Rz. 13

Nach dem Aufbau des Gesetzes umfasst das "Festsetzungs- und Feststellungsverfahren"[1] vier unterschiedliche Verfahren, die zum Bereich der Steuerfestsetzung im weiteren Sinn gehören, nämlich das eigentliche Steuerfestsetzungsverfahren[2], das Feststellungsverfahren[3] einschließlich der Festsetzung der Steuermessbeträge als einer Vorstufe des eigentlichen Steuerfestsetzungsverfahrens, das Zerlegungs- und Zuteilungsverfahren[4] sowie das Haftungsverfahren[5]. Das Außenprüfungsverfahren ermittelt die Besteuerungsgrundlagen, die dann im Weg der Steuerfestsetzung ausgewertet werden. Grundsätzlich kann die Auswertung in jedem dieser vier Verfahren erfolgen. Problemlos ist dies bei Steuerfestsetzungs- und Steuerfeststellungsverfahren. Die Außenprüfung kann aber auch auf die Festsetzung einer Haftungsschuld gerichtet sein[6] sowie auf das Zerlegungs- und Zuteilungsverfahren (z. B. Ermittlung der Zerlegungsmaßstäbe).

 

Rz. 14

Dem Grundsatz nach verfolgen Außenprüfung und Steuerfestsetzung getrennte Ziele. Das Festsetzungsverfahren hat die Festsetzung der Steuer zum Gegenstand, die Außenprüfung soll durch Prüfung bei dem Stpfl. in besonders effektiver und intensiver Weise die Besteuerungsgrundlagen ermitteln und damit eine Voraussetzung für eine richtige Steuerfestsetzung schaffen. Diese klare Unterscheidung in Ermittlung (= Außenprüfung) und Festsetzung (= Festsetzungsverfahren) ist jedoch in zweifacher Hinsicht durch die Institute der betriebsnahen Veranlagung (Rz. 15) und der veranlagenden Außenprüfung (Rz. 16) durchbrochen. So gehört auch zum Festsetzungsverfahren untrennbar eine Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, nachdem die AO nicht den Weg gewählt hat, ein eigenständiges Ermittlungsverfahren einzuführen (sodass das Außenprüfungsverfahren eine Unterart dieses Ermittlungsverfahrens wäre), sondern die Beweisvorschriften[7] in den allgemeinen Teil, und damit auch im Festsetzungsverfahren anwendbar, eingestellt hat. Zwar ließe sich im Regelfall die Abgrenzung zwischen Außenprüfung und Festsetzungsverfahren so treffen, dass im Festsetzungsverfahren Ermittlungen an Amtsstelle, bei der Außenprüfung dagegen Ermittlungen beim Stpfl. durchgeführt werden (vgl. hierzu Rz. 8), diese Abgrenzung ist aber nicht zwingend, da es nicht ausgeschlossen ist, im Festsetzungsverfahren Ermittlungen beim Stpfl. durchzuführen.

 

Rz. 15

Die erste Überschneidung zwischen Steuerfestsetzungsverfahren und Außenprüfung bildet die betriebsnahe Veranlagung. Hierbei handelt es sich um Ermittlungen, insbesondere Einsichtnahme in die Buchführung, beim Stpfl. im Rahmen der Steuerfestsetzung.

Betriebsnahe Veranlagungen können nach dem AEAO abgekürzte Außenprüfungen nach § 203, aber auch Maßnahmen der Steuerermittlung im Rahmen der Steuerfestsetzung sein[8]. Maßgebend für die Unterscheidung sei, ob eine Prüfungsanordnung ergehe. Diese Abgrenzung ist systematisch nicht haltbar. Es handelt sich um ein formelles Kriterium, das keine Rücksicht auf den materiellen Gehalt des Vorgangs nimmt. Maßgebend ist vielmehr, ob es sich materiell um eine Außenprüfung handelt. Dann muss, als Folge, eine Prüfungsanordnung ergehen. Liegt materiell keine Außenprüfung vor, handelt es sich um Einzelermittlungen nach §§ 92, 93ff., die im Steuerfestsetzungsverfahren zulässig, aber an die dort genannten Voraussetzungen und Einschränkungen gebunden sind[9]. Insbesondere ist insoweit die Einsichtnahme in die Buchführung nach § 97 Abs. 2, 3 nur zulässig, wenn keine ausreichende Auskunft erteilt wurde, oder wenn der Stpfl. der Einsichtnahme zustimmt. Die betriebsnahe Veranlagung hat auch nicht die Wirkungen einer Außenprüfung, wie z. B. die Hemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4.

Eine Außenprüfung liegt vor, wenn Ziel der besonders qualifizierten Ermittlungen die Feststellung aller bedeutsamen Besteuerungsgrundlagen bzw. bei der abgekürzten Außenprüfung der wesentlichen Schwerpunkte ist (vgl. Rz. 8). Es werden daher "Sachverhaltsfelder" geprüft. Bei Einzelermittlungen im Rahmen der Steuerfestsetzung kann es sich demgegenüber nur um Einzelermittlungen bei bestimmten Zweifelsfragen handeln. Bei der betriebsnahen Veranlagung werden eine oder einige konkrete Zweifelsfragen geprüft, die bei der Bearbeitung der Steuererklärung aufgetreten sind. Es handelt sich um ein "Beweisverfahren", für das ein konkretes Beweisthema vorliegen muss. Das Vorliegen von Zweifelsfragen bzw. eines Beweisthemas und die Beschränkung der Ermittlungen hierauf sind, anders als bei der Außenprüfung, konstituierend.

Im Einzelfall können sich trotz dieser theoretisch klaren Abgrenzung abgekürzte Außenprüfung und betriebsnahe Veranlagung in den Tatbestandsvoraussetzungen überschneiden. Bei der dann vorliegenden Tatbestandskonkurrenz kann die Verwaltung wählen, welches Verfahren sie anwenden will. Sie kann Einzelermittlungen nach §§ 93ff. anordnen, ist dann aber z. B. an die Einschränkungen des § 97 Abs. 2 gebunden; sie kann auch eine abgekürzte Außenprüfung anordnen, muss dies dann aber durch eine Prüfun...

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