Rz. 14

Die Anfechtungsklage erlaubt ausnahmsweise auch die Anfechtung eines nach § 125 AO nichtigen Verwaltungsakts, obwohl ein nichtiger Verwaltungsakt gem. § 124 Abs. 3 AO unwirksam ist und deshalb bereits ohne jegliche rechtliche Wirkung bleibt.[1] Weil aber auch ein nichtiger Verwaltungsakt den Rechtsschein eines wirksamen Verwaltungsakts entfalten kann, ist die Anfechtungsklage zur Beseitigung des Rechtsscheins des nichtigen Verwaltungsaktes statthaft.[2] Denn die Unsicherheit, ob ein Verwaltungsakt schon nichtig oder doch nur rechtswidrig ist, darf nicht zulasten des Stpfl. gehen.[3] Zwar könnte der von dem nichtigen Verwaltungsakt Betroffene bei der Finanzbehörde gem. § 124 Abs. 5 AO die Feststellung der Nichtigkeit beantragen oder auch unmittelbar – und ohne Einhaltung einer Klagefrist i. S. des § 47 FGO – gem. § 41 Abs. 1 FGO Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (Nichtigkeitsfeststellungsklage) beim FG erheben. Sollte sich aber nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist nach § 47 FGO für die Anfechtungsklage gegen den vermeintlich nichtigen Verwaltungsakt allerdings herausstellen, dass der Verwaltungsakt nur rechtswidrig ist, könnte der Betroffene dagegen nicht mehr erfolgreich vorgehen. Deshalb muss dieser auch einen nichtigen Verwaltungsakt mit der Anfechtungsklage anfechten können; auch die Aufhebung des nichtigen Verwaltungsakts beruht in diesen Fällen auf § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.[4] Daher bedarf es einer (hilfsweisen) Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 41 Abs. 1 FGO nicht mehr. Es empfiehlt sich daher gerade nicht, im Hauptantrag die Feststellung der Nichtigkeit und im Hilfsantrag die Aufhebung des Verwaltungsakts als rechtswidrig zu beantragen.[5] Nur wenn die Einhaltung der Klagefrist für die Anfechtungsklage fraglich erscheint, bietet es sich an, im Hilfsantrag auch die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu begehren.[6] Denn insoweit ist grundsätzlich zu bedenken, dass der im Hilfsantrag obsiegende Kläger gleichwohl wegen der Unbegründetheit des Hauptantrags die Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte wird tragen müssen.[7]

 

Rz. 15

Ein Rechtsbehelf, der sich gegen den Rechtsschein eines nichtigen Verwaltungsakts richtet, ist allerdings nur solange zulässig, als der Rechtsschein des Verwaltungsakts tatsächlich besteht.[8]

 

Rz. 16

Diese Rechtsgrundsätze gelten sinngemäß wegen der identischen Rechts- und Interessenlage auch für die Fälle, in denen ein Verwaltungsakt mangels Bekanntgabe gar nicht wirksam geworden ist.[9] Ebenso verhält es sich bei einem sog. Nichtakt.[10] Zwar entfaltet auch ein Nichtakt keine Rechtswirkungen und könnte insoweit mangels wirksamen Verwaltungsakts ebenfalls nicht anfechtbar werden. Sofern der Nichtakt allerdings in seiner äußeren Form nicht von einem ordnungsgemäßen Verwaltungsakt zu unterscheiden ist, erzeugt er im Außenverhältnis ggf. einen belastenden Rechtsschein. Insoweit ist der hiervor Betroffene in der gleichen Lage wie der Adressat eines nichtigen Verwaltungsakts. Auch gegen den Nichtakt sind daher Einspruch und Anfechtungsklage zulässig.[11]

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