Rz. 39

Jede hoheitliche Tätigkeit stellt einen "Öffentlichen Dienst oder Gebrauch" i. S. d. § 3 Abs. 2 GrStG dar.

Eine hoheitliche Tätigkeit liegt vor, wenn Hoheitsaufgaben erfüllt werden. Es muss sich insoweit um Aufgaben handeln, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und ihr vorbehalten sind.[1] Eine Tätigkeit ist der juristischen Person des öffentlichen Rechts insbesondere vorbehalten, soweit sie diese in Erfüllung einer ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe ausübt. Der Begriff der "hoheitlichen Tätigkeit" kann im Steuerrecht nur einheitlich angewandt werden.[2] Die insoweit bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer getroffene Entscheidung ist im Regelfall für die Grundsteuer zu übernehmen. Hinsichtlich der Kriterien zur Abgrenzung hoheitlicher von wirtschaftlicher Tätigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts siehe BMF-Schreiben vom 11.12.2009, BStBl I 2009, 1597.

Begünstigt ist die Benutzung des Grundbesitzes zur Erfüllung von Hoheitsaufgaben aller Art, sowohl "klassisch" wie z. B. als Rathaus, Finanzamt oder Gericht, aber auch als Hoheitsbetrieb (Rz. 40f.).

Behörden, die als Organe der Gebiets- und Personalkörperschaften Träger der öffentlichen Verwaltung sind, erfüllen Hoheitsaufgaben. Eine Behörde ist gem. § 1 Abs. 4 VwVfG "jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt". Darunter fallen neben den klassischen Verwaltungsträgern auch Organe der Legislative und der Judikative, sofern sie Verwaltungstätigkeiten ausführen.

Grundbesitz, der für die Zwecke des polizeilichen und sonstigen Schutzdienstes, der Bundeswehr sowie der ausländischen Streitkräfte und internationalen militärischen Hauptquartiere dient ebenfalls der Erfüllung von Hoheitsaufgaben.[3] Die Überlassung von Grundbesitz im Rahmen von diplomatischen Beziehungen an einen fremden Staat zur Errichtung eines Botschaftsgebäudes ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch als hoheitliche Tätigkeit anzusehen.[4]

Die von den Finanzbehörden erarbeiteten Arbeitshilfen zur steuerlichen Behandlung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts enthalten eine umfangreiche Aufstellung über die Einordnung einzelner Tätigkeiten (ABC: hoheitlicher Tätigkeiten – Betriebe gewerblicher Art – gemeinnützige Tätigkeiten).[5]

 

Rz. 40

Hoheitsbetriebe sind Betriebe von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen. Sie gehören insoweit gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG nicht zu den Betrieben gewerblicher Art (Rz. 46f.). Unerheblich ist, dass Hoheitsbetriebe auch der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dienen.

Unter Ausübung öffentlicher Gewalt sind Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind.[6] In diesem Sinne ist jede Tätigkeit, mit der die juristische Person des öffentlichen Rechts die ihr eigentümlichen und ihr vorbehaltenen Aufgaben erfüllt, Ausübung von öffentlicher Gewalt. Ein Hoheitsbetrieb liegt insbesondere dann vor, wenn er Leistungen erbringt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist (Annahmezwang).[7] Dieser Annahmezwang ist jedoch nicht ausschließliches Merkmal der öffentlichen Gewalt, er ist nur ein bedeutsames Kennzeichen für öffentliche Gewalt. Mithin schließt das Fehlen des Annahmezwanges die Anerkennung eines Hoheitsbetriebs nicht ohne weiteres aus.[8] Umgekehrt sind vorliegende Zwangs- und Monopolrechte für die Annahme eines Hoheitsbetriebes gem. § 4 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht ausreichend für die Annahme eines Hoheitsbetriebes. Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Tätigkeit überwiegend als Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe darstellt. Hieran mangelt es, wenn sich die Tätigkeit von der eines privaten Unternehmers nicht wesentlich unterscheidet.[9]

Keine Hoheitsbetriebe sind u. a. Kreditinstitute, Versorgungsbetriebe und Verkehrsbetriebe der öffentlichen Hand sowie andere Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Eine bei der Körperschaftsteuer i. S. d. § 4 Abs. 5 KStG und bei der Gewerbesteuer gem. § 2 Abs. 2 GewStDV getroffene Entscheidung, ob ein Hoheitsbetrieb vorliegt, ist für die Grundsteuer grundsätzlich zu übernehmen.[10]

 

Rz. 41

Zu den Hoheitsbetrieben gehören beispielsweise Forschungsanstalten, Wetterwarten, Schlachthöfe, Friedhöfe, Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung, zur Desinfektion, zur Leichenverbrennung, zur Müllbeseitigung, zur Abführung von Abwässern und Abfällen und zur Straßenreinigung.[11]

Behördenkantinen gelten als für die Zwecke eines Hoheitsbetriebs benutzt, wenn sie so eng mit der Erfüllung der hoheitlichen Tätigkeit der Behörde zusammenhängen, dass sie als ein unentbehrliches Hilfsmittel zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben anzusehen sind. Das gilt auch für verpachtete Kantinen und vermietete Kantinenräume.[12]

 

Rz. 42

Einstweilen frei

[1] BFH v. 20.5.1960 III 440/85 S, BStBl III 1960, 368.
[2] Abschn. 9 Abs. 1 GrStR 1978.

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