vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Amtsveranlagung zur Durchsetzung einer Lohnsteuernachforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Beim Beziehen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist das FA nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 EStG zur Durchführung einer Veranlagung berechtigt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, darf das FA auch dann keinen Einkommensteuerbescheid erlassen, wenn der Lohnsteuerabzug fehlerhaft vorgenommen wurde.
  2. Die Aufforderung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung in derartigen Fällen ist zwar möglich. Hieraus folgt aber nichts für die Frage, ob eine Veranlagung durchgeführt werden darf.
  3. Ein Einkommensteuerbescheid kann nicht in einen Lohnsteuernachforderungsbescheid umgedeutet werden.
 

Normenkette

AO 1977 §§ 128, 149 Abs. 2 S. 1; EStG § 46 Abs. 2, 2 Nr. 8

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte – das Finanzamt (FA) – zum Erlass der angefochtenen Bescheide befugt war sowie inhaltlich über die steuerliche Behandlung von Zahlungen an den Kläger, die dieser von seinem Arbeitgeber zwecks Verspielens an Geldspielautomaten erhielt.

Der Kläger war in den Streitjahren Angestellter eines von seinem Vater betriebenen privaten Sicherheitsdienstes, der bundesweit Überwachungsmaßnahmen in Spielhallen durchführte, um die Einhaltung der für deren Betrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu überwachen und eventuelle Manipulationen an den eingesetzten Spielautomaten festzustellen und zu dokumentieren. Eine genaue Aufstellung der Tätigkeiten ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung überreichten Aufstellung, auf welche insofern verwiesen wird. Der vom Kläger erzielte (Grund-) Lohn wurde vom Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug unterworfen.

Damit der Kläger bei der Durchführung seiner Überwachungsmaßnahmen nicht auffiel, stellte ihm sein Arbeitgeber Testgelder bzw. „Spielgelder” zur Verfügung, die er an den Spielautomaten einsetzen konnte. Die dem Kläger als „Spielgeld” überlassenen Beträge verbuchte der Arbeitgeber auf dem Konto 4905. Er stellte diese Beträge außerdem seinen Kunden in einem Gesamtbetrag in Rechnung unter Auflistung der besuchten Spielhallen. In einer an den Steuerberater des Arbeitgebers weitergeleiteten Liste wurde das „Spielgeld” neben jeder der besuchten Spielhallen vermerkt. Im Steuerbüro wurden Kontierungsvermerke angebracht. Lohnsteuerliche Folgerungen zog der Arbeitgeber des Klägers aus der Überlassung des „Spielgelds” nicht. Vielmehr sah er dieses wie auch die verauslagten Beträge für Reisekosten als steuerfrei an.

Im Rahmen einer bei dem Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei diesen Testgeldern nicht um nach § 3 Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbefreiten Auslagenersatz handele, weil der Kläger keine Aufzeichnungen über die in den einzelnen Spielstätten eingesetzten Beträge geführt habe. Hiernach sei der Bruttoarbeitslohn des Klägers um Zahlungen in Höhe von…€ für das Jahr 2013 und…€ für das Jahr 2014 zu erhöhen.

Nachdem die Veranlagungsstelle des FA durch eine Kontrollmitteilung vom…von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, forderte es den Kläger zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre auf. Der damalige steuerliche Berater verweigerte dies unter Hinweis darauf, dass für 2013 und 2014 eine Veranlagung gemäß § 46 EStG nicht durchgeführt werden dürfe. Gleichwohl erließ das FA unter dem…erstmals Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Das FA orientierte sich dabei an den elektronisch übermittelten Daten unter Berücksichtigung der Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger am…Einspruch ein. Neben Ausführungen zur Sache ließ der Kläger den Einwand auf das fehlende Veranlagungsrecht des FA wiederholen. Durch Einspruchsbescheide vom…wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück und blieb im Wesentlichen bei der Argumentation der Lohnsteueraußenprüfung.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger zur materiellen Rechtslage vorträgt.

Nach Einreichung einer Anlage AV durch den Antragsteller hat das FA durch Bescheid vom…die Einkommensteuer 2014 unter Gewährung des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG für die von vom Kläger geleisteten Altersvorsorgebeiträge herabgesetzt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014…aufzuheben, hilfsweise die zusätzlich als Löhne berücksichtigten Beträge von…€ im Jahr 2013 und…€ im Jahr 2014 außer Betracht zu lassen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA trägt insofern ebenfalls zur Frage der Steuerpflicht der Zahlungen an den Kläger vor.

Der Berichterstatter hat im Vorfeld der mündlichen Verhandlung telefonisch darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, die im Verwaltungsverfahren angesprochene Frage der Veranlagungsbefugnis des FA aufzugreifen. Die Bet...

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