Eigentlich sollte der letzte Abnehmer bereits durch den bloßen Rechnungshinweis "Dreiecksgeschäft" erkennen, dass er dadurch die Umsatzsteuer im Warenbestimmungsland für den 1. Abnehmer schuldet. Mit Urteil vom 8.12.2022 stellte der EuGH jedoch klar, dass zusätzlich zwingend der Hinweis auf die Übertragung der Steuerschuld erforderlich ist, schließlich diene diese weitere Rechnungsangabe als erforderliche Informationsfunktion für den letzten Erwerber. Offensichtlich traut der EuGH einem Unternehmer, der Ware aus einem anderen EU-Mitgliedstaat bezieht, nicht zu, die Umsatzsteuer auf den Nettorechnungsbetrag in dem Warenbestimmungsland, i.d.R. seinem EU-Ansässigkeitsstaat, abzuführen. Dass der letzte Abnehmer als EU-weit agierender Unternehmer diese Prozedur wahrscheinlich in- und auswendig kennt, und allein schon aufgrund des Rechnungsaufdrucks "Dreiecksgeschäft" auch ohne expliziten Hinweis auf die Übertragung der Steuerschuld seiner Pflicht die lokale Umsatzsteuer abzuführen, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wie ein Pawlowscher Hund nachkommt, scheint für den EuGH irrelevant zu sein. Ist diese strenge Auslegung vielleicht überzogen? Ich persönlich vermisse bei der EuGH-Würdigung eine Aussage zum tatsächlich entstandenen wirtschaftlichen Schaden, genauso wie eine Einschätzung hinsichtlich der "persönlichen" Motivation des Zwischenhändlers:

  1. Hat der Endkunde den Umsatz im Warenbestimmungsland (trotzdem) versteuert?
  2. Entstand gesamtbetrachtend der EU ein monetärer Schaden?
  3. Agierte einer der am verunglückten Dreiecksgeschäft Beteiligten in betrügerischen Absicht?

Sofern die erste Frage mit ja und die beiden anderen mit nein beantwortet werden können, ist alleine schon die resultierende Zinsbelastung m.E. unangemessen und nicht gerechtfertigt. Zugegeben, beim Fall Luxury Trust Automobil GmbH war einer der Beteiligten ein Betrüger (Missing Trader), so dass der EuGH ggf. gar keine andere Entscheidung hätte treffen können. Trotzdem vermisse ich in dem Urteil einen kleinen Exkurs, ob bei anders gelagerten verunglückten Dreiecksgeschäften-Fallkonstellationen auch dann eine Rückwirkung kategorisch ausgeschlossen wird, wenn nachweislich weder ein Betrugsfall vorliegt noch der EU ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Wieso die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte mit mehr als vier Beteiligten in Österreich sowohl am Ende als auch am Beginn der Reihe angewendet werden kann, in Deutschland jedoch ausschließlich am Ende, bleibt – zumindest mir –, ein noch zu lösendes Rätsel. Eine EU-weit einheitliche Verwaltungsauffassung für "viereckige" Dreiecksgeschäfte ist mehr als wünschenswert!

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