Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG

Im Rahmen der sog. "Quick Fixes" waren zum 1.1.2020 Vereinfachungsregelungen für bestimmte Konsignationslagerfälle in der EU umgesetzt worden. Nach knapp 2 Jahren hat sich jetzt die Finanzverwaltung mit einer Verwaltungsmeinung geäußert.

Mit einem neuen Art. 17 a MwStSystRL sind zum 1.1.2020 unionseinheitlich neue Regelungen zu den Konsignationslagerfällen getroffen worden, die die Probleme, die sich bisher aus der nicht einheitlichen Behandlung der Konsignationslagerlieferungen in der EU ergaben, beseitigen sollen. Die Änderungen sind im Rahmen der sog. "Quick Fixes" in der EU umgesetzt worden (Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates v. 4.12.2018 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems zur Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten, ABl EU 2018 L 311/3).

Erläuterung: Konsignationslagerfälle

Bei einem Konsignationslagerfall wird die Ware aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht, die Verfügungsmacht geht aber noch nicht im Zusammenhang mit dem Warentransport auf den Käufer über. Die Ware lagert noch im zivilrechtlichen Eigentum bei dem Kunden in dem anderen Mitgliedstaat und wird erst zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. für den Weiterverkauf, Verwendung als Ersatzteil oder zur weiteren Bearbeitung) entnommen.

Ohne die Konsignationslagerregelung würde im Zeitpunkt der Übertragung der Verfügungsmacht ein im Bestimmungsmitgliedstat steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz des liefernden Unternehmers vorliegen, der zu einer zwingenden Veranlagung im Bestimmungsmitgliedstaat führen würde. Dem vorgelagert hätte sich dann auch noch ein innergemeinschaftliches Verbringen für den liefernden Unternehmer ergeben. In diesem Fall wäre eine fiktive Lieferung nach § 3 Abs. 1a UStG im Ausgangsmitgliedstaat und ein fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat der Besteuerung zu unterwerfen.

Vereinfachung durch Konsignationslagerregelung

Befördert oder versendet ein Unternehmer einen Gegenstand von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat, ohne schon dem fest vorgesehenen Käufer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand zu verschaffen (= Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1 UStG), können sich für ihn in beiden Mitgliedstaaten umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen ergeben. Bis zum 31.12.2019 waren diese Konsequenzen in der EU nicht abgestimmt. Seit dem 1.1.2020 liegen – in Deutschland im Wesentlichen in § 6b UStG umgesetzt – harmonisierte Regelungen für alle Mitgliedstaaten vor.

Vom Grundsatz her können die Ergebnisse wie folgt zusammengefasst werden:

  • Liegen die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung vor (insbesondere, dass die Ware nach dem Transport in den anderen Mitgliedstaat innerhalb von 12 Monaten von dem bestimmbaren Abnehmer auch tatsächlich abgenommen worden ist), hat der liefernde Unternehmer in seinem Heimatstaat (dem Staat, in dem die Warenbewegung beginnt) eine steuerbare, aber als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfreie Lieferung. Er muss sich nicht im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen. Der Lieferer darf in seiner Rechnungen nur einen Nettobetrag ausweisen.
  • Der Käufer muss in seinem Heimatstaat einen steuerbaren und i. d. R. steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen. Der Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer richtet sich nach den nationalen Regelungen und der Verwendungsabsicht.

Die Konsignationslagerregelung soll eine Vereinfachungsregelung für die betroffenen Unternehmer darstellen. Soweit die Bedingungen alle vorliegen, tritt dieser Vereinfachungseffekt auch ein. Allerdings sind sehr viele notwendige Voraussetzungen zu erfüllen, sodass teilweise der Vereinfachungseffekt wieder verloren geht und auf die Betroffenen nicht unerhebliche Risiken zukommen. Es muss immer – schon bei Transport des Gegenstands in den anderen Mitgliedstaat – die USt-IdNr. des vorgesehenen Erwerbers aus dem Bestimmungsmitgliedstaat vorliegen.

In Deutschland sind die Regelungen zum Konsignationslager in § 6 b UStG zusammengefasst und werden durch umfangreiche Aufzeichnungsvorschriften in § 22 Abs. 4f UStG (für den liefernden Unternehmer) und § 22 Abs. 4g UStG (für den erwerbenden Unternehmer) ergänzt. Die Regelungen des § 6 b UStG lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • § 6b Abs. 1 UStG regelt die Tatbestandsvoraussetzungen. Es muss ein Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet werden, ohne dass an dem Gegenstand einem Abnehmer schon Verfügungsmacht verschafft worden ist. Der Abnehmer muss aber schon feststehen (Name, Anschrift, USt-IdNr. aus dem Bestimmungsmitgliedstaat) und es müssen die notwendigen Aufzeichnungen darüber geführt werden sowie die Meldungen abgegeben werden. Der liefernde Unternehmer darf in dem Bestimmungsmitgliedstaat weder Sitz noch Betriebsstätte oder Wohnsitz haben.
  • § 6b Abs. 2 UStG regelt die Rechtsfolgen. Liegen alle Voraussetzungen vor, ergibt sich für den liefernden Unternehmer im Moment der Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht) eine in seinem Heimatstaat ausgeführte steuerbare und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung und der Erwerber hat in diesem Zeitpunkt einen in dem Bestimmungsmitgliedstaat steuerbaren (und i. d. R. steuerpflichtigen) innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung zu unterwerfen.
  • §  6b Abs. 3 UStG setzt eine Frist fest, in der der Gegenstand an den feststehenden Abnehmer geliefert werden muss. Wird der Gegenstand nicht innerhalb von 12 Monaten nach der Beförderung oder Versendung an den feststehenden Käufer geliefert, ist am folgenden Tag ein innergemeinschaftliches Verbringen für den Unternehmer zu erfassen.
  • § 6b Abs. 4 UStG regelt die Ausnahme, dass es nicht zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen kommt, wenn der Gegenstand innerhalb der Frist von 12 Monaten wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt und dies ordnungsgemäß aufgezeichnet wird.
  • § 6 b Abs. 5 UStG regelt die Ausnahme, dass innerhalb der Frist von 12 Monaten der feststehende Abnehmer unter bestimmten Bedingungen gegen einen anderen Abnehmer ausgetauscht werden kann.
  • § 6b Abs. 6 UStG regelt die Rechtsfolgen bei weiteren Verstößen gegen die Konsignationslagerregelung (z. B. die Voraussetzungen entfallen, der Gegenstand gelangt aus dem Bestimmungsmitgliedstaat in das Drittland oder einen anderen Mitgliedstaat oder der Gegenstand wird zerstört oder gestohlen). Auch in diesen Fällen muss der Unternehmer ein innergemeinschaftliches Verbringen erfassen.

Die neue Verwaltungsanweisung des BMF

Das BMF-Schreiben v. 10.12.2021 (III C 3 - S 7146/20/10001 :005) führt insbesondere einen neuen Abschn. 6b.1 und 6b.2 UStAE ein. Darüber hinaus werden diverse weitere Abschnitte geändert.

Die Finanzverwaltung nimmt umfassend zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Konsignationslagerregelung Stellung. Darüber hinaus werden noch territoriale Feststellungen aufgrund des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union ("Brexit") mit aufgenommen.

Im Mittelpunkt der Änderungen steht der neue Abschn. 6b.1 UStAE, der über insgesamt 24 Absätze verfügt. Diese lassen sich wie folgt unterteilen:

  • In Abschn. 6b.1 Abs. 1 – Abs. 4 UStAE werden die allgemeinen Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung aufgenommen.
  • In Abschn. 6b.1 Abs. 5 UStAE werden Hinweise zu den notwendigen Voraussetzungen gegeben, die der Erwerber erfüllen muss.
  • Abschn. 6b.1 Abs. 6 UStAE erläutert die sich aus § 6b Abs. 5 UStG ergebende Möglichkeit des Wechsels des Abnehmers.
  • Abschn. 6b.1 Abs. 7 – Abs. 12 UStAE betrifft das Gelangen des Gegenstands aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat.
  • In Abschn. 6b.1 Abs. 12 UStAE wird die notwendige Voraussetzung des Verbleibens im Bestimmungsmitgliedstaat beschrieben.
  • Abschn. 6b.1 Abs. 14 UStAE schließt Reihengeschäfte von der Anwendung der Konsignationslagerregelung aus, da in diesen Fällen mit der Warenbewegung schon die Verschaffung der Verfügungsmacht erfolgt.
  • Die 12-Monatsfrist als notwendige Voraussetzung wird in Abschn. 6b.1 Abs. 15 – Abs. 17 UStAE dargestellt.
  • Der Unternehmer kann den Gegenstand innerhalb der Verwendungsfrist wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurücktransportieren. In Abschn. 6b.1 Abs. 18 UStAE nimmt die Finanzverwaltung dazu Stellung.
  • In verschiedenen Fällen ist die Anwendung der Konsignationslagerregelung nach § 6b Abs. 6 UStAE ausgeschlossen. In Abschn. 6b.1 Abs. 19 – Abs. 23 UStAE werden von der Finanzverwaltung Hinweise dazu sowie Anwendungsregelungen vorgegeben.
  • In Abschn. 6b.1 Abs. 24 UStAE werden die Konsequenzen des Brexits dargestellt.

Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung

Die Finanzverwaltung stellt die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung der Konsignationslagerregelung dar (Lager zu Abrufzwecken). Diese Darstellung geht nicht wesentlich über die sich aus dem Gesetz ergebenden Tatbestandsmerkmale hinaus. Die folgenden Punkte sind dabei zu beachten:

  • Der Gegenstand muss aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangen und zum Beginn der Beförderung oder Versendung müssen der vollständige Name, die vollständige Adresse und die dem Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. bekannt sein.
  • Der (leistende) Unternehmer darf im Bestimmungsmitgliedstaat nicht ansässig sein (keinen Sitz, keine Geschäftsleitung, keine feste Einrichtung i. S. einer Betriebsstätte); dies gilt unabhängig von einer Beteiligung am Liefergeschehen. Eine Registrierung für umsatzsteuerrechtliche Zwecke begründet aber allein nicht die Ansässigkeit im Bestimmungsmitgliedstaat. Hinweis: Ein angemietetes oder gepachtetes Lager im Bestimmungsmitgliedstaat, das mit eigenen Mitteln (z. B. eigenem Personal) betrieben wird, begründet eine Ansässigkeit, die die Anwendung der Konsignationslagerregelung ausschließt.
  • Die Verfügungsmacht an dem Gegenstand muss zu einem späteren Zeitpunkt als dem Warentransport auf den Käufer übergehen. Ausreichend sind danach vertragliche Festlegungen, die die Modalitäten der (späteren) Verschaffung der Verfügungsmacht regeln – dies kann sich auch aus einem Rahmenvertrag ergeben. Eine verbindliche Bestellung oder eine Zahlung stehen einer solchen Vereinbarung nicht entgegen.
  • Die Ware muss für den vorab festgelegten Abnehmer bestimmt sein. Sind Vereinbarungen mit mehreren Abnehmern abgeschlossen, muss durch die Aufzeichnungen sichergestellt sein, dass die Gegenstände dem jeweiligen Erwerber eindeutig und klar zugeordnet werden können.
  • Lager i. S. d. Regelung kann jeder räumlich und physisch bestimmbare Ort sein. Dies können Gebäude, Räume, Eisenbahnwaggons, Schiffe, Container aber auch Tanklager sein. Voraussetzung ist, dass sich aus den Aufzeichnungen eindeutig ergibt, wo sich die Gegenstände bis zur Entnahme durch den Erwerber befinden.

Fraglich und nicht näher konkretisiert ist, wie sich bei beweglichen Gegenständen – z. B. Containern – eine beweissichere Aufzeichnung des Orts des Gegenstands ergeben soll.

Abnehmer

Der Leistungsempfänger (Abnehmer) muss im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung Unternehmer sein und den Gegenstand für Zwecke seines Unternehmens erwerben wollen. Auch ein Kommissionär kann Abnehmer sein. Zwingende Voraussetzung ist, dass er gegenüber dem leistenden Unternehmer mit seiner USt-IdNr. auftritt, die aus dem Bestimmungsmitgliedstaat stammt.

Hinweis: Verwendet der Leistungsempfänger eine USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, kommt die Konsignationslagerregelung nicht zur Anwendung. Eine Ansässigkeit im Bestimmungsmitgliedstaat ist nicht erforderlich. Abnehmer kann auch ein Drittlandsunternehmer sein, der über eine USt-IdNr. aus dem Bestimmungsmitgliedstaat verfügt.

Wechsel des Abnehmers

Grundsätzlich kann der vorbestimmte Abnehmer innerhalb der 12-Monatsfrist ausgetauscht werden. Im Gesetz sind keine weiteren Voraussetzungen für diesen Austausch vorgegeben.

Wichtig: Die Finanzverwaltung legt jetzt fest, dass für einen wirksamen Austausch die vertragliche Vereinbarung für den Austausch des Abnehmers bereits am Tag des Wirksamwerdens des Erlöschens der bisherigen Vereinbarung abgeschlossen sein muss. Wird die Vereinbarung mit dem neuen Abnehmer erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen, führt dies zur Nichtanwendung der Vereinfachungsregelung.

Der Wechsel des Abnehmers führt nicht zu einer Verlängerung der 12-Monatsfrist. Allerdings kann im Rahmen eines solchen Abnehmerwechsels der Gegenstand in ein anderes Lager in demselben Bestimmungsmitgliedstaat transportiert werden.

Gelangen in den anderen Mitgliedstaat

Der Gegenstand muss aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat gelangen. Wer den Gegenstand befördert oder versendet ist, ist unerheblich. Auch der Abnehmer kann den Gegenstand befördern oder versenden, wenn sich aus der vertraglichen Vereinbarung ergibt, dass damit noch nicht die Verschaffung der Verfügungsmacht verbunden ist.

Der Gegenstand, der später aus dem Konsignationslager entnommen wird, muss mit dem in den anderen Mitgliedstaat verbrachten Gegenstand identisch sein. Damit führt eine Be- oder Verarbeitung im Bestimmungsland durch den leistenden Unternehmer (z. B. im Rahmen einer Werklieferung oder Werkleistung) zum Ausschluss von der Konsignationslagerregelung.

Wichtig: Für die Anwendung der Konsignationslagerregelung muss eine Warenbewegung zwischen 2 Mitgliedstaaten vorliegen, die Ansässigkeit der Vertragsparteien ist unerheblich. Kommt der liefernde Unternehmer aus dem Drittlandsgebiet, muss er aber umsatzsteuerrechtlich im Ausgangsmitgliedstaat registriert sein, damit dort die Meldepflichten erfüllt werden können.

Verbleiben in dem anderen Mitgliedstaat

Der Gegenstand muss bis zur Entnahme durch den vorbestimmten oder ausgetauschten Abnehmer in dem Bestimmungsmitgliedstaat verbleiben. Innerhalb des Bestimmungsmitgliedstaats kann der Gegenstand aber von einer Lagerstätte in eine andere Lagerstätte verbracht werden. Ob der Abnehmer den Gegenstand nach der Herausnahme aus dem Konsignationslager in einen anderen Mitgliedstaat oder in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet, hat keinen Einfluss mehr auf die Anwendung der Vereinfachungsregelung.

Wichtig: Wird der Gegenstand innerhalb der 12-Monatsfrist wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurück transportiert, ergeben sich keine umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen. Der Unternehmer muss allerdings das Zurückgelangen entsprechend aufzeichnen. Wenn aber der Gegenstand unmittelbar aus dem Bestimmungsmitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat oder in das Drittlandsgebiet transportiert wird, führt dies zum Wegfall der Vereinfachungsregelung. Dies mag im Ergebnis nicht überzeugen, da damit der ökologisch unsinnige Rücktransport und dann Weitertransport in einen anderen Mitgliedstaat zu einem günstigeren Ergebnis führen kann als der direkte Transport.

12-Monatsfrist

Der Gegenstand muss – wenn er nicht wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt – innerhalb von 12 Monaten von dem vorbestimmten Abnehmer oder einem diesen ersetzenden anderen Abnehmer abgenommen werden.

Wichtig: Die Frist ist tagesgenau zu berechnen. Die nationalen Regelungen des BGB sind nicht anzuwenden. Aufgrund der unionseinheitlichen Umsetzung gelten unionseinheitliche Grundsätze (Art. 2 und Art. 3 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 v. 3.6.197)., die sich aber nicht wesentlich von den nationalen Vorschriften unterscheiden. Fällt die Frist auf einen Feiertag, Sonntag und Sonnabend, ist der nächste Arbeitstag maßgeblich.

Der Unternehmer muss die genauen Tage (Tag der Einlagerung - nicht der Absendung oder der Ankunft im Bestimmungsmitgliedstaat - und Tag der Entnahme aus dem Konsignationslager) aufzeichnen. Er ist für die Einhaltung der Frist nachweispflichtig.

Wichtig: Bei Flüssigkeiten, Gasen oder Schüttgut kann aus Vereinfachungsgründen das Verbrauchsfolgeverfahren FIFO (First in – first out)  angewendet werden.

Vereinfachung und Verstoß gegen die Vereinfachungsregelungen

Nur wenn alle Voraussetzungen des § 6b Abs. 1 und Abs. 5 UStG vorliegen, kommt es zur Vereinfachung i. S. d. Regelung. In diesem Fall muss sich der liefernde Unternehmer nicht im Bestimmungsmitgliedstaat registrieren lassen und meldet zum Zeitpunkt der Entnahme des Gegenstands aus dem Konsignationslager in seinem Heimatstaat eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (an den Abnehmer) an. Der Erwerber muss dazu korrespondierend im Bestimmungsmitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb anmelden.

Hinweis: Die Finanzverwaltung stellt klar, dass durch die (bewusste) Nichterfüllung einer der Voraussetzungen der liefernde Unternehmer erreichen kann, dass die Vereinfachungsregelung nicht zur Anwendung kommt. Da die Regelung gegenstandsbezogen ist, führt der Verstoß gegen die Voraussetzungen bei einem Gegenstand nicht automatisch auch zum Ausschluss der Regelung bei anderen Gegenständen.

Breiten Raum nehmen die Ausführungen zu § 6b Abs. 6 UStG ein. Ein Verstoß gegen die Regelungen und damit ein Verbringen des Gegenstands (vgl. zu den Rechtsfolgen Tz. 8.) liegt in den folgenden Fällen vor:

  • Ein anderer als der vorbestimmte oder der ausgetauschte Abnehmer erhält die Verfügungsmacht über den Gegenstand. Der Gegenstand gilt am Tag vor der Lieferung als innergemeinschaftlich verbracht.
  • Der Gegenstand der Lieferung wird in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet (Ausnahme allerdings bei Rückgelangen des Gegenstands in den Ausgangsmitgliedstaat innerhalb der 12-Monatsfrist). Dies gilt entsprechend, wenn der Gegenstand in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet wird. Der Gegenstand gilt am Tag vor der Lieferung als innergemeinschaftlich verbracht.
  • Der Gegenstand geht nach Einlagerung und vor Verschaffung der Verfügungsmacht durch Zerstörung, Verlust oder Diebstahl verloren. In diesem Fall gelten die Voraussetzungen für die Vereinfachungsregelung an dem Tag der Feststellung als nicht mehr gegeben. Allerdings sollen "kleine Verluste" nicht zu einem Wegfall der Vereinfachungsregelung führen.

Wichtig: Unter solche "kleinen Verluste" fallen gewöhnliche, branchenübliche, sich aus den Erfahrungen der letzten Lagerungsjahre ergebende Mengenverluste von Gegenständen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder infolge unvorhersehbarer Umstände entstanden sind. Von "kleinen Verlusten" ist im Regelfall auszugehen, wenn diese wert- oder mengenmäßig weniger als 5 % des Gesamtbestands (Freigrenze) der identischen Gegenstände betragen, der an dem Tag der Zerstörung, des Verlustes oder des Diebstahls oder, falls ein solcher Tag nicht bestimmt werden kann, an dem Tag, an dem die Zerstörung oder das Fehlen der Gegenstände erkannt worden ist, festgestellt wurde.

Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Vereinfachungsregelung

Wird die 12-Monatsfrist überschritten, gilt am Tag nach Ablauf der Frist der Gegenstand als innergemeinschaftlich verbracht. Dies bedeutet, dass der Unternehmer im Ausgangsmitgliedstaat eine fiktive Lieferung nach § 3 Abs. 1a UStG (an sich selbst) und im Bestimmungsmitgliedstaat einen fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb (von sich selbst) nach § 1a Abs. 2 UStG anmelden muss. Dies setzt dann – wenn das Bestimmungsland nicht die Anmeldung über einen Fiskalvertreter ermöglicht – eine Registrierung im Bestimmungsmitgliedstaat voraus. Dieselbe Rechtsfolge ergibt sich, wenn aus anderen Gründen (§ 6b Abs. 6 UStG) gegen die Voraussetzungen der Konsignationslagerregelung verstoßen wird. In diesen Fall tritt die Rechtsfolge aber schon am Tag des Verstoßes gegen die Voraussetzungen oder am Vortag ein.

Wichtig: Im Ausgangsmitgliedstaat liegt dann eine steuerbare, aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b und § 6a Abs. 2 UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (an sich selbst) vor. Dazu ist aber eine USt-IdNr. des Unternehmers aus dem Bestimmungsmitgliedstaat notwendig. Da der Unternehmer, der ja vom Vorliegen der Vereinfachungsregelung ausgegangen war, regelmäßig keine USt-IdNr. in dem Bestimmungsmitgliedstaat haben wird, war unklar, ob im Ausgangsmitgliedstaat eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen kann. Die Finanzverwaltung (Abschn. 6b.1 Abs. 17 Beispiel Satz 5 UStAE) hat dazu (im Beispiel) geregelt, dass bei einer unverzüglichen Registrierung und Beantragung einer USt-IdNr. im Bestimmungsmitgliedstaat auch dieses innergemeinschaftliche Verbringen – unter den weiteren Voraussetzungen – steuerfrei ist.

Bemessungsgrundlage

Zur Bemessungsgrundlage werden von der Finanzverwaltung kaum Aussagen getroffen. Lediglich bei Verstoß gegen die Voraussetzungen wird für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Verbringens (innergemeinschaftliche Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 1a UStG und innergemeinschaftlicher Erwerb i. S. d. § 1a Abs. 2 UStG) auf die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG verwiesen und auf den Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder mangels eines Einkaufpreises die Selbstkosten zum Zeitpunkt des Umsatzes.

Hinweis: Zumindest in Fällen, in denen ein Verstoß gegen die Voraussetzungen wegen einer Zerstörung des Gegenstands vorliegt, kann darüber gestritten werden, welcher Wert dem zerstörten Gegenstand zuzurechnen ist.

Hinweise zum Brexit

Abschließend nimmt die Finanzverwaltung noch Hinweise zum Brexit mit auf.

Hinweis: In diesem Zusammenhang ändert die Finanzverwaltung auch an anderen Stellen den UStAE (insbesondere Abschn. 1.10 Abs. 3 UStAE) und weist darauf hin, dass seit dem 1.1.2021 das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr zur Europäischen Union gehört, aufgrund des Austrittsabkommens für Lieferungen nach Nordirland aber die Regelungen des Binnenmarkts – und damit auch die Konsignationslagerregelung – weiterhin anwendbar sind.

Für Waren, die vor dem 1.1.2021 in ein Konsignationslager im Vereinigten Königreich Großbritannien (ohne Nordirland) verbracht wurden oder die aus diesem Gebiet in ein Konsignationslager in der Europäischen Union verbracht wurden, sind Billigkeitsmaßnahmen erlassen worden (vgl. dazu Abschn. 6b.1 Abs. 24 UStAE).

Weitere Hinweise

Die Finanzverwaltung nimmt in dem Schreiben noch weitere Ergänzungen im UStAE vor, die keine wesentlichen inhaltlichen Neuerungen darstellen:

  • In Abschn. 6b.2 UStAE ist zu den Nachweisen lediglich ein Hinweis auf Abschn. 22.3b UStAE aufgenommen worden. Dort wird aber im Wesentlichen auch nur auf die Inhalte des § 22 Abs. 4f und Abs. 4g UStG verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Aufzeichnungspflichten auch Dritten übertragen werden können.
  • Zu den Meldefristen der Zusammenfassenden Meldung wird darauf hingewiesen, dass Unternehmer, die nur Lieferungen i. S. d. § 6b UStG ausführen, vierteljährliche Zusammenfassende Meldungen abzugeben haben.
  • Die in der Zusammenfassenden Meldung anzugebenden Tatbestände nach § 18a Abs. 7 Nr. 2a UStG sind in dem neuen Abschn. 18a.3 Abs. 2 UStAE aufgenommen worden.

Konsequenzen für die Praxis

"Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes" ("Was immer es sei, ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen"; aus Vergils Aeneis gem. Wikipedia) - eine Vereinfachungsregelung der EU, die den Namen leider nicht verdient. Es gab das Problem, dass in den Fällen des Transports eines Gegenstands in den anderen Mitgliedstaat mit einer erst danach erfolgenden Lieferung, die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen getroffen hatten. Von einer von Beginn an anzunehmenden innergemeinschaftlichen Lieferung – verbunden mit unterschiedlichen Aufschubzeiten – bis hin zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen und einer dann im Bestimmungsmitgliedstaat der Besteuerung zu unterwerfenden Lieferung (verbunden mit einer Registrierungspflicht) gab es diverse Varianten, die auch Doppelbesteuerungen nicht ausschlossen. Es war deshalb sinnvoll, dass im Binnenmarkt nach einer einheitlichen und einfachen Lösung gesucht wurde.

Allerdings ist das Ergebnis – und da kann dem BMF kein unmittelbarer Vorwurf gemacht werden, da hier auch nur das umgesetzt werden musste, was auf Unionsebene verabschiedet wurde – alles andere als überzeugend. Mittelbar kann der Vorwurf erhoben werden, auf Unionsebene dieser Änderung der MwStSystRL in diesem Bereich zugestimmt zu haben. Die Ausgangsidee ist gut, dass im Moment der Verschaffung der Verfügungsmacht eine innergemeinschaftliche Lieferung bzw. ein innergemeinschaftlicher Erwerb fingiert wird. Die Rückausnahmen und die Möglichkeiten der "Verstöße" gegen diese Regelungen – insbesondere bei Diebstahl und Untergang der Gegenstände – führen aber zu allem, bloß nicht zu einer Vereinfachung.

Die Finanzverwaltung gibt – nach fast 2 Jahren – ihre Rechtsauffassung zu den teilweise allgemein gefassten Aussagen des Gesetzes bekannt, geht da aber nur in wenigen Punkten über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Insbesondere sind die Regelungen zu den „kleinen Verlusten“ zu beachten, die – bei Schwund, Verderb o.ä. Verlusten – nicht zu einem Verstoß gegen die „Vereinfachungsregelung“ führen sollen. Diese Regelung kann alles andere als überzeugen, da sie bezogen auf die 5 %-Grenze zum Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen bzw. der Feststellung des Verlustes zu völlig willkürlichen Ergebnissen führt. Falls solche „Verluste“ im Rahmen einer Inventur festgestellt werden sollten und der Unternehmer – aus welchen wirtschaftlichen Gründen auch immer – den Lagerbestand zum Bilanzstichtag bewusst hoch oder niedrig ansetzt, kommt es bei ansonsten gleichen Voraussetzungen zu völlig unterschiedlichen Konsequenzen.

Was sind die Konsequenzen: Große Unternehmen werden wahrscheinlich im Laufe der Zeit – soweit sie überhaupt diese Regelungen in Anspruch nehmen sollten – sowieso zu einer Registrierungspflicht im Bestimmungsland kommen, da irgendein "Verstoß" gegen die Voraussetzungen vorliegen wird. Dann könnte auch gleich ein innergemeinschaftliches Verbringen angemeldet werden. Kleine Unternehmen werden wahrscheinlich vor dem Wust an Voraussetzungen, Aufzeichnungs- und Überwachungspflichten kapitulieren. Im Ergebnis eine "Vereinfachungsregelung", die sich selbst ad absurdum führt.

Hinweis: Zu beachten ist, dass die Meldung in der Zusammenfassenden Meldung derzeit in einem ausgelagerten "vereinfachten Verfahren" erfolgt (vgl. dazu BMF, Schreiben v. 28.1.2020, BStBl 2020 I S. 224).

Die Grundsätze sind auf alle Sachverhalte anzuwenden, bei denen der Transport in das Konsignationslager ab dem 1.1.2020 begonnen hat.

BMF, Schreiben v. 10.12.2021, III C 3 - S 7146/20/10001 :005