Rn. 4

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Bei § 7b EStG handelt es sich um eine Sonderabschreibung, schon ausweislich der Überschrift der Vorschrift ("Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau"). Hier stellt sich wie bei anderen Sonderabschreibungen auch die Frage, inwieweit eine solche mit Art 107 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU, Abl EG Nr C 115 v 09.05.2008, 47, in Kraft seit 01.12.2009, vormals Art 87 EGV) vereinbar ist. Nach Art 107 Abs 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Nach hier vertretener Auffassung ist eine solche Handelsbeeinträchtigung nicht ersichtlich. Auf die Ausnahme in Art 107 Abs 3 Buchst c AEUV, wonach als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, käme es danach nicht mehr an.

Nach Art 108 Abs 3 S 1 AEUV ist die Kommission von der beabsichtigten Einführung von Beihilfen rechtzeitig zu unterrichten (Notifizierungsverfahren). Ist sie der Auffassung, dass ein solches Vorhaben nach Art 107 AEUV mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, leitet sie ein Verfahren nach Art 108 Abs 2 AEUV ein (Art 108 Abs 3 S 2 AEUV). Der betreffende Mitgliedstaat darf dann die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat (Art 108 Abs 3 S 3 AEUV).

 

Rn. 5

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Die EU-VO Nr 1407/2013 über die Anwendung der Art 107 und 108 AEUV auf De-Minimis-Beihilfen (v 18.12.2013, Abl EG L 352 v 24.12.2013, 1) sieht vor, dass Beihilfen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag (zur Kumulierungsmöglichkeit nach Art 5 Abs 1 der VO Nr 1407/2013 mit der VO Nr 360/2012 = DAWI-De-Minimis-VO s Rn 136a), die einem einzigen Unternehmen über eine bestimmten Zeitraum gewährt werden (sog De-Minimis-Beihilfen) nicht alle Tatbestandsmerkmale des Art 107 Abs 1 AEUV erfüllen und daher nicht nach Art 108 Abs 3 AEUV bei der Kommission anzumelden sind (Art 3 Abs 1 der VO). Sofern also ein Mitgliedstaat die Tatbestandsvoraussetzungen dieser VO einhält, "erspart" er sich das zeitraubende Notifizierungsverfahren, dh er muss nicht warten, bis die EU-Kommission die Beihilfe durch Beschluss für zulässig erklärt (s Art 108 Abs 3 S 3 AEUV).

 

Rn. 6

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Nach Art 1 Abs 1 EU-VO Nr 1407/2013 gilt diese für Beihilfen an Unternehmen aller Wirtschaftszweige mit dort enumerativ aufgelisteten Ausnahmen, die hier nicht vorliegen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist somit eröffnet. Davon geht auch der Gesetzgeber des § 7b EStG aus, der sonst Abs 5 des § 7b EStG nicht geschaffen hätte – um Planungssicherheit zu haben und sich nicht der Gefahr eines Verfahrens der EU-Kommission (s Rn 4) mit ungewissem Ausgang auszusetzen (Mohaupt, NWB 29/2019, 2153). Damit eine solche De-Minimis-Beihilfe vorliegt, darf der Gesamtbetrag der einem einzigen Unternehmen (zu dessen Legaldefinition s Art 2 Abs 2 der VO) von einem Mitgliedstaat gewährten De-Minimis-Beihilfen in einem Zeitraum von 3 Steuerjahren nicht TEUR 200 überschreiten.

Diese Aussage übernimmt auch § 7b Abs 5 EStG, zu weiteren Einzelheiten s Rn 131ff.

Nach hier vertretener Auffassung sind damit insoweit die europarechtlichen Bedenken ausgeräumt – allerdings um den Preis von Bürokratiemehraufwand (s Rn 23).

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