Rz. 35

Unter Dreiecksauskunft wird die Auskunft verstanden, die sich ein Staat über ein Ersuchen an einen zweiten Staat durch diesen bei einem dritten Staat beschafft. Das kann aus unterschiedlichen Gründen geschehen, meist ist ein direktes Ersuchen an den dritten Staat aus rechtlichen Gründen nicht Erfolg versprechend. Unterschiedliche Beziehungen der betroffenen Personen können zu ganz unterschiedlichen Situationen für eine Dreiecksauskunft führen. So können einem Auskunftsersuchen des Staates 1 an den Staat 2, der sich die Auskunft beim Staat 3 holt, etwa folgende steuerlich bedeutsame wirtschaftliche Beziehungen von Unternehmen, Konzernen u. Ä. zugrunde liegen.

Für Dreiecksauskünfte enthalten weder § 117 AO noch die Amtshilfeklauseln der Doppelbesteuerungabkommen und die bilateralen Amtshilfevereinbarungen besondere Vorschriften über Dreiecksauskünfte, sodass die allgemeinen Regeln über die zwischenstaatliche Amtshilfe heranzuziehen sind. Demgegenüber enthält § 18 EUAHiG sogar die Einbeziehung von Drittstaaten in den Auskunftsverkehr unter EU-Mitgliedstaaten.

 

Rz. 36

Ist die deutsche Finanzbehörde die Behörde des Staates 1, die an den Staat 2 ein Auskunftsersuchen richten will, so gilt § 117 Abs. 1 AO. Nach dieser Vorschrift kann zwischenstaatliche Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch genommen werden. Für diesen Fall kann auf Rz. 30-37 verwiesen werden. Ob der Staat 2 vom Staat 3 die Auskunft erlangen kann, richtet sich danach, wie deren Beziehungen zueinander geregelt sind. Ob der Staat 2 der deutschen Finanzbehörde Auskunft gibt, entscheidet sich nach seiner Verpflichtung (z. B. durch DBA oder durch die EU-Amtshilfe-Richtlinie) oder seiner Bereitschaft zu einer Kulanzauskunft. Besteht im Verhältnis entweder zwischen der Bundesrepublik und dem Staat 2 oder aber im Verhältnis zwischen Staat 2 und Staat 3 keine Amtshilfevereinbarung oder eine solche nur in der Form der kleinen Auskunftsklausel, so dürfte ein Ersuchen über eine Dreiecksauskunft scheitern.

 

Rz. 37

Ist die Bundesrepublik der Staat 2, so richtet sich die Antwort auf die Frage, ob sie dem Staat 1 die erbetene Auskunft beim Staat 3 beschafft und übermittelt, nach den Regeln für die Auskunftserteilung. Hier gelten Rz. 59-61, 76 zur Berechtigung bzw. Verpflichtung der deutschen Finanzbehörden. Bei den Auskunftsersuchen der deutschen Finanzbehörden an den Staat 3 sind wiederum die Regeln für ursprüngliche deutsche Auskunftsersuchen[1] anzuwenden. Das Verfahren "nach Maßgabe des deutschen Rechts" in § 117 Abs. 1 AO bezieht sich dabei lediglich auf die Durchführung, während sich die Berechtigung für ein solches Ersuchen aus einem Abkommen, aus der in das EUAHiG übernommenen EU-Amtshilfe-Richtlinie oder aus § 117 Abs. 3 AO ergibt.

Für den Fall, dass die Bundesrepublik der Staat 3 ist, vgl. Rz. 61.

Ein Dreiecksauskunftsverkehr scheidet wegen der auf die Durchführung des DBA beschränkten Auskunftsbereichs bei kleinen Auskunftsklauseln grundsätzlich aus.[2] Er ist also nur beim sog. großen Auskunftsverkehr denkbar.

Auskunftsersuchen können gleichzeitig oder nacheinander an mehrere Staaten gerichtet werden, wenn ein steuerlicher Sachverhalt das Gebiet mehrerer Staaten berührt.[3]

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