Rz. 45

Die Beurkundung erbringt den vollen Beweis der Bekanntgabe, jedoch ist der Gegenbeweis möglich.[1] Die Zustellung ist daher i. d. R. an dem Tag bewirkt, der in der Zustellungsurkunde als Zustellungsdatum beurkundet ist. Das gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt selbst ein späteres Datum als das Zustellungsdatum ausweist, weil der Verwaltungsakt vordatiert ist. Jedoch ist dem Zustellungsempfänger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand[2] zu gewähren, wenn er die Rechtsbehelfsfrist ab dem Datum des Verwaltungsakts (nicht dem Zustellungsdatum) berechnet hat und daher den Rechtsbehelf verspätet einlegt.[3]

Die Wirkung der Zustellung nach § 3 VwZG tritt ein mit der Übergabe des Schriftstücks; § 122 Abs. 2 AO ist nicht anwendbar.[4] Wird die Form der Zustellung nicht eingehalten oder eine der vorgenannten Bestimmungen verletzt, kann der Fehler nach § 8 VwZG geheilt werden. Eine Umdeutung in eine Bekanntgabe nach § 122 AO ist aber nicht möglich.[5]

 

Rz. 46

Die Unterschrift muss nicht lesbar sein, sie muss aber ausreichend individuell gestaltet sein, sodass sie eine Identifizierung des Zustellers ermöglicht.[6] Eine Paraphe ist keine Unterschrift. Enthält die Zustellungsurkunde nur eine Paraphe, ist die Zustellung wirksam, allerdings ist Tag der Zustellung derjenige Tag, in dem der Zustellungsempfänger die Sendung tatsächlich erhalten hat, nicht der auf der Zustellungsurkunde beurkundete Tag.[7] Die Zustellungsurkunde verliert durch diesen Mangel ihre Beweisfunktion.

Eine ordnungsmäßige Zustellungsurkunde erbringt den vollen Beweis der in ihr beurkundeten Tatsachen. Das sind Ort und Tag der Zustellung, empfangnehmende Person[8], Tatsache und Grund einer Ersatzzustellung, Art der Einlegung der Mitteilung bei Ersatzzustellung.[9]

Die Zustellungsurkunde erbringt nur den Beweis für den tatsächlichen Geschehensablauf der Zustellung, nicht dagegen für Verhältnisse, die außerhalb dieses Geschehensablaufs liegen. Keinen Beweis erbringt die Zustellungsurkunde somit zu der Frage, ob der Zustellungsempfänger unter der angegebenen Anschrift wohnt.[10] Die Feststellung des Zustellbeamten, dass der Empfänger dort wohnt, begründet aber ein Indiz, das nur durch eine plausible und schlüssige Gegendarstellung (einschließlich eidesstattlicher Versicherung) erschüttert werden kann.[11] Bloßes Bestreiten genügt hierfür nicht.[12]

Die Zustellungsurkunde erbringt zwar den Beweis, dass die Sendung an eine bestimmte Person als Ersatzperson ausgehändigt worden ist[13], nicht aber darüber, ob diese Person tatsächlich erwachsen, Familienangehöriger, in der Familie beschäftigte Person, ständiger Mitbewohner, in den Geschäftsräumen beschäftigte Person, Leiter der Gemeinschaftseinrichtung oder zur Entgegennahme der Zustellung ermächtigter Vertreter ist.[14] Diese Fragen sind beim Streit über die Wirksamkeit der Ersatzzustellung zu klären.

Da die Zustellungsurkunde nur einen Beweis für Tatsachen erbringt, nicht für Wertungen, erbringt sie keinen Beweis dafür, dass die Benachrichtigung nach § 181 ZPO "in der üblichen Weise" erfolgt ist, da dies eine Wertung ist.[15]

 

Rz. 47

Der Nachweis, dass der Inhalt der Zustellungsurkunde unrichtig ist, ist zulässig, doch muss dazu der volle Gegenbeweis geführt werden, dass tatsächlich ein anderer Geschehensablauf erfolgte, als in der Zustellungsurkunde beurkundet ist[16], der auch durch Parteivernehmung geführt werden kann.[17] Das bloße Bestreiten, das Darlegen eines möglichen anderen Geschehensablaufs oder das Vorbringen von Indizien, die Zweifel an der Richtigkeit der Zustellungsurkunde begründen, genügen nicht.[18] Soweit jedoch gefordert wird, dass ausgeschlossen werden muss, dass die durch die Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen richtig sein können[19], geht dies m. E. zu weit. Es muss keine absolute Sicherheit bestehen, dass unter keinen Umständen die Zustellungsurkunde unrichtig ist. Diese Wertung obliegt dem Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung. Daher ist die Behauptung, die Mitteilung über die Ersatzzustellung nicht erhalten zu haben, nicht ausreichend.[20] Auch die Versicherung an Eides Statt genügt nicht als Gegenbeweis, da dieses Beweismittel keinen vollen Beweis erbringt, sondern nur glaubhaft macht.[21]

Auch wenn der Nachweis einer fehlerhaften Zustellungsurkunde erbracht worden ist, kann sich der Stpfl. ggf. nicht darauf berufen, wenn dies gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.[22] Dies gilt insbesondere dann, wenn die Zustellung schuldhaft vereitelt worden ist, z. B. durch die Anbringung einer Briefkastensperre.

Keinen Beweis erbringt die Zustellungsurkunde für Angaben, die offensichtlich unrichtig beurkundet sind[23], sowie für verwirrende oder widersprüchliche Angaben.[24]

 

Rz. 48

Dem Zustellungsempfänger ist eine Kopie der Zustellungsurkunde zu übergeben, um ihn insbesondere über den beurkundeten Tag der Zustellung zu informieren. Die Übergabe einer Kopie der Urkunde an den Zustellungsempfänger kann durch den Vermerk des Zustellungstags auf der Sendung ersetzt werden...

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