aa) Struktur der Vorschrift

 

Rn. 1470

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

§ 5 Abs 7 EStG regelt die steuerlichen Konsequenzen der Verpflichtungsübernahme unter Hebung stiller Lasten für den Übernehmer und ist eine grundsätzlich komplementäre Regelung zu § 4f EStG für den Übertragenden. Insofern übertragene Verpflichtungen beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, ordnet die Vorschrift rechtsprechungs- und maßgeblichkeitsbrechend deren Fortgeltung beim Übernehmenden und damit einen systemwidrigen Erwerbsgewinn an. Die Mobilisierbarkeit passivierungsbeschränkter Verpflichtungen wird hierdurch ganz erheblich beeinträchtigt.

§ 5 Abs 7 S 1 EStG adressiert den Grundfall der Verpflichtungsübernahme und bestimmt, dass die auf Ebene des ursprünglich Verpflichteten eingreifenden Ansatzverbote/-beschränkungen und Bewertungsvorbehalte zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen auch auf Ebene des Übertragenden zur Anwendung zu bringen sind. Der Übernehmer hat die Verpflichtung so zu bilanzieren, wie sie ohne Übertragung beim Übertragenden zu bilanzieren gewesen wäre (s Rn 1482ff). Ungeachtet zwischenzeitlich eingetretener Realisation stiller Lasten wird die Bilanzierung beim Übertragenden und Übernehmenden abstrakt verknüpft ("abstrakte Fußstapfentheorie", s § 4f Rn 48 (Briesemeister)).

S 2 bezieht den Schuldbeitritt und die Erfüllungsübernahme mit vollständiger und teilweiser Schuldfreistellung explizit in die abstrakte Passivierungsverknüpfung ein (s Rn 1478f).

S 3 trifft Anordnungen für den Fall des entgeltlichen Erwerbs eines Mitunternehmeranteils unter Miterwerb ideeller Anteile nicht bzw unter Teilwert passivierter Gesamthandsverbindlichkeiten (s Rn 1485).

S 4 bestimmt eine Ausnahme von der abstrakten Passivierungsverknüpfung für den Fall der Übertragung von Pensionsverpflichtungen unter Übernahme von Vermögenswerten bei ArbG-Wechsel (s Rn 1486).

Sofern sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ein (Erwerbs-)Gewinn ergibt, ist dieser grundsätzlich im Wj der Übernahme zu versteuern.

S 5 erlaubt dem Übernehmer, iHv 14/15 dieses Gewinns eine gewinnmindernde Rücklage bilden, die in den folgenden 14 Wj zu mindestens 1/14 gewinnerhöhend aufzulösen ist (s Rn 1488f).

S 6 ordnet die vorzeitige Auflösung der Rücklage an, wenn die zugrundeliegende Verpflichtung vor Ablauf des Auflösungszeitraums nicht mehr besteht (s Rn 1491ff).

ab) Rechtsentwicklung

 

Rn. 1471

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Die mit AIFM-StAnpG v 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) (BGBl I 2013, 4318) implementierte Vorschrift § 5 Abs 7 EStG stellt in Verbindung mit § 4f EStG eine Nichtanwendungsgesetzgebung der BFH-Rspr zur steuerlichen Behandlung der Übernahme von Verpflichtungen, die beim Übertragenden aufgrund steuerlicher Passivierungsbeschränkungen nicht oder nicht zum vollen Wert passiviert werden durften. Der BFH bejahte sowohl die vollständige aufwandswirksame Hebung stiller Lasten beim Übertragenden (BFH v 17.10.2007, I R 61/06, BStBl II 2008, 555; BFH v 26.04.2012, IV R 43/09, BFH/NV 2012, 1248) als auch beim Übernehmenden die vollständige Passivierung der entgeltlich übernommenen Verpflichtung (BFH v 16.12.2009, I R 102/08, BStBl II 201, 566; BFH v 14.12.2011, I R 72/10, BFH/NV 2012, 635; BFH v 12.12.2012, I R 69/11, BStBl II 2017, 1232). Die §§ 4f, 5 Abs 7 EStG negieren die Konsequenzen dieser Rspr jeweils mit Wirkung zum Bilanzstichtag, der der Übernahme folgt. Zur Rechtsentwicklung der Norm im Einzelnen s § 4f Rn 3ff (Briesemeister).

ac) Regelungszweck

 

Rn. 1472

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

§ 5 Abs 7 EStG soll ausweislich der Gesetzesbegründung vermeiden,

Zitat

"dass Passivierungsbeschränkungen, die dazu beitragen, das Aufkommen aus der Unternehmensbesteuerung sicherzustellen, […] ins Leere laufen" (BT-Drucks 18/68, 74).

Dies wäre bei Abbildung von Verpflichtungsübernahmen nach dem Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen der Fall. Im Wege der Fiktion ("so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übertragung zu bilanzieren gewesen wäre"), ordnet die Norm daher trotz Realisationsvorgang die Nichtrealisation stiller Lasten an. Die ursprüngliche Verpflichtung verliere auf diese Weise ihren Charakter nicht und unterliege aufkommenssichernd unverändert den bereits vor Übertragung einschlägigen Passivierungsbeschränkungen (zB § 6a EStG, § 5 Abs 4a EStG). Anreize zu steuerbelastungsoptimierender Verlagerung von Verpflichtungen zwischen verbundenen Unternehmen unter Aushebelung des Anwendungsbereichs steuerlicher Passvierungsbeschränkungen sollen wirksam unterbunden und stille Lasten aufkommenssichernd konserviert werden.

Vgl zum entsprechenden Regelungszweck der Komplementärregelung und der Problematik profiskalisch asymmetrischer steuerlicher Behandlung realisierter stiller Reserven und Lasten auch s § 4f Rn 9f (Briesemeister).

ad) Geltungsbereich

 

Rn. 1473

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Sachlicher/persönlicher Geltungsbereich: § 5 Abs 7 EStG gilt unmittelbar für die Gewinnermittlung durch BV-Vergleich (§§ 5, 4 Abs 1 EStG) für gesetzlich zur Buchführung Verpflichtet...

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