Rz. 53

Die sog. (vorbeugende) Unterlassungsklage richtet sich gegen ein künftiges, ggf. schon beabsichtigtes bzw. angekündigtes, oder gegenwärtiges Handeln der Finanzbehörde. Die Unterlassungsklage ist daher ein Unterfall der allgemeinen Leistungsklage, die aber nicht auf ein Tun, sondern auf ein Unterlassen des Klagegegners gerichtet ist.[1]

 

Rz. 54

Während die Statthaftigkeit der allgemeinen Unterlassungsklage gegen eine gegenwärtige bzw. andauernde Beeinträchtigung subjektiver Rechte – d. h. Rechtsverletzung i. S. des § 40 Abs. 2 FGO – durch finanzbehördliches Handeln unzweifelhaft ist, setzt die Abwehr einer künftig erwarteten Beeinträchtigung durch eine vorbeugende Unterlassungsklage eine gewisse Wahrscheinlichkeit voraus, dass die befürchtete Beeinträchtigung auch eintreten kann. Die drohende Handlung der Finanzbehörde muss sich insoweit hinreichend konkret abzeichnen. Daran fehlt es, solange sich noch nicht mit dafür erforderlicher Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden.[2] Eine solche Klage ist nur zulässig, wenn substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird, durch ein bestimmtes, künftig zu erwartendes Handeln einer Behörde in den Rechten verletzt zu sein, weil die Rechtsverletzung sich dann nicht oder nur schwerlich wiedergutmachen lasse.[3]

Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist allerdings nicht zulässig, wenn zwar die Verletzung subjektiver Rechte bzw. eine entsprechende Beeinträchtigung durch hoheitliches Verwaltungshandeln bereits erfolgt ist, weitere aber nicht zu besorgen sind (fehlende Wiederholungsgefahr).[4]

 

Rz. 55

Einer vorbeugenden Unterlassungsklage fehlt insoweit jedoch bereits dann im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis, solange die Finanzbehörde ausdrücklich erklärt, dass in Rede stehende Verhalten bzw. die erwartete Handlung zu unterlassen.[5] Dasselbe wird auch zu gelten haben, wenn der Unterlassungsanspruch nicht zuvor gegenüber der Finanzbehörde geltend gemacht wurde.[6]

 

Rz. 56

Die Unterlassungsklage richtet sich als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage ebenfalls vorrangig gegen drohendes schlichtes hoheitliches Handeln (z. B. Realakt, Mitteilungen, Innenrechtsakte zwischen zwei Finanzbehörden und bloße Verfahrenshandlungen). Sie kann sich darüber hinaus aber grundsätzlich auch gegen solche bevorstehenden Maßnahmen der Finanzbehörden richten, gegen die nach ihrem Erlass eine andere Klageart als die allgemeine Leistungsklage statthaft wäre. Daher kommt eine Unterlassungsklage auch gegen einen drohenden Verwaltungsakt in Betracht.[7]

Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist nach ihrer Erledigung (z. B. eingetreten durch zwischenzeitlichen Vollzug des angedrohten Verwaltungshandelns) nicht in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellbar; sie kann allerdings als Feststellungsklage zulässig bleiben, wenn es prozessökonomisch sinnvoll ist, die maßgebliche Rechtsfrage in dem bereits anhängigen und aufwendig betriebenen Verfahren zu klären.[8]

[2] BVerwG v. 30.9.1981, 3 B 39/81, DokBer A 1982, 71; BVerwG v. 19.3.1974, I C 7.73, NJW 1974, 1153; FG Berlin v. 25.10.1979, II 317/79 (NV).
[3] Rz. 57; FG Rheinland-Pfalz v. 24.3.2022, 6 K 1865/21.
[4] BVerwG v. 26.9.1969, VII C 65.68, NJW 1970, 292; FG Baden-Württemberg v. 22.4.2016, 13 K 1934/15, EFG 2016, 1133; OVG Rheinland-Pfalz v. 21.1.2004, 6 A 11743/03, NVwZ-RR 2004, 344.
[6] Gräber/Teller, FGO, 9. Aufl. 2019, § 40 Rz. 34 zur allgemeinen Leistungsklage; zum allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis s. Ossinger, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vor §§ 40-50 FGO Rz. 11ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge