Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellungskosten für Um- und Einbauten bei Klinikgebäuden

 

Leitsatz (NV)

Zum zeitlichen Geltungsbereich der Sonderabschreibung für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens privater Krankenhäuser nach §7 f EStG und §75 EStDV.

 

Normenkette

EStG § 7f; EStDV § 75

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) -- eine GmbH & Co. KG -- betreibt ein Krankenhaus i. S. von §67 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Das Klinikgebäude hat sie 1970 errichtet. In den Jahren 1984 bis 1986 führte sie folgende Baumaßnahmen durch:

-- den Einbau eines Kraft- und Fangoraumes im Jahr 1984, die Errichtung eines Röntgen- und Gipsraumes im Jahr 1985 und

-- den Einbau neuer Türen in den Räumlichkeiten der Klinik im Jahr 1986.

Für die aufgewendeten Herstellungskosten machte sie in den Streitjahren 1986 und 1987 Sonderabschreibungen nach §7 f des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend, und zwar

-- 1986 für den Einbau der neuen Türen ... DM und

-- 1987 für die Errichtung des Kraft- und Fangoraumes ... DM sowie für den Einbau des Röntgen- und Gipsraumes ... DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) vertrat demgegenüber die Ansicht, daß §7 f EStG nicht anwendbar sei. Das gelte auch für die Vorgängervorschrift des §75 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV).

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der -- vom Finanzgericht (FG) -- zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§7 f EStG).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Abänderung der Gewinnfeststellungsbescheide vom 5. November 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. April 1994 festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Die Klägerin kann für die Um- und Einbauten keine Sonderabschreibungen nach §7 f EStG oder §75 EStDV 1974 in Anspruch nehmen.

1. §7 f EStG bietet hierfür keine Rechtsgrundlage. Die Vorschrift ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1976 angeschafft oder hergestellt worden sind (§52 Abs. 12 EStG 1986). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Das Klinikgebäude wurde bereits 1970 fertiggestellt.

Die Um- und Einbaumaßnahmen der Klägerin führten im Streitfall nicht zu selbständigen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens i. S. des §7 f Abs. 1 EStG. Der Begriff des Wirtschaftsguts i. S. dieser Vorschrift ist nicht anders auszulegen als in §7 EStG und in §7 a EStG (vgl. etwa Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., §7 f EStG Anm. 22, 30; Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, §7 f Rdnrn. A 6, 8 und B 12 f.). Das bedeutet, daß Gebäudebestandteile, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zu dem Gebäude stehen, nicht gesondert abgeschrieben werden können (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. November 1993 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, und ständige Rechtsprechung, vgl. dazu die Nachweise bei Schmidt, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., §5 Rz. 131 f.). Aufwendungen für die Herstellung solcher Gebäudeteile sind nachträgliche Herstellungskosten des Gebäudes. Das gilt auch für die hier streitigen Um- und Einbauten. Ein in vollem Umfang eigenbetrieblich genutztes Gebäude kann nicht nach seinen verschiedenen eigenbetrieblichen Funktionen weiter aufgeteilt werden (vgl. BFH-Urteile vom 18. Februar 1987 X R 21/81, BFHE 149, 88, BStBl II 1987, 463, und vom 14. Juli 1989 III R 29/88, BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903 unter 3. c; vom 29. September 1994 III R 80/92, BFHE 176, 93, BStBl II 1995, 72, m. w. N.).

2. Die Herstellungskosten für die Um- und Einbauten sind auch nicht selbständig steuerbegünstigt.§

7 f EStG enthält -- anders als etwa §7 d Abs. 1 und Abs. 4 EStG oder §§82 a, g und i EStDV -- keine Sonderregelung für nachträgliche Herstellungskosten. Eine solche läßt sich der Vorschrift auch weder bei Berücksichtigung des Förderungszwecks noch unter Beachtung der historischen Entwicklung im Wege der Auslegung entnehmen; es ist vielmehr zur Entscheidung der Frage, ob die nachträglichen Herstellungskosten nach §7 f EStG begünstigt sind, auf die für alle Sonderabschreibungen geltende Regelung in §7 a Abs. 1 EStG zurückzugreifen. Danach können Sonderabschreibungen für nachträgliche Herstellungskosten nur innerhalb des vom Gesetz für die Förderungswürdigkeit des Wirtschaftsguts vorgesehenen Begünstigungszeitraums in Anspruch genommen werden (vgl. etwa Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., §7 a EStG Anm. 22; Schmidt, a. a. O., §7 a Rz. 2); §7 a EStG gewährt selbst keine Steuervergünstigung.

Fehlt es an einem begünstigten Wirtschaftsgut oder werden die nachträglichen Herstellungskosten erst nach Ablauf des Begünstigungszeitraums aufgewendet, können für diese keine erhöhten Absetzungen oder Sonderabschreibungen, sondern nur Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach den allgemeinen Vorschriften vorgenommen werden. Da das Klinikgebäude nicht nach §7 f EStG, sondern nur nach §75 EStDV 1974 steuerbegünstigt war (§84 Abs. 3 Satz 2 EStDV 1977), ist ausschließlich nach dieser Vorschrift zu beurteilen, ob der Begünstigungszeitraum in den Streitjahren bereits abgelaufen war.

3. Der Senat kann offenlassen, ob sich der Begünstigungszeitraum für die Vornahme von Sonderabschreibungen bei nachträglichen Herstellungskosten auf ein Klinikgebäude, das vor dem 1. Januar 1975 angeschafft oder hergestellt worden ist, entsprechend der in §7 a Abs. 1 EStG getroffenen Regelung nach dem für das Gebäude geltenden Begünstigungszeitraum bestimmt oder ob der Vorschrift des §75 EStDV zu entnehmen war, daß Um- und Einbauten unabhängig vom Gebäude selbständig begünstigt sein sollten (vgl. dazu Zitzmann, Betriebs-Berater 1976, 501, 502; Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., §7 f EStG Anm. 30; Blümich/Brandis, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., §7 f Rdnr. 29). §75 EStDV ist mit Wirkung zum 31. Dezember 1984 aufgehoben worden (Art. 4 Nr. 6, Art. 32 Abs. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 vom 14. Dezember 1984, BStBl I 1984, 659). Sonderabschreibungen konnten ab diesem Zeitpunkt, also auch für die Streitjahre 1986 und 1987, nur noch nach §7 f EStG vorgenommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66953

BFH/NV 1998, 575

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