6.2.1 Gegen die Ermittlungshandlungen

 

Rz. 62

Gegen die Verwaltungsakte, die die deutsche Finanzbehörde im Rahmen ihrer Ermittlungen erlässt, ist der Einspruch gegeben.[1] Die Entscheidung selbst, dass Amtshilfe gewährt werden soll, ist dagegen kein Verwaltungsakt. Ein Einspruch gegen sie ist daher nicht gegeben.[2] Mit dem Einspruch gegen einzelne Verwaltungsakte können sowohl die Einwendungen geltend gemacht werden, die gegen die Amtshilfe selbst gegeben sind[3], als auch die Einwendungen gegen die festgestellte Verpflichtung des Betroffenen zur Auskunftserteilung[4], Vorlage von Unterlagen[5] usw.

[2] Vgl. Rz. 63.
[3] Vgl. Rz. 63.

6.2.2 Gegen die Übermittlung der Informationen

 

Rz. 63

Da die Entscheidung, Amtshilfe zu gewähren, und die Erteilung einer Auskunft im Amtshilfeweg keine Verwaltungsakte sind[1], kann der von ihr Betroffene weder Einspruch einlegen noch Anfechtungsklage erheben.[2] Diese Rechtsbehelfe würden ihm zudem im Regelfall nichts nützen, da sie zu spät kommen. Demgegenüber kann eine vorbeugende Unterlassungsklage[3] oder nach § 41 Abs. 1 FGO eine Feststellungsklage[4] erhoben werden.[5] In Einzelfällen kann auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) in Betracht kommen. Rechtsgrundlage, der Anordnungsanspruch, für den Unterlassungsanspruch ist i. d. R. § 30 AO i. V. m. § 1004 BGB analog.[6] Vor Erlass der einstweiligen Anordnung prüft das FG, ob für die beabsichtigte Amtshilfe eine Rechtsgrundlage besteht, ob sie erforderlich ist und ob die übrigen Voraussetzungen vorliegen. So ist die Gewährung einer Auskunft dann nicht erforderlich, wenn sie keinen konkreten Bezug für eine Besteuerung hat, sondern allgemeine Information über einen Konzern gewähren soll.[7] Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes wägt das FG ab, ob der Erlass der Anordnung erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder dies aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Klagen sind in diesen Fällen gegen das die Auskunft erteilende Bundeszentralamt für Steuern zu richten, da die Gefahr einer unmittelbaren Auskunftserteilung durch das FA oder die OFD bzw. das Landesfinanzamt oder die oberste Landesfinanzbehörde kaum einmal bestehen dürfte und die Weiterleitung der Informationen auf dem Dienstweg der Finanzbehörden der gerichtlichen Kontrolle grundsätzlich nicht unterliegt.[8] Zuständiges Gericht ist nach § 38 Abs. 2 FGO das FG, in dessen Bezirk der Kläger bzw. Antragsteller seinen Wohnsitz oder seine Geschäftsleitung hat.

Beschwert und damit klagebefugt kann sowohl der befragte Beteiligte, der nichtbefragte Beteiligte als auch die befragte andere Person sein. Mit den genannten Rechtsbehelfen kann geltend gemacht werden, dass die deutsche Finanzbehörde nach dem einschlägigen Abkommen nicht verpflichtet und damit auch nicht berechtigt ist, die Auskunft zu erteilen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Berechtigung sich aus dem Recht zur Erteilung einer Kulanzauskunft nach § 117 Abs. 3 AO herleitet. Dessen Voraussetzungen sind jedoch möglicherweise nicht erfüllt. Weiter könnte die bevorstehende Verletzung des Geheimnisschutzes und ggf. bei der Kulanzauskunft die mangelnde Gegenseitigkeit vorgetragen werden. Bei Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverhältnissen ist zu beachten, dass jeweils derjenige den Rechtsbehelf führen kann, der betroffen ist.[9]

 

Rz. 63a

Einwendungen gegen den Steueranspruch, der dem Auskunftsersuchen der ausländischen Finanzverwaltung zugrunde liegt, sind nur gegenüber dem ausländischen Staat möglich. Für eine irgendwie geartete Schutzpflicht seitens der deutschen Finanzbehörden zugunsten des inländischen Betroffenen gegenüber dem ausländischen Staat besteht keine Rechtfertigung.[10]

[1] Vgl. Rz. 33, 54-56;Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 117, Rz. 48.
[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 139; Förster, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 117 AO Rz. 29.
[5] Zu Letzterer BFH v. 29.4.2008, I R 79/07, BFH/NV 2008, 1807, u. Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 139.
[6] Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 117 Rz. 49.
[10] Ebenso BMF v. 23.11.2015, BStBl I 2015, 928, Nr. 3.2.2, Abs. 3; a. A. Förster, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 117 Rz. 29.

6.2.3 Gegen das Stellen eines Amtshilfeersuchens

 

Rz. 64

Die Inanspruchnahme von Amtshilfe setzt neben dem Vorliegen entsprechender zwischenstaatlicher Rechtsgrundlagen auch voraus, dass sie erforderlich ist. So muss die Finanzbehörde zunächst versuchen, den Sachverhalt durch Mitwirkung des Stpfl. aufzuklären. Gegen das Stellen eines Amtshilfeersuchens kann der Betroffene mangels Verwaltungsakts[1] keinen Einspruch und keine Anfechtungsklage erheben.[2] Ihm steht – sofern er rechtzeitig informiert ist – eine (vorbeugende) Unterlassungsklage[3] zur Verfügung. Eine Feststellungsklage ist dagegen nach § 41 Abs. 1 FGO zulässig.[4] Der Klageweg wird in der Praxis oftmals eine z...

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