Rz. 18

Der angefochtene Verwaltungsakt ist durch das Gericht aufzuheben oder zu ändern, wenn er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung des Klägers müssen kumulativ vorliegen. Die behauptete Rechtswidrigkeit braucht daher nicht geprüft zu werden, wenn eine Rechtsverletzung schon nicht behauptet wird. Dann ist die Klage unzulässig[1]. Ebenfalls kann eine Prüfung der behaupteten Rechtswidrigkeit entfallen, wenn eine Rechtsverletzung zwar behauptet wurde, sich aber im Lauf des Verfahrens herausstellt, dass eine solche nicht vorliegt, weil der angefochtene Verwaltungsakt z. B. nicht den Kläger, sondern einen Dritten betrifft. Dann kann dahinstehen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Denn seine etwaige Rechtswidrigkeit würde jedenfalls nicht den Kläger in seinen Rechten verletzen.

 

Rz. 19

Rechtswidrig ist ein Verwaltungsakt, wenn bei seinem Erlass oder durch seinen Regelungsgehalt gegen geltendes Recht verstoßen wird. Das zu beachtende Recht ergibt sich aus der Verfassung, dem Gemeinschaftsrecht, den Gesetzen, rechtswirksamen Verordnungen und geltendem Gewohnheitsrecht. Verwaltungsvorschriften wie Richtlinien und Erlasse der Behörden sind dabei regelmäßig unbeachtlich. Nur im Rahmen der Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung kann ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften über Art. 3 GG zur Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten führen[2]. Ein Verwaltungsakt, der mit der Rechtsordnung im Einklang steht, wird seinem Adressaten gegenüber nicht dadurch rechtswidrig, dass die Behörde in vergleichbaren Fällen Dritten gegenüber zu Unrecht nicht die gesetzlich gebotenen Rechtsfolgen angeordnet hat. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht. Zur Klage von Konkurrenten gegen Dritte rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte s. Rz. 29.

 

Rz. 20

Ob ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, bemisst sich grundsätzlich nach dem Inhalt seines Regelungsgehalts. Auf die Begründung kommt es dabei nur in Ausnahmefällen an. Ist in einem Steuerbescheid die Steuer in zutreffender Höhe festgesetzt, wird der Bescheid nicht dadurch rechtswidrig, dass das FA eine unzutreffende Besteuerungsgrundlage angegeben hat. Das Gericht hat zulasten des Klägers zu saldieren mit dem Ergebnis, dass die Klage abgewiesen werden muss, obwohl die vom Kläger behauptete unrichtige Rechtsanwendung gegeben ist. Denn in seinem Regelungsgehalt, nämlich der Festsetzung der Steuer, ist der angefochtene Verwaltungsakt in solchen Fällen nicht rechtswidrig. Die Steuer ist in der zutreffenden Höhe festgesetzt. Ist die Steuer auch nach Saldierung noch rechtswidrig zu hoch festgesetzt, kommt eine teilweise Klagestattgabe durch entsprechende Änderung des Bescheids in Betracht. Führt die Saldierung zu einer höheren Steuer, ist der Verwaltungsakt zwar rechtswidrig, der Kläger aber dadurch regelmäßig nicht in seinen Rechten verletzt[3]. Auch die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage für die ausgesprochene Regelung, was besonders häufig bei Änderungsbescheiden vorkommt, ist regelmäßig unbeachtlich, wenn das Gesetz eine (andere) Rechtsgrundlage für die vorgenommene Änderung zur Verfügung stellt. Die Behörde kann daher während des Prozesses weitere Gründe für ihren Verwaltungsakt nachschieben, solange dadurch der Inhalt der Regelung nicht verändert wird[4].

 

Rz. 21

Die Verletzung von Form- und Verfahrensvorschriften bei Erlass des Verwaltungsakts führt regelmäßig auch zu dessen Rechtswidrigkeit, etwa wenn nach rechtswidriger Betriebsprüfung bei Erlass des Steuerbescheids ein Verwertungsverbot missachtet wurde oder die in § 126 AO genannten Form- und Verfahrensfehler nicht geheilt worden sind. Zu beachten ist in diesen Fällen jedoch, dass wegen § 127 AO häufig keine Rechtsverletzung des Klägers feststellbar ist (s. Rz. 30).

 

Rz. 22

Grundsätzlich kann das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt nur aufheben oder ändern, wenn er zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung rechtswidrig ist[5]. Das ergibt sich schon aus dem in § 100 Abs. 1 S. 4 FGO geregelten Institut der Fortsetzungsfeststellungsklage (s. Rz. 44f.). Dadurch wird deutlich, dass der Gesetzgeber für die Aufhebung oder Änderung von Verwaltungsakten durch das Gericht deren Rechtswidrigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung voraussetzt[6]. Das bedeutet, dass ein Kläger nicht nur dann, wenn der Verwaltungsakt sich erledigt, sondern auch dann, wenn der angefochtene Verwaltungsakt während des Prozesses durch irgendein Ereignis rechtmäßig wird, die Hauptsache für erledigt erklären muss, um mit seiner Klage nicht abgewiesen zu werden. Solche Fälle kommen vor, etwa bei rückwirkenden Ereignissen[7], wenn die Gesetzeslage sich mit verfassungsrechtlich zulässiger Rückwirkung zum Nachteil des Klägers ändert oder sich der Sachverhalt rückwirkend aufgrund einer rechtsgestaltenden Erklärung des Klägers ändert[8]. Dabei ist es zutreffend, wenn es für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit grundsätzlich auf die...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge