine Beteiligtenvernehmung ist regelmäßig kein Beweismittel, das sich dem FG aufdrängen muss, weil ein Beteiligter ohnehin im Verfahren alle ihm bekannten Umstände darlegen kann[9].

 

Rz. 88

§ 450 ZPO fordert einen förmlichen Beweisbeschluss für die Beteiligtenvernehmung. Es ist immer ein förmlicher Beweisbeschluss nach § 359 ZPO erforderlich. Der betroffene Beteiligte ist persönlich zu laden. Daneben sind sein Bevollmächtigter und die übrigen Beteiligten zu benachrichtigen[10].

 

Rz. 89

Für die Vernehmung verweist § 451 ZPO auf §§ 375, 376, 395 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO und auf §§ 396 bis 398 ZPO. Zum Protokoll vgl. § 94 FGO i. V. m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 4, 161, 162 ZPO.

 

Rz. 90

§ 452 ZPO regelt die Besonderheiten bei der Beeidigung von Beteiligten. Insbesondere kann die Beeidigung der Aussage über dieselben Tatsachen nur von einer Partei gefordert werden. Im finanzgerichtlichen Verfahren ist die Beeidigung die Ausnahme und sollte es, um die Bedeutung nicht zu entwerten, auch bleiben. Sie steht im Ermessen des Gerichts[11]. Weder Antrag noch Verzicht der Beteiligten binden das Gericht. Eine Beeidigung kann erforderlich erscheinen, um eine wahrheitsgemäße Aussage über eine entscheidungserhebliche Tatsache zu erreichen[12]. Der den Beeidigungsantrag zurückweisende Beschluss muss nicht begründet werden. Eine Begründung im Urteil ist nur dann erforderlich, wenn im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung objektiv erkennbare Umstände zu würdigen sind, die für die Richtigkeit der Aussage des Beteiligten sprechen[13].

 

Rz. 91

Zum Verfahren der Eidesabnahme s. §§ 478ff. ZPO.

 

Rz. 92

Die Beweiswürdigung einer Beteiligtenaussage durch das Gericht ist in § 453 ZPO geregelt. Aussage und Verweigerung sind frei zu würdigen[14]. Eine Aussage kann nicht erzwungen werden. § 390 ZPO gilt für die Beteiligtenvernehmung nicht. Bei der Beweiswürdigung ist das Interesse der Beteiligten am Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen. Eine Beteiligtenvernehmung darf aber nicht deshalb unterbleiben, weil das Gericht die Aussage von vornherein für unglaubwürdig hält[15].

 

Rz. 93

Die Folgen eines Nichterscheinens von Beteiligten zur Vernehmung regelt § 454 ZPO. Im Rahmen der Beteiligtenvernehmung gelten §§ 80 und 82 FGO i. V. m. § 380 ZPO (Ungehorsamsfolgen) nicht. Sieht das Gericht die Aussage infolge des Ausbleibens im Termin nicht als entschuldigt, sondern als verweigert an, ist dies frei zu würdigen[16] und zur Hauptsache zu verhandeln.

 

Rz. 94

Prozessunfähige[17] sind gem. § 455 ZPO grundsätzlich nicht zu vernehmen. An ihre Stelle tritt ihr gesetzlicher Vertreter. Ausnahmen gelten für über 16-Jährige und für prozessfähige Personen, wenn ein Betreuer oder Pfleger diese vertritt.

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