Rz. 49

Die Befreiungsvorschrift nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrStG setzt i. S. d. Grundsatzes der Rechtsträgeridentität zwischen dem begünstigten Rechtsträger und dem Nutzer des Grundstücks voraus, dass der Grundbesitz ausschließlich derjenigen juristischen Person des öffentlichen Rechts als begünstigtem Rechtsträger zuzurechnen ist, die ihn für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch unmittelbar benutzt. § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG erweitert diese Sichtweise, in dem er – ausnahmsweise – zulässt, dass der Grundbesitz, der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, einem anderen nach den Nummer 1 bis 6 des § 3 Abs. 1 Satz 1 GrStG begünstigten Rechtsträger zuzurechnen ist (Rz. 86). Zu dieser Ausnahmeregelung wird in Form einer Rückausnahme in § 3 Abs. 1 Abs. 1 Satz 3 GrStG bestimmt, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG nicht gilt, wenn der Grundbesitz von einem nicht begünstigten Rechtsträger im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch überlassen wird und die Übertragung – des Eigentums – auf den Nutzer, die juristische Person des öffentlichen Rechts, am Ende des Vertragszeitraums vereinbart ist.

Mit der Einfügung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG im Rahmen des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes v. 1.9.2005[1] wollte der Gesetzgeber insbesondere die Diskriminierung privater Rechtsträger einschließlich der Grundstücksgesellschaften unter Beteiligung der öffentlichen Hand, die zur besseren Bewirtschaftung öffentlicher Grundstücke gegründet wurden, beseitigen. Vor Inkrafttreten des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes waren hoheitlich genutzte Grundstücke, die sich nicht im Eigentum der öffentlichen Hand oder anderer begünstigter Rechtsträger befanden, von der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 GrStG ausgeschlossen. Um die finanziellen Auswirkungen für die Gemeinden gering zu halten, wurde die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG jedoch nicht generell beseitigt. Statt einer Streichung wurde sie lediglich in Form einer Rückausnahme eingeschränkt. Sie gilt nicht für hoheitlich genutzten Grundbesitz, der der öffentlichen Hand im Rahmen einer ÖPP überlassen wird und dessen Übertragung zum Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen ist. Nach Auffassung des Gesetzgebers könne in diesen Fällen häufig angenommen werden, dass die öffentliche Hand aufgrund des Vertragsinhalts gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bereits wirtschaftliche Eigentümerin ist. Das jeweilige Grundstück sei ihr deshalb bereits während der Vertragslaufzeit steuerlich zuzurechnen. Insoweit diene die Änderung des § 3 Abs. 1 GrStG lediglich der Klarstellung.[2]

 

Rz. 50

Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) bzw. Public Private Partnership (PPP) sind eine neuere Form der vertraglichen Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und privatrechtlichen Unternehmen, bei der die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erforderlichen Ressourcen wie Kapital und Personal von den Partnern zum gegenseitigen Nutzen in einem gemeinsamen Projekt vereinigt werden. Eine Legaldefinition für ÖPP gibt es nicht.

Nach der Gesetzesbegründung zum ÖPP-Beschleunigungsgesetzes kann unter ÖPP eine Kooperation von öffentlicher Hand und privater Wirtschaft beim Entwerfen, bei der Planung, Erstellung, Finanzierung, dem Management, dem Betreiben und dem Verwerten von bislang in staatlicher Verantwortung erbrachten öffentlichen Leistungen verstanden werden. Im Rahmen einer ÖPP verpflichtet sich ein privater Unternehmer gegenüber der öffentlichen Hand typischerweise dazu, eine bestimmte Investition durchzuführen und das Investitionsobjekt über einen gewissen Zeitraum zu betreiben und zu erhalten.[3] Allein aufgrund einer Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer Kapital- oder Personengesellschaft kann weder auf das Vorliegen noch auf das Nichtvorliegen einer ÖPP geschlossen werden. Auch das Bestehen eines Erbbaurechts an einem Grundstück, das einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts gehört, begründet für sich genommen keine ÖPP[4] (BFH v. 27.9.2017, II R 13/15, juris).

Die öffentliche Hand erwartet von der Partnerschaft insbesondere eine Entlastung ihrer angespannten Haushalte, da der private Unternehmer die Finanzierung ganz oder teilweise selbst besorgt und daher auf die Wirtschaftlichkeit des Projektes im eigenen Interesse achtet.

Es gibt viele verschiedene ÖPP-Modelle (u. a. Betreiber-, Inhaber-, Erwerber- und Leasing-Modelle) und zahlreiche ÖPP-Anwendungsbereiche (u. a. Bau, Sanierung oder Renovierung von Schulen, Hochschulen oder Verwaltungsgebäuden; Betrieb oder Unterhaltung einer Infrastruktur, Bereitstellung einer Dienstleistung). Der Warnowtunnel in Rostock ist ein erfolgreiches Beispiel für ein realisiertes ÖPP-Projekt.

 

Rz. 51

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 GrStG ist grundsätzlich Voraussetzung, dass der

  • Grundbesitz, der von einer juristi...

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