Rz. 30

Anwendungsfälle der Mitteilungsbefugnisse nach § 31b AO ergeben sich aus aufsichtsrelevanten Sachverhalten, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass Maßnahmen der zuständigen Stelle geboten sind.[1] Ein Mitteilungsfall wird meist nicht wegen eigener Angaben des Stpfl.[2] sondern aufgrund von Erkenntnissen der Außenprüfung, einer Steuerfahndungsprüfung oder einer USt-Nachschau gem. § 27b UStG in Betracht kommen, weil im Rahmen dieser Verfahren unerklärliche Geldbewegungen und Vermögensveränderungen auffallen.[3] Zu denken ist etwa an Zahlungen ohne Gegenleistung, auffällig überhöhte Rechnungen, Warenbezug, der im Geschäftsbetrieb des Stpfl. nicht verwertbar erscheint oder unerklärlich hohe Umsätze z. B. in der Gastronomie oder im Einzelhandel.

Nach dem Wegfall des Vortatenkatalogs wird man für in Betracht kommende Erkenntnisse der Finanzbehörden für Geldwäscheverdachtsmeldungen nach § 31b Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO einen Schwerpunkt bei aufgedeckten Steuerhinterziehungen (Rz. 25ff.) sehen müssen.

[1] Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 31b Rz. 3.
[2] Alber, in HHSp, AO/FGO, § 31b AO Rz. 38.
[3] Ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 31b AO Rz. 2; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 31b Rz. 5a und 32; Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 49; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 31b Rz. 9.

2.6.1 Durchführung eines Strafverfahrens (Abs. 1 Nr. 1)

 

Rz. 31

Das Offenbaren ist zulässig und geboten, soweit dies der Initiierung oder Förderung des Strafverfahrens wegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung dient.[1] Dem Verfahren "dienen" ist dabei weniger als ein "erforderlich" sein, wie in § 31a Abs. 1 AO.[2] Gleichzeitig ist ein dem Verfahren "dienen" aber mehr als ein vager Verdacht.[3] Die Mitteilung kann der Durchführung des Strafverfahrens dann dienen, wenn der Strafverfolgungsbehörde dadurch zureichende tatsächliche Anhaltspunkte i. S. d. § 152 Abs. 2 StPO bekannt werden. Einen umfassenden strafrechtlichen Anfangsverdacht braucht die Finanzbehörde nicht zu haben.[4] Auch wenn über die formale Voraussetzung des Anfangsverdachts gestritten wird, besteht in den Anforderungen doch weitgehend Einigkeit.[5]

 

Rz. 32

Ist bereits ein Verfahren anhängig, erlaubt die Vorschrift die Mitteilung von Tatsachen, die der – weiteren – Durchführung des Strafverfahrens dienen.[6]

 

Rz. 33

Da in der aufgrund des weiten Tatbestands des § 261 StGB notwendigen verfassungskonformen Auslegung der Meldeberechtigungen und -verpflichtungen nicht jede Geldwäschestraftat eine Öffnung des Steuergeheimnisses bewirken kann (Rz. 4ff.), wird es sich im Geldwäschebereich jeweils um Ermittlungen/Verfahren von entsprechendem Gewicht handeln müssen.

[1] Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 31.
[3] Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 31b Rz. 3; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 31b AO Rz. 3.
[4] Ebenso Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 31b AO Rz. 3.
[5] Vgl. die Beschreibung des Anfangsverdachts bei Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 6, 34 und 36.1.
[6] Ebenso Blesinger, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 31b AO Rz. 6; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 31b AO Rz. 8a; Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 31.

2.6.2 Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung (Abs. 1 Nr. 2)

 

Rz. 34

Der Zweck der Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung greift auch außerhalb von (möglichen) Strafverfahren. Zur Informationsübermittlung genügt schon der Zweck der präventiven Abwehr der Tatbestandsverwirklichung.[1] Bestehen nach den Erkenntnissen der Finanzbehörde objektiv erkennbare Anhaltspunkte für das Vorliegen von Tatsachen, die auf eine Geldwäschestraftat von Gewicht (vgl. Rz. 4ff., 33) oder Terrorismusfinanzierung oder deren Planung schließen lassen und ist ein krimineller Hintergrund nicht ausgeschlossen, sind die Voraussetzungen der Offenbarung erfüllt. Dabei genügen auch Tatsachen, die auf einen entsprechenden Zusammenhang "hindeuten". Bloße Vermutungen reichen allerdings für die Anwendung der Vorschrift nicht aus (vgl. Rz. 31).

Rz. 35 einstweilen frei

[1] Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 31b AO Rz. 27.1.

2.6.3 Maßnahmen gegen Verpflichtete (Abs. 1 Nr. 3 und 4)

 

Rz. 36

Die Mitteilungsbefugnis nach § 31b Abs. 1 Nr. 3 AO erstreckt sich auf Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass ein Verpflichteter i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 13 bis 16 GwG (Dienstleister für Gesellschaften, Treuhänder, Immobilienmakler, Spielbanken und sonstige Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen[1], gewerbliche Händler usw.) eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 56 GwG begangen hat oder begeht. Zum anderen erstreckt sich die Mitteilungsbefugnis nach § 31b Abs. 1 Nr. 4 AO auf Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass die Voraussetzungen für das Treffen von Maßnahmen und Anordnungen nach § 51 Abs. 2 GwG gegenüber Verpflichteten i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 13 bis 16 GwG gegeben sind.

Damit soll die jeweilige Aufsichtsbehörde in die Lage versetzt werden, ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen zu können. Auch hier wird man m. E. aber eine verfassungskonforme Auslegung hinsichtlich der betroffenen – meldepflichtigen – Vortat vornehmen müssen (Rz. 4ff.). Diese Erstreckung auf bestimmte, einschlägige Ordnungswidrig...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge