1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 261 AO war § 130 RAO.[1] Ergänzende Verwaltungsanweisungen zur Niederschlagung finden sich vor allem in Abschn. 14 bis 17 VollStrA.[2] Für das Erhebungsverfahren findet sich in § 156 Abs. 2 AO eine entsprechende Bestimmung.[3] Die Vorschrift wurde letztmalig geändert durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016.[4] Diese Änderungen sind im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich sprachlicher Natur.

 

Rz. 2

Die Vorschrift erlaubt der Finanzbehörde, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. v. § 37 AO niederzuschlagen. Das bedeutet allerdings nur, dass solche Ansprüche aufgrund einer verwaltungsinternen Willensbildung und Entscheidung vorläufig nicht weiter verfolgt werden; Einziehungsversuche unterbleiben also. Der niedergeschlagene Anspruch wird jedoch in seinem Bestehen und seiner Fälligkeit nicht berührt. Die Niederschlagung unterscheidet sich aus diesem Grunde grundlegend vom Billigkeitserlass[5] und der Stundung[6], die zu einem Erlöschen der Forderung führen. Die Niederschlagung kann deshalb auch jederzeit wieder aufgehoben werden. Sie ist für zwei Fallgruppen explizit vorgesehen:[7] zum einen, wenn zu erwarten ist (früher feststeht), dass die Erhebung (früher Einziehung) erfolglos ist (Rz. 17–19), zum anderen, wenn die Kosten der Erhebung (früher Einziehung) außer Verhältnis zum niederzuschlagenden Betrag stehen (Rz. 20–21).

[1] Zur Rechtshistorie vgl. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 261 AO Rz. 1f.
[2] BStBl I 1980, 112, zuletzt geändert am 23.10.2017, BStBl I 2017, 1374.
[3] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 261 AO Rz. 2.
[4] BGBl I 2016, 1679.

2 Zweck der Niederschlagung

 

Rz. 3

Durch die Niederschlagung soll überflüssiger, sinnloser oder unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden werden. Sie liegt also im Interesse der Verwaltung. Die Interessen des Vollstreckungsschuldners werden dagegen durch die Niederschlagung weder verfolgt noch berührt.[1] Sie begründet – anders als die Gewährung von Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO – auch kein subjektives Recht des Vollstreckungsschuldners.[2] Überflüssiger Verwaltungsaufwand und unnötige Kosten sollen dabei so früh wie möglich unterbunden werden. Die Niederschlagung steht dabei neben der Regelung des § 156 Abs. 2 AO, die bereits im Festsetzungsverfahren diese Ziele verfolgt.[3] § 156 Abs. 2 AO wurde ebenfalls durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens geändert.

[1] BFH v. 27.11.2003, VII B 279/05, n. v.; kritisch hierzu Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 261 AO Rz. 5.
[3] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 261 AO Rz. 5; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 261 AO Rz. 1.

3 Gegenstand der Niederschlagung

 

Rz. 4

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis dürfen niedergeschlagen werden. Diese in § 37 AO abschließend aufgezählten Ansprüche sind allesamt Ansprüche auf Geldleistungen, vor allem Steuer- und Haftungsansprüche sowie Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen.[1] Die steuerlichen Nebenleistungen sind in § 3 Abs. 4 AO abschließend aufgezählt. Für die Niederschlagung kommen allerdings nicht alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Betracht[2], sondern lediglich diejenigen des Fiskus. § 261 AO ist nämlich eine Vollstreckungsvorschrift, die auf die Ansprüche des Stpfl. auf Steuererstattung und Steuervergütung nicht passt. Dagegen ist eine Niederschlagung von Erstattungsansprüchen des Fiskus (Rückforderungsanspruch) möglich.

 

Rz. 5

Für eine Niederschlagung ist es nicht erforderlich, dass es sich bereits um endgültige Steuerfestsetzungen handelt. Aus diesem Grunde kommt insbesondere auch eine Niederschlagung von Vorauszahlungen in Betracht, wenn die weiteren Voraussetzungen der Niederschlagung gegeben sind.[3]

 

Rz. 6

Die Bußgelder für Steuerordnungswidrigkeiten nach §§ 409ff. AO könnten zwar über § 412 Abs. 2 S. 1 AO unter § 261 AO fallen. Dies gilt jedoch wegen der lex specialis des § 95 Abs. 2 OWiG nicht, die – mit fast gleichen Wirkungen wie § 261 AO – über die Verweisung des § 412 Abs. 2 S. 2 AO Anwendung findet.[4] Auch Geldstrafen fallen nicht unter die Norm, da für den Verzicht auf diese eine gesonderte Bestimmung in der Strafprozessordnung besteht.[5]

 

Rz. 7

In Fällen der Gesamtschuld ist die Niederschlagung getrennt nach den einzelnen Gesamtschuldnern möglich. Wenn nur für einen oder einzelne der Gesamtschuldner die Voraussetzungen der Niederschlagung gegeben sind, kann sie für diese angeordnet werden, während die Vollstreckung gegen andere oder einen anderen Gesamtschuldner weiter betrieben wird.

 

Rz. 8

Auch Zölle und Verbrauchsteuern können nach § 261 AO niedergeschlagen werden. Für die Zölle ergibt sich dies aus Art. 112–114 UZK.[6] Entsprechendes gilt für die Verbrauchsteuern für den Fall der Einfuhr. Auf die Verbrauchsteuern im Übrigen ist § 261 AO unmittelbar anzuwenden.

[1] § 37 AO Rz. 1; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 261 AO Rz. 16f.
[2] Im Einzelnen Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 261 AO Rz. 3.
[3] Müller-Eisel...

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