Rz. 54

Das FG darf Ermessensentscheidungen der Finanzbehörden nur darauf überprüfen, ob sie sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen gehalten und ob vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, also auf eine Ermessensunter- oder -überschreitung oder ein fehlerhaftes Ermessen.[1] Die Fassung dieser Vorschrift entspricht der des § 5 AO. Die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ist dagegen von den Gerichten voll nachprüfbar (s. Rz. 7).

 

Rz. 55

Die Gerichte können rechtswidrige Ermessensentscheidungen grundsätzlich nur aufheben. Sie dürfen ihr Ermessen nicht an die Stelle des Ermessens der Finanzbehörde setzen. Eine Ausnahme hiervon besteht dann, wenn sich der Ermessensspielraum auf Null (dazu Rz. 31) reduziert.[2] Maßgeblicher Zeitpunkt für die durch das FG vorzunehmende Rechtskontrolle sind grundsätzlich die Ermessenserwägungen in der Einspruchsentscheidung, sofern das FA seine Ermessenserwägungen nicht gem. § 102 S. 2 FGO in zulässiger Weise ergänzt hat.[3] Nach § 102 S. 2 FGO darf das FA seine Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren zwar vertiefen, verbreitern und verdeutlichen, nicht dagegen erstmals anstellen, die Ermessensgründe auswechseln oder vollständig nachholen.[4] Bei einem wegen Ermessensnichtgebrauch rechtswidrigen Verwaltungsakt scheidet hingegen eine Ergänzung der Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 102 S. 2 FGO aus.[5] Bei einem nach der Einspruchsentscheidung ergangenen geänderten Bescheid ist der Zeitpunkt seiner Bekanntgabe für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung maßgebend.[6] Im Revisionsverfahren nachgeschobene Ermessenserwägungen kann der BFH nicht berücksichtigen.[7]

 

Rz. 56

Nach § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 FGO gelten für das FG § 158 AO, § 160 AO und § 162 AO sinngemäß. Für das Benennungsverlangen des § 160 AO, das im Ermessen der Finanzbehörde steht, ist das FG also nicht auf die Überprüfung des von der Finanzbehörde ausgeübten Ermessens beschränkt. Das Gericht kann vielmehr ein neues Benennungsverlangen an den Stpfl. richten und danach eigenes Ermessen ausüben.[8] Der BFH kann in diesen Fällen allerdings die Entscheidung des FG nur auf Ermessensfehler überprüfen. Einer nach Auffassung des Schrifttums[9] gebotenen entsprechenden Anwendung des § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 FGO auf die Fälle des § 159 AO scheidet aus, weil sich die Rspr. nicht über den eindeutigen, in § 96 Abs. 1 S. 2 FGO zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen hinwegsetzen darf.[10]

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