3.4.1 Allgemeines

 

Rz. 49

§ 172 Abs. 1 Nr. 2d AO lässt andere gesetzliche Möglichkeiten der Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden sowie von den Steuerbescheiden gleichgestellten Bescheiden[1] unberührt; kraft ausdrücklicher Vorschrift sind die §§ 130, 131 AO auf Steuerbescheide jedoch nicht anwendbar.[2] Diese Vorschriften können auch nicht auf die Einspruchsentscheidung angewandt werden, weil diese kein Steuerbescheid ist. Die Einspruchsentscheidung knüpft an den Steuerbescheid an und hat unabhängig von ihm keine eigenständige Bedeutung. Ihre Änderung richtet sich daher nach §§ 172ff. AO, nicht nach §§ 130, 131 AO.[3]

 

Rz. 49a

Die "sonstigen gesetzlichen Möglichkeiten" zur Aufhebung oder Änderung erfordern eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, aus der hervorgeht, dass die Bestandskraft durchbrochen werden soll. Dabei ist nicht die Benutzung der Begriffe "Aufhebung" oder "Änderung" entscheidend, sondern es genügt eine Formulierung, die eine gesetzgeberische Wertentscheidung für die Durchbrechung der Bestandskraft klar erkennen lässt.[4]

 

Rz. 49b

Der Geltungsbereich des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2d AO ist auf Bescheide eingeschränkt, die keine Zoll- und Verbrauchsteuerbescheide sind, gilt also nur für Besitz- und Verkehrsteuerbescheide sowie Realsteuerbescheide. Das ergibt sich aus der Stellung der in Buchst. d enthaltenen Regelung unter § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Wegen der weit gefassten Änderungs- und Aufhebungsmöglichkeit des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO bedarf es für Verbrauchsteuern keiner weiteren gesetzlichen Regelung; zu Zöllen Rz. 9.

3.4.2 Weitere Möglichkeiten der Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden nach der AO

 

Rz. 50

Schon nach der AO ergeben sich mehrere Möglichkeiten der Durchbrechung der Bestandskraft von Steuerbescheiden und diesen gleichgestellten Bescheiden. Es handelt sich hierbei um die §§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2, 173, 173a, 174, 175, 175a und 175b AO sowie, als Spezialvorschrift für Zerlegungsbescheide, § 189 AO und als Spezialvorschrift für die Änderung des Aufteilungsbescheids § 280 AO. Vgl. die Erl. zu diesen Vorschriften. § 175b AO erweitert und ersetzt die aufgehobene Regelung des § 10 Abs. 2a S. 8 EStG.[1] Die §§ 129, 132 AO gehören nicht hierher, obwohl sie auch für Steuerbescheide gelten. § 129 AO ermöglicht nicht die Änderung des Regelungsgehalts eines Verwaltungsakts, stellt also keine Möglichkeit der Änderung oder Aufhebung da[2]; § 132 AO eröffnet keine selbstständige Änderungsmöglichkeit, sondern bestimmt nur den Anwendungsbereich der bestehenden Änderungsvorschriften während eines Einspruchsverfahrens oder finanzgerichtlichen Verfahrens.

 

Rz. 50a

Eine weitere eigenständige Änderungsvorschrift enthält § 233a Abs. 5 AO für die Anpassung von Zinsbescheiden an geänderte Steuerfestsetzungen.[3] Die Vorschrift kann als eine Sonderregelung sowohl zu § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO (geänderte Steuerfestsetzung als Grundlagenbescheid) als auch zu § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (geänderte Steuerfestsetzung als rückwirkendes Ereignis) aufgefasst werden.

[2] M. Frotscher, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 129 AO Rz. 2ff.
[3] Pahlke, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 233a AO Rz. 27.

3.4.3 Änderung der gesonderten Feststellung bei Änderung des Sanierungsertrags, § 3a Abs. 4 S. 3, 4 EStG

 

Rz. 50b

Sind betriebliche Einkünfte nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a oder b AO, also insbesondere bei Mitunternehmerschaften, gesondert festzustellen, ist auch die Höhe des Sanierungsertrags und die der mindernden Beträge gesondert festzustellen. Wurde die gesonderte Feststellung ohne Berücksichtigung des Sanierungsertrags festgestellt oder ändern sich die mindernden Beträge, ist der Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 S. 4 EStG entsprechend zu ändern. Das führt über § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO zur Änderung der Folgebescheide. Die Änderung hat auch zu erfolgen, wenn der Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist. Die Feststellungsfrist läuft nicht ab, bevor die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid abgelaufen ist. Diese Regelung entspricht § § 181 Abs. 5 AO.

3.4.4 Bescheidänderung bei Rückgängigmachen der Investitionsabzugsbeträge, § 7g Abs. 3, 4 EStG

 

Rz. 50c

Ist der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf den Abzug folgenden Wirtschaftsjahres bei einer Investition hinzugerechnet worden, ist der Abzug rückgängig zu machen. Dazu sind nach § 7g Abs. 3 S. 2 , 3 EStG bestandskräftige Steuerbescheide und Bescheide über die gesonderte Feststellung zu ändern. Es handelt sich um eine spezielle Korrekturvorschrift. Zusätzlich tritt auch eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist ein. Nach § 7g Abs. 4 S. 2, 3 EStG gilt eine entsprechende Regelung, wenn ein begünstigtes Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. Die Vorschrift ermöglicht nur das punktuelle Rückgängigmachen des berücksichtigten Korrekturabzugsbetrags. Darüber hinausgehende Gewinnänderungen können nur vorgenommen werden, wenn eine dies erm...

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