Rz. 59

Für die in Betracht kommenden Fälle der Dreiecksauskunft wird auf Rz. 35 sowie BMF v. 23.11.2015[1], Nr. 2.1 Buchst. b verwiesen. Zu unterscheiden ist danach, ob die deutsche Finanzbehörde als Behörde des Staates 2 vom Staat 1 gebeten wird, Informationen vom Staat 3 zu beschaffen, oder ob sie als Behörde des Staates 3 von den Behörden des Staates 2 um eine Auskunft gebeten wird, die im Endergebnis der Staat 1 haben möchte. In beiden Fällen wird eine Amtshilfe der deutschen Finanzbehörden aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung ausscheiden, wenn zwischen der Bundesrepublik und dem sie ersuchenden Staat nur eine kleine Auskunftsklausel[2] vereinbart ist.[3] Eine Amtshilfe im Wege der Dreiecksauskunft kann nicht zur Durchführung eines zweiseitigen DBA erforderlich sein. Zur Frage einer Kulanzauskunft in Fällen mit Kleiner Auskunftsklausel vgl. Rz. 67.

[1] BStBl I 2015, 928.
[3] Fischer, DB 1984, 738.

6.1.6.1 Auskunftsbeschaffung für den ersuchenden Staat bei einem dritten Staat

 

Rz. 60

Die Doppelbesteuerungs- und Amtshilfeabkommen sehen keine Verpflichtung der Vertragsparteien vor, auf Ersuchen der anderen Vertragspartei bei einem dritten Staat um Amtshilfe zu ersuchen. Die Fassungen der Großen Auskunftsklauseln[1] sehen allerdings einen Austausch von Informationen, die für die "zur Verwaltung oder Anwendung des innerstaatlichen Rechts voraussichtlich erheblich sind"[2], o. ä. Formulierungen allgemeiner Art vor. Die Klauseln sind nicht beschränkt auf die Beschaffung im eigenen Land, sondern umfassen nach ihrem Wortlaut und Sinn auch die Beschaffung von einem dritten Staat.[3] Da die deutschen Finanzbehörden nach § 117 Abs. 1 AO ohne Beschränkungen zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nehmen können, bedeutet dies die grundsätzliche Verpflichtung, den dritten Staat um Amtshilfe zu ersuchen. Beschränkungen dieser Verpflichtung können sich aus dem Verhältnis zum Staat 3 dadurch ergeben, dass das Abkommen mit diesem eine solche Amtshilfe ausschließt (z. B. kleine Klausel) und der Staat 3 auch nicht zu einer Kulanzauskunft bereit ist. Wenn die deutsche Finanzbehörde wegen des Verhältnisses zum Staat 3 diesem schon in eigenen Fällen keine entsprechenden Fragen stellt, so ist sie dazu auch nicht in Fällen der Dreiecksauskunft verpflichtet. Kein Vertragsstaat ist nämlich nach den üblichen Großen und Kleinen Klauseln verpflichtet, von seiner (üblichen) Verwaltungspraxis abzuweichen.[4]

Für die eventuelle Anhörung betroffener Personen vgl. Rz. 33 bzw. 54-56.

[2] Vgl. Art. 26 Abs. 1 S. 1 OECD-Musterabkommen DBA 2014.
[3] Schelle, WPg 1977, 342.
[4] Vgl. Art. 26 Abs. 3 Buchst. a OECD-Musterabkommen DBA 2014.

6.1.6.2 Auskunftserteilung bei Befragung durch zwischengeschalteten Staat

 

Rz. 61

Auch die Großen Auskunftsklauseln sehen keine Verpflichtung der Vertragsparteien vor, der anderen Vertragspartei Auskünfte für die Weiterleitung an einen anderen ersuchenden Staat zu geben. Eine Verpflichtung aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung besteht also nicht. Allerdings sind die deutschen Finanzbehörden zur Kulanzauskunft berechtigt, wenn die Voraussetzungen zu dieser erfüllt sind[1]). § 18 Abs. 1 EUAHiG sieht demgegenüber eine Regelung vor, derzufolge das Bundeszentralamt für Steuern als Zentrales Verbindungsbüro i. S. d. § 3 Abs. 2 EUAHiG Informationen, die es von einem Drittstaat erhalten hat, an andere Mitgliedstaaten weiterleiten darf. § 18 Abs. 2 EUAHiG lässt unter bestimmten Voraussetzungen auch zu, dass das Bundeszentralamt Informationen, die es im Einklang mit dem Verfahren nach dem EUAHiG von einem anderen Mitgliedstaat erlangt hat, an einen Drittstaat weitergeben darf.

[1] Vgl. dazu Rz. 67–76.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge