Rz. 23

Die Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten sind nicht uneingeschränkt zulässig. Das BVerfG hat in seinem sog. Volkszählungsurteil[1] Grundsätze für den Schutz des von Art. 2 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG umfassten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung entwickelt. Danach ist der Einzelne befugt, grds. selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Einschränkungen dieses Rechts sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit entsprechen muss.

 

Rz. 24

Die in §§ 139a139d AO getroffenen Regelungen werden diesen Anforderungen gerecht. Für die Einf. eines Identifikationsmerkmals besteht ein überwiegendes Allgemeininteresse. Denn dieses gibt der Steuerverwaltung ein Instrument an die Hand, das eine eindeutige Identifikation der Stpfl. und damit eine optimierte Verifikation ermöglicht. Dies wiederum dient zur Wahrung einer gleichmäßigen und gesetzmäßigen Besteuerung.[2] Die Regelungen genügen, da sich aus ihnen die Voraussetzungen und der Umfang der Grundrechtsbeschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben[3], auch dem Gebot der Normenklarheit. Schließlich wird auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, nach dem die Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Zwecks (vgl. Rz. 4) geeignet und erforderlich sowie überdies im Hinblick auf die Eingriffsintensität angemessen sein muss. Durch die Zuteilung eines eindeutigen und beständigen Identifikationsmerkmals werden insbes. die Steuerverwaltungen der Länder in die Lage versetzt, die Effizienz des Besteuerungsverfahrens wirksam zu steigern und den Gesetzesvollzug gleichmäßiger auszugestalten. Da die beim BZSt zu speichernden Daten außerdem einer strikten Zweckbindung unterworfen sind, stellen sich die Erhebung, Speicherung und Verwendung der Daten insgesamt als zulässige Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dar.[4]

 

Rz. 25

Erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 139a, 139b AO äußert hingegen FG Köln v. 7.7.2010, 2 K 3093/08 (EFG 2010, 1860). Seine Zweifel stützt es im Wesentlichen darauf, dass durch die Identifikationsnummer alle in Deutschland ansässigen Bürger von staatlicher Seite zentral erfasst würden. Dies räume zumindest die Möglichkeit ein, durch entsprechende Erweiterungen der zu speichernden Daten bzw. durch die Vernetzung verschiedener Datenpools einen großen zentralen Datenbestand zu schaffen, woraus sich zukünftig die Gefahr der Erstellung von Persönlichkeitsprofilen ergeben könnte.[5] Darüber hinaus sei fraglich, ob es zum Zweck der gleichmäßigen Besteuerung tatsächlich erforderlich sei, die Identifikationsnummer unabhängig davon, ob die betreffenden Personen bereits einen Besteuerungstatbestand verwirklicht haben, allen Bürgern zuzuteilen und flächendeckend zentral hierunter Daten zu speichern. Insoweit komme es in gewisser Weise zu einer – besonders hohen Anforderungen unterliegenden[6] – "Vorratsdatenspeicherung". Gleichwohl hat das FG Köln die Sache nicht im Wege eines konkreten Normenkontrollverfahrens[7] dem BVerfG vorgelegt, weil dies die volle Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Normen vorausgesetzt hätte.[8] Diese volle Überzeugung, dass das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung das Interesse der Allgemeinheit an einer gleichmäßigen Besteuerung überwiegt, konnte der erkennende Senat letztendlich nicht gewinnen.

 

Rz. 26

Die Revisionsinstanz hat sich diese Bedenken nicht zu eigen gemacht.[9] Der BFH hat in seinem Urteil vielmehr ausführlich dargelegt, dass die Vorschriften der §§ 139a, 139b AO aufgrund der Zielsetzung des Gesetzgebers und ihrer zweckentsprechenden, den Datenschutz wahrenden Ausgestaltung nicht unzulässig gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen. Bei der Erleichterung des Steuerverfahrens, der vollständigen Erfassung der Steuerquellen und der Sicherstellung der gesetzmäßigen, d. h. insbes. gleichmäßigen Besteuerung handele es sich um öffentliche Interessen, die im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankert seien und deshalb einen Rang hätten, der über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgeht. Diesen Zielen diene die Identifikationsnummer auf vielfältige Art und Weise. Die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seien gegenüber den Interessen des Gemeinwohls nicht von ausschlaggebendem Gewicht.

 

Rz. 27

Das BMF hat mit einer Allgemeinverfügung v. 22.7.2013, IV A 3 – S 0625/13/10002, BStBl I 2013, 862 alle anhängigen Einsprüche gegen die Zuteilung der steuerlichen Identifikationsnummer und/oder die Datenspeicherung i. S. d. § 139b Abs. 3 AO als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führt das BMF an, dass es sich weder bei der Zuteilung der Identifikationsnummer noch bei der Datenspeicherung um einen Verwaltungsakt handelt, weil d...

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