Rz. 36

Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG von der Grundsteuer befreit. Der Begriff "Öffentlicher Dienst oder Gebrauch" wird in § 3 Abs. 2 GrStG näher bestimmt (Rz. 37). Bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts i. S. d. § 4 KStG ist gem. § 3 Abs. 3 GrStG kein öffentlicher Dienst oder Gebrauch anzunehmen (Rz. 50).

Der Begriff "öffentlicher Dienst oder Gebrauch" ist nach dem Willen des Gesetzgebers in tradierter Art und Weise auszulegen. Der Begriff der hoheitlichen Tätigkeit soll dabei wie im übrigen Steuerrecht, vornehmlich der körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen, definiert werden. Infolgedessen wurde in § 3 Abs. 3 GrStG bestimmt, dass ein öffentlicher Dienst oder Gebrauch nicht anzunehmen ist, wenn ein Betrieb gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts i. S. d. Körperschaftsteuergesetzes vorliegt (Rz. 50ff.).[1]

 

Rz. 37

Unter "Öffentlicher Dienst oder Gebrauch" ist die hoheitliche Tätigkeit (Rz. 39ff.) oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit (Rz. 43f.) zu verstehen. Da sich die Begriffe "Öffentlicher Dienst" und "Öffentlicher Gebrauch" kaum voneinander trennen lassen bzw. ineinander übergehen, soll die häufig sehr schwierige Unterscheidung, ob im Einzelfall das eine oder andere vorliegt; mit dem einheitlichen Sammelbegriff "Öffentlicher Dienst oder Gebrauch" umgangen werden.[2]

Der Grundbesitz muss unmittelbar für einen "Öffentlicher Dienst oder Gebrauch" benutzt werden. Die Herstellung oder Gewinnung von Gegenständen, die für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch verwendet werden sollen, ist noch nicht als öffentlicher Dienst oder Gebrauch anzusehen. Dagegen kann in der Benutzung eines Grundstücks zur Lagerung solcher Gegenstände bereits ein öffentlicher Dienst oder Gebrauch liegen.[3]

Ein Entgelt schließt die Annahme eines "Öffentlichen Dienstes oder Gebrauchs" nicht generell aus. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 GrStG darf für den Gebrauch durch die Allgemeinheit allerdings kein Entgelt in der Absicht, Gewinn zu erzielen, gefordert werden.

Ein öffentlicher Dienst oder Gebrauch ist bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts i. S. d. § 3 Abs. 3 GrStG nicht anzunehmen. Die hierzu im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuer getroffene Entscheidung ist grundsätzlich zu übernehmen (Rz. 46).

 

Rz. 38

Einstweilen frei

[1] S. Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG, BT-Drs. VI/3418 v. 4.5.1972, 78.
[3] Abschn. 8 Abs. 2 GrStR 1978.

3.3.3.1 Hoheitliche Tätigkeit

 

Rz. 39

Jede hoheitliche Tätigkeit stellt einen "Öffentlichen Dienst oder Gebrauch" i. S. d. § 3 Abs. 2 GrStG dar.

Eine hoheitliche Tätigkeit liegt vor, wenn Hoheitsaufgaben erfüllt werden. Es muss sich insoweit um Aufgaben handeln, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und ihr vorbehalten sind.[1] Eine Tätigkeit ist der juristischen Person des öffentlichen Rechts insbesondere vorbehalten, soweit sie diese in Erfüllung einer ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe ausübt. Der Begriff der "hoheitlichen Tätigkeit" kann im Steuerrecht nur einheitlich angewandt werden.[2] Die insoweit bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer getroffene Entscheidung ist im Regelfall für die Grundsteuer zu übernehmen. Hinsichtlich der Kriterien zur Abgrenzung hoheitlicher von wirtschaftlicher Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts siehe BMF-Schreiben vom 11.12.2009, BStBl I 2009, 1597.

Begünstigt ist die Benutzung des Grundbesitzes zur Erfüllung von Hoheitsaufgaben aller Art, sowohl "klassisch" wie z. B. als Rathaus, Finanzamt oder Gericht, aber auch als Hoheitsbetrieb (Rz. 40f.).

Behörden, die als Organe der Gebiets- und Personalkörperschaften Träger der öffentlichen Verwaltung sind, erfüllen Hoheitsaufgaben. Eine Behörde ist gem. § 1 Abs. 4 VwVfG "jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt". Darunter fallen neben den klassischen Verwaltungsträgern auch Organe der Legislative und der Judikative, sofern sie Verwaltungstätigkeiten ausführen.

Grundbesitz, der für die Zwecke des polizeilichen und sonstigen Schutzdienstes, der Bundeswehr sowie der ausländischen Streitkräfte und internationalen militärischen Hauptquartiere dient ebenfalls der Erfüllung von Hoheitsaufgaben.[3] Die Überlassung von Grundbesitz im Rahmen von diplomatischen Beziehungen an einen fremden Staat zur Errichtung eines Botschaftsgebäudes ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch als hoheitliche Tätigkeit anzusehen.[4]

Die von den Finanzbehörden erarbeiteten Arbeitshilfen zur steuerlichen Behandlung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts enthalten eine umfangreiche Aufstellung über die Einordnung einzelner Tätigkeiten (ABC: hoheitlicher Tätigkeiten – Betriebe gewerblicher Art – gemeinnützige Tätigkeiten).[5]

 

Rz. 40

Hoheitsbetriebe sind Betriebe von juristischen...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge