Rz. 29b

Neben dem Auskunftsersuchen und dem automatischen Informationsaustausch kommt grundsätzlich der spontane Auskunftsverkehr in Betracht. Alle drei Auskunftsformen stehen im Rang gleich nebeneinander und schließen einander nicht aus.[1] Je nach Sachverhalt kommt eine Kombination in Betracht, beispielsweise kann auf eine Ersuchensauskunft die begehrte Information und im Rahmen einer Spontanauskunft eine darüber hinausgehende Information erteilt werden. Es ist lediglich zu prüfen, ob für die zu erteilende Information jeweils eine Rechtsgrundlage i. S. d. § 117 Abs. 2 AO gegeben ist.

Eine Spontanauskunft liegt, im Gegensatz zu einer Ersuchensauskunft, vor, wenn der übermittelnde Staat dem empfangenden Staat steuerliche Informationen überlässt, um deren Erteilung er nicht konkret ersucht hatte.[2] Die Erteilung einer solchen Auskunft liegt dem Grunde nach allein im Ermessen des übermittelnden Staates. Eine Übermittlung erfolgt nur dann, wenn zu vermuten ist, dass die Auskünfte für die Festsetzung der Steuern im anderen Staat voraussichtlich erheblich sein können. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn die Bundesrepublik im Rahmen einer bilateralen Vereinbarung zugunsten des empfangenden Staates auf das Besteuerungsrecht verzichtet hat. Eine Spontanauskunft kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass ein bestimmter Vorgang zu einem abkommensrechtlichen Besteuerungsrecht des empfangenden Staates führt und dass die dortigen Behörden ohne die Auskunft von dem Vorgang keine Kenntnis erhalten.[3] Vor der Erteilung der Spontanauskunft hat die Finanzbehörde zu prüfen, ob eine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Spontanauskunft vorliegt und ob ein entsprechender Grund für die Erteilung gegeben ist. Schließlich hat sie die für die Erteilung erforderlichen Verfahrensvorschriften zu beachten.[4] Insbesondere ist der Betroffene vor Erteilung einer Spontanauskunft grundsätzlich anzuhören.[5]

Rechtsgrundlage für die Erteilung kann zum einen Art. 26 OECD-MA sein, sofern sich das bilaterale DBA an dem Musterabkommen orientiert. Das Versenden von Kontrollmaterial ohne Ersuchen ist in den Abkommen zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Solche und andere Spontanauskünfte werden in den Abkommen aber auch nicht ausgeschlossen und werden beim Vorliegen einer großen Auskunftsklausel[6] oder unter den Voraussetzungen der §§ 8 u. 9 EUAHiG deshalb als zulässig angesehen.[7] Es ist darauf hinzuweisen, dass auch der Wortlaut des § 117 AO in Abs. 1 u. 2 im Gegensatz zu Abs. 3 kein Ersuchen voraussetzt.[8] Die für die Spontanauskunft erforderliche, im Gesetz aber nicht mehr ausdrücklich genannte Gegenseitigkeit ist bei allen EU-Staaten gem. §§ 8 u. 9 EUAHiG vorausgesetzt, außerhalb der EU-Staaten nach Mitteilung des BMF zurzeit nur mit Staaten mit Großer Amtshilfeklausel gegeben. Spontanauskünfte sind nicht zulässig, wenn das BMF festgestellt hat, dass keine Gegenseitigkeit gegeben ist.

 

Rz. 29c

Für eine Spontanauskunft kommen vor allem bestimmte Fallgruppen in Betracht, die in § 8 Abs. 2 EUAHiG aufgeführt sind und in § 2 Abs. 2 des zum 1.1.2013 außer Kraft getretenen EGAmtshG aufgeführt waren.[9] Diese Voraussetzungen gelten auch für die Spontanauskünfte auf der Grundlage einer Vereinbarung (DBA oder Amtshilfeabkommen). Es handelt sich um folgende Fälle:

  1. Es bestehen Gründe für die Vermutung, dass im anderen Staat der objektive Tatbestand einer Steuerverkürzung erfüllt ist oder erfüllt wird,
  2. Zum Zwecke der Steuerumgehung sind Geschäftsbeziehungen über dritte Staaten geleitet worden,
  3. Insgesamt kann eine niedrigere Steuerbelastung dadurch eintreten, dass Gewinne zwischen nahestehenden Personen nicht wie zwischen nicht nahestehenden Personen abgegrenzt werden,
  4. Ein Sachverhalt, aufgrund dessen eine Steuerermäßigung oder eine Steuerbefreiung gewährt worden ist, könnte für den Stpfl. zu einer Besteuerung oder Steuererhöhung im anderen Staat führen,

Ein im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung eines anderen Staates ermittelter Sachverhalt ist für die zutreffende Festsetzung der Steuer in diesem Staat erheblich.

Weitere Rechtsgrundlagen für die Erteilung von Spontanauskünften finden sich in Art. 7 des Multilateralen Übereinkommens[10] sowie in einzelnen TIEA[11], sofern dies ausdrücklich vereinbart ist. Darüber hinaus regelt § 117a Abs. 3 AO einen besonderen Fall der Spontanauskunft zur Verhinderung von Straftaten.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO, Rz. 110.
[2] Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen v. 23.11.2015, BStBl I 2015, 928, Nr. 6.1.1.
[3] BFH v. 10.5.2005, I B 218/04, IStR 2005, 490.
[5] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 117 AO Rz. 109.
[6] Vgl. Rz. 26.
[7] FG Düsseldorf v. 20.4.1982, V 327/81 AO, EFG 1982, 604, bestätigt durch BFH v. 23.7.1986, I R 306/82, BStBl II 1987, 92; BMF v. 23.11.2015, BStBl I 2015, 928.
[8] Vgl. aber die Bedenken von Hamacher, RIW 1989, 378; s. a. Rz. 28.
[9] S. a. die Aufstellung in BMF v. 23.11.2015,...

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