Rz. 30

Nach Abs. 1 können die deutschen Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Für die deutschen Finanzbehörden ist in diesen Fällen eine völkerrechtliche Vereinbarung oder eine entsprechende andere Grundlage nicht erforderlich.[1] Entsprechendes gilt, wenn der im Abkommen oder in der sonstigen Grundlage geregelte Auskunftsaustausch sich nicht auf den von der Auskunft betroffenen Bereich (z. B. andere Steuern) erstreckt, und für die sog. Kulanzauskünfte.[2] Als subjektives Recht anzusehende schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen stehen einem ohne Bestehen einer völkerrechtlichen Verpflichtung ergehenden Amtshilfeersuchen einer deutschen Finanzbehörde nicht entgegen.[3] Der Gesetzgeber geht, wie die Regelung des § 117 Abs. 3 AO für den umgekehrten Fall sehr deutlich zeigt, vom Fehlen eines solchen subjektiven Rechts der betroffenen Personen aus. In der Verwaltungspraxis werden allerdings Amtshilfeersuchen bisher meist nur beim Bestehen entsprechender völkerrechtlicher Grundlagen gestellt. Dennoch enthält das Merkblatt des BMF zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen[4] unter 1.3.5 Ausführungen zu solchen Amtshilfefällen. Die Aufnahme eines Auskunftsaustauschs mit Ländern, mit denen ein Abkommen nicht besteht, soll allerdings auf Fälle von besonderer Bedeutung beschränkt werden.[5] Das Bestehen und der Inhalt eines Abkommens, einer Rechtsvorschrift des ausländischen Staates auf der Basis von Völkerrecht oder supranationalem Recht (z. B. EG-Richtlinie) oder einer sonstigen Rechtsvorschrift des ersuchten Staates entscheidet lediglich über die Verpflichtung dieses Staates, der deutschen Finanzbehörde die erbetene Auskunft zu geben.

Ein Ersuchen um Amtshilfe durch deutsche Finanzbehörden nach dem EUAHiG[6] scheidet abweichend von der Rechtslage nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden EGAmtshG nicht aus, weil das EUAHiG seit dem 1.1.2013 sowohl die Gewährung von Amtshilfe an andere EU-Staaten als auch das Ersuchen um Amtshilfe an die anderen EU-Mitgliedstaaten nach der EU-Amtshilferichtlinie regelt. Ein deutsches Ersuchen konnte sich unter der Geltung des EGAmtshG bis zum 31.12.2012 auf der Grundlage der EG-Richtlinie nur auf das nationale Recht des anderen EU-Mitgliedstaates stützen. Nunmehr sind Ersuchen in erster Linie auf das EUAHiG zu stützen. Allerdings bietet dieses nur einen Mindeststandard auf EU-Ebene. Bilaterale Verträge, insbesondere DBA, sind i. d. R. weitreichender und daher bevorzugte Rechtsgrundlage.[7]

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 8.
[2] Hendricks, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 117 AO Rz. 19; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 41.
[3] Baranowski, DStZA 1975, 298.
[4] Letzte Fassung v. 23.11.2015, BStBl I 2015, 928.
[6] Vgl. NG 3.
[7] Klein/Rätke, AO, 13. Aufl. 2016, § 117 Rz. 17.

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