1 Allgemeines

1.1 Überblick und Zweck

 

Rz. 1

§ 348 AO stellt eine Ausnahme zu der Regelung des § 347 AO dar. Während § 347 Abs. 1 AO die Fälle aufzählt, in denen ein Einspruch statthaft ist, bestimmt § 348 AO – nicht abschließend[1] – Ausnahmen von der Statthaftigkeit des Einspruchs.

 

Rz. 2

Durch § 348 AO soll zum einen verhindert werden, dass das Einspruchsverfahren endlos fortgesetzt werden kann, weil immer wieder ein erneuter Einspruch eingelegt wird[2], zum anderen, dass Nebenverfahren eröffnet werden, die die Sachentscheidung nicht fördern.

[1] S. Rz. 19; Tappe, in HHSp, AO/FGO, § 348 AO Rz. 90.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

§ 348 AO geht zurück auf § 230 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 RAO, der die nicht beschwerdefähigen Verfügungen aufzählte. Die Vorschrift wurde in § 349 AO 1977 übernommen und im Rahmen der Umgestaltung des Rechtsbehelfsverfahrens und der Abschaffung der Beschwerde als außergerichtlichem Rechtsbehelf durch das Gesetz zur einkommensteuerlichen Entlastung von Grenzpendlern und anderen beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen und zur Änderung anderer gesetzlicher Vorschriften (Grenzpendlergesetz)[1] mit Wirkung ab dem 1.1.1996 neu gefasst.

Mit dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. StBÄndG)[2] wurde das Zulassungsverfahren für die Steuerberaterprüfung mit Wirkung ab dem 1.7.2000 gestrafft und die Zulassungsausschüsse abgeschafft, gegen deren Entscheidungen nach § 348 Nr. 4 AO a. F. der Einspruch nicht statthaft war. Als Folge wurde die Nr. 4 neu gefasst und eine Nr. 5 angefügt.

Durch das Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007)[3] wurde § 348 Nr. 6 AO angefügt, der Einsprüche gegen die gleichzeitig ab dem 19.12.2006 ermöglichten Allgemeinverfügungen ausschließt, mit denen nach § 172 Abs. 3 AO Anträge auf schlichte Änderung abgelehnt werden, die sich auf bestimmte Musterprozesse bezogen.

Mit Wirkung v. 12.4.2008 wurde § 348 Nr. 5 AO durch das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (8. StBÄndG)[4] aufgehoben und § 348 Nr. 4 AO neu gefasst, ohne dass sich hierdurch eine Änderung der Rechtslage ergeben hätte.

[1] V. 24.6.1994, BGBl I 1994, 1395.
[2] V. 24.6.2000, BGBl I 2000, 874.
[3] V. 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878.
[4] V. 8.4.2008, BGBl I 2008, 666.

2 Ausschluss des Einspruchs

2.1 … gegen Einspruchsentscheidungen (§ 367 AO) (Nr. 1)

 

Rz. 4

§ 348 Nr. 1 AO schließt einen erneuten Einspruch "gegen Einspruchsentscheidungen"[1] aus. Mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ist das Einspruchsverfahren abgeschlossen.[2] Ein weitergehender Rechtsschutz wird durch die finanzgerichtliche Klage gewährt, für die das Vorliegen der Einspruchsentscheidung nach § 44 FGO Sachentscheidungsvoraussetzung ist.

 

Rz. 5

Auch gegen eine nach § 367 Abs. 2a AO ergangene Teil-Einspruchsentscheidung und eine aufgrund § 367 Abs. 2b AO erlassene Einspruchsentscheidung durch Allgemeinverfügung ist der Einspruch ausgeschlossen.[3]

 

Rz. 6

Nicht ausgeschlossen ist dagegen der Einspruch gegen eine "Scheineinspruchsentscheidung"[4], also einen Verwaltungsakt, den die Finanzbehörde fälschlicherweise als "Einspruchsentscheidung" erlassen hat.[5] Kann die ohne Einspruch gegen diesen Verwaltungsakt erhobene Klage durch das FG nicht nach § 45 Abs. 2 FGO zur Entscheidung an die Behörde abgegeben werden[6], sind dieser jedenfalls die Kosten des Klageverfahrens nach § 137 S. 2 FGO aufzuerlegen.[7]

 

Rz. 7

Der Ausschluss des Einspruchs nach § 348 Nr. 1 AO gilt auch dann, wenn die Einspruchsentscheidung den Stpfl. oder einen Dritten erstmalig beschwert oder sie eine zusätzliche Beschwer enthält.[8] Nach Auffassung des BFH ist die unmittelbare Klage in diesen Fällen zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Die isolierte Durchführung eines Vorverfahrens gegen die Einspruchsentscheidung stellte einen überflüssigen Formalismus dar. Gleiches gilt, wenn die Familienkasse in einem Einspruchsverfahren in Kindergeldsachen die nach § 77 EStG erforderliche Kostenentscheidung (z. B. bei einer Teilstattgabe oder einer Zurückweisung des Einspruchsbegehrens) im Rahmen der Einspruchsentscheidung trifft. Die Kostenentscheidung ist dann Teil der Einspruchsentscheidung, die ebenfalls nach § 348 Nr. 1 AO nicht mit einem erneuten Einspruch anfechtbar ist.[9]

 

Rz. 8

Für einen dem Einspruch vollständig abhelfenden Vollabhilfebescheid findet § 348 Nr. 1 AO dagegen keine Anwendung. Gegen einen solchen ist der Einspruch statthaft.[10]

§ 348 Nr. 1 AO schließt den Einspruch ausdrücklich nur "gegen Einspruchsentscheidungen"[11] aus. § 367 AO regelt die Entscheidung der Finanzbehörde über den Einspruch durch Einspruchsentscheidung oder Abhilfe. Aus § 367 Abs. 2 S. 3 AO folgt, dass es nach Erlass eines Abhilfebescheids, der dem Antrag des Einspruchsführers vollständig Rechnung trägt, einer Einspruchsentscheidung nicht mehr bedarf. Ein solcher Vollabhilfebescheid steht zwar einer Einspruchsentscheidung insofern gleich, als beide das Einspruchsverfahren wegen des vorangehenden Bescheids beenden und eine Fortsetzung bzw. Ergänzung jenes Einspruchsverfahrens danach nicht me...

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