Rz. 33

Je nach Umfang der vom Gericht festgestellten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts und dem Grad der Spruchreife hebt das Gericht den Verwaltungsakt ganz oder nur z. T. oder auch nur die Einspruchsentscheidung auf bzw. beseitigt den Rechtsschein eines nichtigen Verwaltungsakts[1]. Dadurch gestaltet das Gericht die Rechtslage insoweit endgültig, als der angefochtene Verwaltungsakt beseitigt wird. Das Gericht kann den Verwaltungsakt aber auch aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden[2]. Es trifft damit nur eine vorläufige Regelung. Der angefochtene Verwaltungsakt wird zunächst suspendiert.

2.1.1 Aufhebung des Verwaltungsakts

 

Rz. 34

Der Grundfall ist die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts durch das Gericht. Da gem. § 44 Abs. 2 FGO Gegenstand der Anfechtungsklage in fast allen Fällen der Verwaltungsakt in der Gestalt ist, die er durch die Einspruchsentscheidung nach §§ 347, 367 AO gefunden hat, und ein erfolgloses außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren vorausgegangen sein muss[1], lautet der Tenor regelmäßig: "Der Bescheid vom … und die Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben." Wurde der angefochtene Verwaltungsakt auf den Einspruch hin durch die Einspruchsentscheidung geändert, sollte der Tenor lauten: "Der Bescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird aufgehoben." Entsprechend dem aus Art. 20 Abs. 2 GG abgeleiteten Gewaltenteilungsprinzip hebt das Gericht die Verwaltungshandlung lediglich auf und stellt damit den Zustand her, wie er vor Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts bestand. Ob und ggf. was an dessen Stelle tritt, wird im Tenor nicht geregelt (s. Rz. 39). Die Entscheidung über eine eventuelle anschließende Regelung hat die Verwaltung zu treffen.

2.1.2 Teilaufhebung

 

Rz. 35

Das Gericht hebt den angefochtenen Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig ist. Das Gesetz geht von einer möglichen Teilaufhebung aus. Umfang der Rechtswidrigkeit und Umfang der Aufhebung bedingen sich. Eine Teilaufhebung setzt allerdings eine Teilbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts voraus (dazu Rz. 14). Da die Mehrzahl der Klagen, mit denen teilbare Verwaltungsakte angefochten werden, Geldverwaltungsakte betrifft (s. Rz. 15), geht das Begehren des Klägers in diesem Fall nicht auf Teilaufhebung, sondern auf Änderung des Verwaltungsakts. Bei entsprechendem Antrag hat das Gericht, wenn nicht ausnahmsweise eine vorläufige Aufhebung nach § 100 Abs. 3 FGO in Betracht kommt (s. Rz. 56ff.), nach § 100 Abs. 2 FGO zu verfahren und den geänderten Betrag selbst festzusetzen (s. Rz. 69ff.). Bei Teilaufhebungen lautet der Tenor verschieden, abhängig von dem jeweiligen Antrag des Klägers. Entspricht der Antrag der vom Gericht festgestellten Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung, lautet der Tenor: "Der Bescheid vom … und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben, soweit …" Geht der Antrag über die festgestellte Teilrechtswidrigkeit und Rechtsverletzung hinaus, indem die Aufhebung weiterer Teile oder des ganzen Verwaltungsakts beantragt wurde, ist zu tenorieren: "Der Bescheid vom … und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben, soweit … . Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."

2.1.3 Aufhebung nur der Einspruchsentscheidung

 

Rz. 36

Da gem. § 44 Abs. 2 FGO Gegenstand der Anfechtungsklage regelmäßig der Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist (s. Rz. 34), kommt eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung grundsätzlich nicht in Betracht. Nur ausnahmsweise soll das Gericht ermächtigt sein, allein die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Sache damit wieder in das Einspruchsverfahren zurückzuversetzen mit der Folge, dass die Behörde erneut über den dann noch offenen Einspruch zu entscheiden hat. Der Tenor lautet dann: "Die Einspruchsentscheidung vom … wird aufgehoben." Das ist dann möglich, wenn der Kläger dies ausdrücklich beantragt und ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis dafür geltend machen kann[1]. Das wird allgemein angenommen für den Fall, dass der Einspruch mit der Einspruchsentscheidung ohne Sachentscheidung zu Unrecht als unzulässig verworfen wurde, weil dem Kläger eine Sachentscheidungsinstanz vorenthalten und er in das kostenpflichtige Klageverfahren gezwungen wurde[2]. Beschränkt sich der Adressat eines Verwaltungsakts in einem solchen Fall allerdings nicht auf die isolierte Anfechtung der Einspruchsentscheidung, hat das Gericht auch den zugrunde liegenden Verwaltungsakt vollen Umfangs zu überprüfen. Eine "Zurückverweisung" an das FA, damit es materiell-rechtlich entscheiden kann, kommt hier nicht in Betracht[3]. Eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung erfolgt ferner, wenn der Verwaltungsakt in der Einspruchsentscheidung unter Missachtung von § 367 Abs. 2 S. 2 AO verbösert wurde[4]. Auch in Fällen, in denen der Kläger rechtsgrundlos mit einem Einspruchsverfahren überzogen wurde, etwa weil er keinen Einspruch eingelegt hatte, ein Einspruchsverfahren gem. §§ 347, 348 AO nicht statthaft war oder weil es sogar an einem durch die angefochtene Einspruchsents...

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