da) Allgemeines

 

Rn. 367

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

§ 7 Abs 4 S 1 EStG ist der Normalfall und § 7 Abs 4 S 2 EStG die Ausnahme und nur anstelle des § 7 Abs 4 S 1 EStG zulässig (BFH BStBl II 2018, 646: s § 7 Abs 4 S 2 EStG "anstelle der Absetzungen nach S 1"). § 7 Abs 4 S 2 EStG erlaubt es daher dem StPfl, statt der gesetzlichen Nutzungsdauer nach § 7 Abs 4 S 1 EStG nach der kürzeren tatsächlichen abzuschreiben und kehrt damit im Ergebnis zur Grundnorm des § 7 Abs 1 EStG zurück.

 

Rn. 367a

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Nachdem bei Anschaffungen/Herstellungen ab 01.01.2006 keine degressive Gebäude-AfA mehr möglich ist, ist § 7 Abs 4 S 2 EStG abgesehen von der AfaA (§ 7 Abs 4 S 3 EStG) die einzige Möglichkeit (abgesehen ggf von Sonderabschreibungen, zB nach § 7b EStG), zu höheren Abschreibungssätzen zu kommen als die in § 7 Abs 4 S 1 EStG vorgegebenen. § 11c Abs 1 S 1 EStDV definiert dies als den Zeitraum, in dem ein Gebäude "voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend" genutzt werden kann.

 

Rn. 367b

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Dabei ist dieser idR zu schätzen, da zumindest auch ungewisse künftige Ereignisse zu beurteilen sind (FG D'dorf DStRE 2019, 1507, Rev, Az des BFH IX R 25/19), wobei zu berücksichtigen sind:

  • technischer Verschleiß
  • wirtschaftliche Entwertung
  • rechtliche Gegebenheiten, die die Nutzungsdauer des Gebäudes begrenzen können.

Auszugehen ist dabei von der technischen Nutzungsdauer; ist die wirtschaftliche kürzer (= der Regelfall), kann sich der StPfl darauf berufen (BFH BStBl II 1998,59; BFH/NV 2008, 1310; FG D'dorf EFG 2019, 1673, Rev, Az des BFH IX R 25/19).

 

Rn. 367c

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Für Wohngebäude sieht das FG D'dorf EFG 2019, 1673 (Rev, Az des BFH IX R 25/19 mit Anm Park, BB 2020, 498) das Modell zur Ableitung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer unter Berücksichtigungen von Modernisierungen gemäß Anlage 4 der Sachwertrichtlinie als geeignetes Verfahren zur Ermittlung der kürzeren Restnutzungsdauer, nicht aber das Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen (ERAB).

 

Rn. 367d

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Bei Gebäude auf fremdem Grund und Boden führt eine mutmaßliche kürzere Pachtdauer als die AfA-Sätze nach § 7 Abs 4 S 1 EStG nicht zur Zulässigkeit einer AfA nach § 7 Abs 4 S 2 EStG (BFH BStBl II 2010, 670 mit Anm Kanzler, FR 2010, 662.

 

Rn. 367e

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Handelt es sich um unselbstständige Gebäudeteile, können diese auch dann nicht selbstständig kürzer abgeschrieben werden, wenn deren individuelle Nutzungsdauer geringer ist als die des Gesamtgebäudes (BFH BFH/NV 1998, 575; FG Bre DStRE 2016, 769 rkr).

db) Die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer

 

Rn. 368

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Liegt die tatsächliche (bautechnische und/oder wirtschaftliche (Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 439) (Rest-)Nutzungsdauer (s Rn 367) des Gebäudes

  • unter der gesetzlichen: der AfA-Zeitraum verkürzt sich, § 7 Abs 4 S 2 EStG ist anwendbar (BFH BStBl II 1998, 59; 2009, 986; BFH/NV 2004, 474; 2008, 1310)
  • über der gesetzlichen: der AfA-Zeitraum verlängert sich nicht, es bleibt beim gesetzlichen AfA-Zeitraum, da dieser der maximale AfA-Zeitraum ist (BFH BStBl II 1972, 176; 1977, 606; BFH/NV 2004, 474; 2009,157; 2020, 561).
 

Rn. 369

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Da die tatsächliche (Rest-)Nutzungsdauer (s Rn 367), damit § 7 Abs 4 S 2 EStG anwendbar ist, unter der gesetzlichen liegen muss, bedeutet dies

Zur Nutzungsdauer bei Gebäuden, die dem Einzelhandel dienen, s OFD Han v 08.10.2008, DB 2008, 2567.

 

Rn. 370

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Musterhäuser der Fertighaus-Industrie sind nach § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG (dh mit 3 % bzw 4 %, s Rn 347) abzuschreiben (BFH BStBl II 2009, 986). In die Bemessung der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs 4 S 2 EStG) ist hier auch der Zeitraum einer nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb voraussichtlichen anschließenden Nutzung des Hauses als Wohngebäude einzubeziehen (BFH BStBl II 2009, 986); das gilt auch für auf fremden Grund und Boden errichtete Fertighäuser, die zum Zweck der Veräußerung demontiert und andernorts wieder aufgebaut werden müssen.

dc) Nachweise

 

Rn. 371

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer muss der StPfl glaubhaft machen. Er trägt dafür die objektive Beweislast (Feststellungslast) (FG Nds EFG 2017, 1418 rkr; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 441).

"Strenge Anforderungen" dürfen an diese Glaubhaftmachung nicht gestellt werden (BFH BStBl II 1972, 176; FG Köln 8 K 6294/95, EFG 2001, 675; FG D'dorf EFG 2019, 1673, Rev, Az des BFH IX R 25/19; Blum/Weiss, BB 2007, 2093: Sachverständigen-Gutachten ausreichend; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 441).

Auch FG Nds EF...

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