Beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft schließen drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab; der erste Lieferer oder der mittlere Unternehmer transportiert die Ware unmittelbar vom ersten Lieferer zum letzten Abnehmer in der Kette in einen anderen EU-Mitgliedstaat und die drei Beteiligten treten unter drei verschiedenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNr.) auf. Grundsätzlich müsste der mittlere Unternehmer sich im EU-Warenbestimmungsland umsatzsteuerlich registrieren lassen, um seinen steuerpflichtigen Erwerb und die sich anschließend von ihm getätigte lokale Warenlieferung zu melden. Damit sich der mittlere Unternehmer eben nicht im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerlich registrieren lassen muss, regelt die Vereinfachungsregel "Dreiecksgeschäft" Folgendes: Wenn der mittlere Unternehmer eine andere USt-IdNr. als die des Abgangs- oder Bestimmungslandes verwendet und in der Rechnung auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft hinweist, gilt sein innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsland als besteuert und die Steuerschuld für die lokale Lieferung geht auf den Abnehmer über. Wenn das Dreiecksgeschäft aber aufgrund einer fehlerhaften Rechnung aberkannt wird, dann entfällt diese Vereinfachung und zusätzlich hat der 1. Abnehmer im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts einen innergemeinschaftlichen Erwerb (analog § 3d Satz 2 deutsches Umsatzsteuergesetz) in dem EU-Mitgliedstaat, mit dessen USt-IdNr. er aufgetreten ist, verwirklicht: der 1. Abnehmer, der diese ("Straf"-)Erwerbsteuer bezahlen muss, kann jedoch nicht wie gewohnt die entrichtete Erwerbsteuer zugleich als Vorsteuer geltend machen. In der Praxis war bisher fraglich, ob bei nachträglicher Kenntnis eines Dreiecksgeschäftes die Sonderregelung noch rückwirkend in Anspruch genommen werden konnte. Durch das EuGH, Urt. v. 8.12.2022 in der Rechtssache Luxury Trust Automobile (C-247/21) kann diese Frage nun endlich beantwortet werden.

1. Allgemeines zu Dreiecksgeschäften

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte als Sonderfall von Reihengeschäften sind häufig komplex. Das in § 25b deutsches Umsatzsteuergesetz (d-UStG) normierte Dreiecksgeschäft als Sonderform des innergemeinschaftlichen Reihengeschäfts mit drei Unternehmern aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten ermöglicht dem Zwischenerwerber, sich nicht im EU-Warenbestimmungsland, also in dem Land, in dem seine Warenlieferung endet, umsatzsteuerlich registrieren zu lassen (Art. 42, 141 und 197 MwStSystRL). Die (lokale) Umsatzsteuerschuld im EU-Bestimmungsland für die Lieferung des mittleren Unternehmers wird – bei richtiger Anwendung des Dreiecksgeschäftes – auf den Endkunden bzw. 3. Unternehmer in dieser Reihe verlagert, und der innergemeinschaftliche Erwerb gilt (= Fiktion) dort als besteuert. Voraussetzung für die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregel ist jedoch, dass der mittlere Unternehmer in seiner Rechnung sowohl

  • auf die Verlagerung der (Umsatz-)Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger als auch
  • auf die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung hinweist.

Außerdem hat der mittlere Unternehmer eine ordnungsgemäße Zusammenfassende Meldung (ZM) fristgerecht einzureichen, in der die korrekten Angaben zum durchgeführten Dreiecksgeschäft enthalten sind.

Grundzüge des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft

2. Entscheidungen der Finanzgerichte

Was bisher geschah ...: Dem FG Rheinland-Pfalz (FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28.11.2019 – 6 K 1767/17; Revision eingelegt, Az. BFH: XI R 38/19; erledigt durch: Aussetzung/Ruhen des Verfahrens gemäß Beschluss vom 20.10.2021; Hinweis: Das Verfahren erhält nach Fortsetzung/Wiederaufnahme ein neues Aktenzeichen) lag folgender Sachverhalt zur Beurteilung vor:

R aus Rom verkauft im Jahr 03 Pkws an L aus Ludwigshafen, der seinerseits die Pkws an T in Tschechien verkauft. R transportiert die Pkws mit eigenem Lkw direkt zu T.

R, L und T benutzen jeweils die USt-IdNr. ihres Landes. L erteilt dem T keine ordnungsgemäße Rechnung i.S.d. § 25b Abs. 2 Nr. 3 d-UStG, da er nicht auf dessen Steuerschuld hinweist oder nicht dessen USt-IdNr. aufführt. L berichtigt jedoch im Jahr 05 die Rechnung (s. Abb. Sachverhalt).

a) Das Urteil vom 28.11.2019 des FG Rheinland-Pfalz

FG Rheinland-Pfalz v. 28.11.2019 – 6 K 1767/17, Revision eingelegt (Az. BFH: XI R 38/19): Im Zeitpunkt der Lieferung im Jahr 03 lagen die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts i.S.v. § 25b d-UStG zwischen R, L und T mit Ausnahme der Erteilung einer den deutschen Anforderungen von § 14a Abs. 7 d-UStG entsprechenden Rechnung der L in seiner Eigenschaft als erster Abnehmer an den Endkunden T als letzter Abnehmer vor.

Gemäß § 14a Abs. 7 d-UStG muss die Rechnung in Fällen, in denen die Steuer – wie im Fall eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes (§ 25b Abs. 2 d-UStG) – vom Erwerber geschuldet wird, einen Verweis auf die einschlägige Bestimmung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) oder die entsprechende nationale Bestimmung oder einen Hinweis darauf, dass die Lieferung von Gegenständen der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft unterliegt, enthalten. Daran fehlte es zunä...

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