Festsetzungsverjährung bei Antrag auf Günstigerprüfung

In einem vom FG Nürnberg entschiedenen Fall sind die Kläger sind zu je ½ die Gesamtrechtsnachfolger nach der am 30.3.2018 verstorbenen Erblasserin A. Sie reichten am 30.12.2020 die Einkommensteuererklärungen für 2014 und 2015 für die Erblasserin ein. Sie erklärten darin jeweils Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Versorgungsbezüge) i.H.v. 32.628 EUR, die dem inländischen Lohnsteuerabzug unterlegen hatten.
Außerdem wurden Kapitalerträge i.H.v. 4.543 EUR (2014) bzw. 1.476 EUR (2015) erklärt, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, sowie für 2015 ausländische Kapitalerträge i.H.v. 2.683 EUR, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben. Die Kläger beantragten in beiden Streitjahren die Günstigerprüfung.
Das Finanzamt lehnte mit Bescheid die Einkommensteuerveranlagungen für 2014 und 2015 ab, da die Festsetzungsfrist abgelaufen sei und keine Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen bestanden habe. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos.
FG Nürnberg: Keine Anlaufhemmung
Das FG Nürnberg entschied ebenso wie das Finanzamt, dass die Kläger aufgrund eingetretener Festsetzungsverjährung keinen Anspruch auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung für 2014 und 2015 haben (FG Nürnberg, Urteil v. 20.7.2023, 8 K 1062/22).
Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Bei den Einkommensteuererklärungen für die 2014 und 2015 handele es sich jeweils um eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Die Festsetzungsfrist beginne daher nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei. Sie habe für den Veranlagungszeitraum 2014 mit Ablauf des 31.12.2018 und für den Veranlagungszeitraum 2015 mit Ablauf des 31.12.2019 geendet.
Die dreijährige Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO greife nicht, wenn keine Steuererklärung einzureichen sei. Ein Pflichtveranlagungsfall sei vorliegend nicht gegeben, denn bis zum Ende der allgemeinen Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2018 bzw. 2019 habe kein Veranlagungstatbestand gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG vorgelegen.
Andere Ansicht des Sächsischen FG
Das Sächsische FG hat dagegen entschieden, dass ein Steuerpflichtiger mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Anspruch auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG hat, wenn seine Kapitaleinkünfte den Betrag von 410 EUR überschreiten und er einen Antrag auf Günstigerprüfung gestellt hat (Sächsisches FG, Gerichtsbescheid v. 16.11.2017, 6 K 1271/17).
Das FG Nürnberg hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), da es mit seiner Entscheidung von dem als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid des Sächsischen FG abweicht.
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